Wie ausgeartet ist hier zu Lande unser Geschlecht! sagte ein gereister Budel. In dem fernen Welt- theile, welches die Menschen Indien nennen, da, da giebt es noch rechte Hunde; Hunde, meine Brüder -- -- ihr werdet mir es nicht glauben, und doch habe ich es mit meinen Augen gesehen -- die auch einen Löwen nicht fürchten, und kühn mit ihm anbinden.
Aber, fragte den Budel ein gesetzter Jagdhund, überwinden sie ihn denn auch, den Löwen?
Ueberwinden? war die Antwort. Das kann ich nun eben nicht sagen. Gleichwohl, bedenke nur, einen Löwen anzufallen! -- --
O, fuhr der Jagdhund fort, wenn sie ihn nicht überwinden, so sind deine gepriesene Hunde in In- dien -- besser als wir, so viel wie nichts -- aber ein gut Theil dümmer.
XXI. Der
XX. Die Hunde.
Wie ausgeartet iſt hier zu Lande unſer Geſchlecht! ſagte ein gereiſter Budel. In dem fernen Welt- theile, welches die Menſchen Indien nennen, da, da giebt es noch rechte Hunde; Hunde, meine Brüder — — ihr werdet mir es nicht glauben, und doch habe ich es mit meinen Augen geſehen — die auch einen Löwen nicht fürchten, und kühn mit ihm anbinden.
Aber, fragte den Budel ein geſetzter Jagdhund, überwinden ſie ihn denn auch, den Löwen?
Ueberwinden? war die Antwort. Das kann ich nun eben nicht ſagen. Gleichwohl, bedenke nur, einen Löwen anzufallen! — —
O, fuhr der Jagdhund fort, wenn ſie ihn nicht überwinden, ſo ſind deine geprieſene Hunde in In- dien — beſſer als wir, ſo viel wie nichts — aber ein gut Theil dümmer.
XXI. Der
<TEI><text><body><divn="1"><pbn="24"facs="#f0044"/><divn="2"><head><hirendition="#g"><hirendition="#aq">XX.</hi><lb/>
Die <hirendition="#fr">Hunde.</hi></hi></head><lb/><p><hirendition="#in">W</hi>ie ausgeartet iſt hier zu Lande unſer Geſchlecht!<lb/>ſagte ein gereiſter Budel. In dem fernen Welt-<lb/>
theile, welches die Menſchen Indien nennen, da,<lb/>
da giebt es noch rechte Hunde; Hunde, meine<lb/>
Brüder —— ihr werdet mir es nicht glauben,<lb/>
und doch habe ich es mit meinen Augen geſehen —<lb/>
die auch einen Löwen nicht fürchten, und kühn mit<lb/>
ihm anbinden.</p><lb/><p>Aber, fragte den Budel ein geſetzter Jagdhund,<lb/>
überwinden ſie ihn denn auch, den Löwen?</p><lb/><p>Ueberwinden? war die Antwort. Das kann ich<lb/>
nun eben nicht ſagen. Gleichwohl, bedenke nur,<lb/>
einen Löwen anzufallen! ——</p><lb/><p>O, fuhr der Jagdhund fort, wenn ſie ihn nicht<lb/>
überwinden, ſo ſind deine geprieſene Hunde in In-<lb/>
dien — beſſer als wir, ſo viel wie nichts — aber<lb/>
ein gut Theil dümmer.</p></div><lb/><milestoneunit="section"rendition="#hr"/><lb/><fwtype="catch"place="bottom"><hirendition="#aq">XXI.</hi> Der</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[24/0044]
XX.
Die Hunde.
Wie ausgeartet iſt hier zu Lande unſer Geſchlecht!
ſagte ein gereiſter Budel. In dem fernen Welt-
theile, welches die Menſchen Indien nennen, da,
da giebt es noch rechte Hunde; Hunde, meine
Brüder — — ihr werdet mir es nicht glauben,
und doch habe ich es mit meinen Augen geſehen —
die auch einen Löwen nicht fürchten, und kühn mit
ihm anbinden.
Aber, fragte den Budel ein geſetzter Jagdhund,
überwinden ſie ihn denn auch, den Löwen?
Ueberwinden? war die Antwort. Das kann ich
nun eben nicht ſagen. Gleichwohl, bedenke nur,
einen Löwen anzufallen! — —
O, fuhr der Jagdhund fort, wenn ſie ihn nicht
überwinden, ſo ſind deine geprieſene Hunde in In-
dien — beſſer als wir, ſo viel wie nichts — aber
ein gut Theil dümmer.
XXI. Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/44>, abgerufen am 04.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.