Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767.oder das Soldatenglück. Der Wirth. Was höre ich? Nicht wohl ge- ruht? Vielleicht, daß die gar zu große Ermüdung von der Reise -- Das Fräulein. Es kann seyn. Der Wirth. Gewiß, gewiß! denn sonst -- Jndeß sollte etwas nicht vollkommen nach Jhro Gnaden Bequemlichkeit gewesen seyn, so geruhen Jhro Gnaden, nur zu befehlen. Franciska. Gut, Herr Wirth, gut! Wir sind auch nicht blöde; und am wenigsten muß man im Gasthofe blöde seyn. Wir wollen schon sagen, wie wir es gern hätten. Der Wirth. Hiernächst komme ich zugleich -- (indem er die Feder hinter dem Ohre hervorzieht) Franciska. Nun? -- Der Wirth. Ohne Zweifel kennen Jhro Gna- den schon die weisen Verordnungen unsrer Policey. -- Das Fräulein. Nicht im geringsten, Herr Wirth -- Der Wirth. Wir Wirthe sind angewiesen, keinen Fremden, weß Standes und Geschlechts er auch sey, vier und zwanzig Stunden zu behau- sen, ohne seinen Namen, Heymath, Charackter, hiesige
oder das Soldatengluͤck. Der Wirth. Was hoͤre ich? Nicht wohl ge- ruht? Vielleicht, daß die gar zu große Ermuͤdung von der Reiſe — Das Fraͤulein. Es kann ſeyn. Der Wirth. Gewiß, gewiß! denn ſonſt — Jndeß ſollte etwas nicht vollkommen nach Jhro Gnaden Bequemlichkeit geweſen ſeyn, ſo geruhen Jhro Gnaden, nur zu befehlen. Franciska. Gut, Herr Wirth, gut! Wir ſind auch nicht bloͤde; und am wenigſten muß man im Gaſthofe bloͤde ſeyn. Wir wollen ſchon ſagen, wie wir es gern haͤtten. Der Wirth. Hiernaͤchſt komme ich zugleich — (indem er die Feder hinter dem Ohre hervorzieht) Franciska. Nun? — Der Wirth. Ohne Zweifel kennen Jhro Gna- den ſchon die weiſen Verordnungen unſrer Policey. — Das Fraͤulein. Nicht im geringſten, Herr Wirth — Der Wirth. Wir Wirthe ſind angewieſen, keinen Fremden, weß Standes und Geſchlechts er auch ſey, vier und zwanzig Stunden zu behau- ſen, ohne ſeinen Namen, Heymath, Charackter, hieſige
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oder das Soldatengluͤck.
Der Wirth. Was hoͤre ich? Nicht wohl ge-
ruht? Vielleicht, daß die gar zu große Ermuͤdung
von der Reiſe —
Das Fraͤulein. Es kann ſeyn.
Der Wirth. Gewiß, gewiß! denn ſonſt —
Jndeß ſollte etwas nicht vollkommen nach Jhro
Gnaden Bequemlichkeit geweſen ſeyn, ſo geruhen
Jhro Gnaden, nur zu befehlen.
Franciska. Gut, Herr Wirth, gut! Wir ſind
auch nicht bloͤde; und am wenigſten muß man im
Gaſthofe bloͤde ſeyn. Wir wollen ſchon ſagen, wie
wir es gern haͤtten.
Der Wirth. Hiernaͤchſt komme ich zugleich —
(indem er die Feder hinter dem Ohre hervorzieht)
Franciska. Nun? —
Der Wirth. Ohne Zweifel kennen Jhro Gna-
den ſchon die weiſen Verordnungen unſrer Policey. —
Das Fraͤulein. Nicht im geringſten, Herr
Wirth —
Der Wirth. Wir Wirthe ſind angewieſen,
keinen Fremden, weß Standes und Geſchlechts
er auch ſey, vier und zwanzig Stunden zu behau-
ſen, ohne ſeinen Namen, Heymath, Charackter,
hieſige
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Zitationshilfe: | Lessing, Gotthold Ephraim: Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück. Berlin, 1767, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_minna_1767/49>, abgerufen am 17.02.2025. |