Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.I. Der Besitzer des Bogens. Ein Mann hatte einen trefflichen Bogen von Eben- Der Mann war voller Freuden. "Du verdie- II. Die
I. Der Beſitzer des Bogens. Ein Mann hatte einen trefflichen Bogen von Eben- Der Mann war voller Freuden. „Du verdie- II. Die
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I.
Der Beſitzer des Bogens.
Ein Mann hatte einen trefflichen Bogen von Eben-
holz, mit dem er ſehr weit und ſehr ſicher ſchoß, und
den er ungemein werth hielt. Einſt aber, als er
ihn aufmerkſam betrachtete, ſprach er: Ein wenig
zu plump biſt du doch! Alle deine Zierde iſt die
Glätte. Schade! — Doch dem iſt abzuhelfen;
fiel ihm ein. Ich will hingehen und den beſten
Künſtler Bilder in den Bogen ſchnitzen laſſen. —
Er ging hin; und der Künſtler ſchnitzte eine ganze
Jagd auf den Bogen; und was hätte ſich beſſer auf
einen Bogen geſchickt, als eine Jagd?
Der Mann war voller Freuden. „Du verdie-
„neſt dieſe Zierrathen, mein lieber Bogen!“ —
Indem will er ihn verſuchen; er ſpannt, und der
Bogen — zerbricht.
II. Die
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Zitationshilfe: | Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/95>, abgerufen am 04.03.2025. |