Ich versichre dich, sagte die Grille zu der Nachti- gall, daß es meinem Gesange gar nicht an Be- wundrern fehlt. -- Nenne mir sie doch, sprach die Nachtigall. -- Die arbeitsamen Schnitter, ver- setzte die Grille, hören mich mit vielem Vergnü- gen, und daß dieses die nützlichsten Leute in der menschlichen Republik sind, das wirst du doch nicht leugnen wollen?
Das will ich nicht leugnen, sagte die Nachtigall; aber deswegen darfst du auf ihren Beyfall nicht stolz seyn. Ehrlichen Leuten, die alle ihre Gedanken bey der Arbeit haben, müssen ja wohl die feinern Empfindungen fehlen. Bilde dir also ja nichts eher auf dein Lied ein, als bis ihm der sorglose Schäfer, der selbst auf seiner Flöte sehr lieblich spielt, mit stillem Entzücken lauschet.
XI. Die
X. Die Grille und die Nachtigall.
Ich verſichre dich, ſagte die Grille zu der Nachti- gall, daß es meinem Geſange gar nicht an Be- wundrern fehlt. — Nenne mir ſie doch, ſprach die Nachtigall. — Die arbeitſamen Schnitter, ver- ſetzte die Grille, hören mich mit vielem Vergnü- gen, und daß dieſes die nützlichſten Leute in der menſchlichen Republik ſind, das wirſt du doch nicht leugnen wollen?
Das will ich nicht leugnen, ſagte die Nachtigall; aber deswegen darfſt du auf ihren Beyfall nicht ſtolz ſeyn. Ehrlichen Leuten, die alle ihre Gedanken bey der Arbeit haben, müſſen ja wohl die feinern Empfindungen fehlen. Bilde dir alſo ja nichts eher auf dein Lied ein, als bis ihm der ſorgloſe Schäfer, der ſelbſt auf ſeiner Flöte ſehr lieblich ſpielt, mit ſtillem Entzücken lauſchet.
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X.
Die Grille und die Nachtigall.
Ich verſichre dich, ſagte die Grille zu der Nachti-
gall, daß es meinem Geſange gar nicht an Be-
wundrern fehlt. — Nenne mir ſie doch, ſprach die
Nachtigall. — Die arbeitſamen Schnitter, ver-
ſetzte die Grille, hören mich mit vielem Vergnü-
gen, und daß dieſes die nützlichſten Leute in der
menſchlichen Republik ſind, das wirſt du doch nicht
leugnen wollen?
Das will ich nicht leugnen, ſagte die Nachtigall;
aber deswegen darfſt du auf ihren Beyfall nicht ſtolz
ſeyn. Ehrlichen Leuten, die alle ihre Gedanken
bey der Arbeit haben, müſſen ja wohl die feinern
Empfindungen fehlen. Bilde dir alſo ja nichts eher
auf dein Lied ein, als bis ihm der ſorgloſe Schäfer,
der ſelbſt auf ſeiner Flöte ſehr lieblich ſpielt, mit
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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/34>, abgerufen am 06.07.2024.
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