Ein Esel vermaß sich, mit einem Jagdpferde um die Wette zu laufen. Die Probe fiel erbärmlich aus, und der Esel ward ausgelacht. Ich merke nun wohl, sagte der Esel, woran es gelegen hat; ich trat mir vor einigen Monaten einen Dorn in den Fuß, und der schmerzt mich noch.
Entschuldigen Sie mich, sagte der Kanzelredner Liederhold, wenn meine heutige Predigt so gründlich und erbaulich nicht gewesen, als man sie von dem glücklichen Nachahmer eines Mosheims erwartet hätte; ich habe, wie Sie hören, einen heischern Hals, und den schon seit acht Tagen.
V. Zevs
A 4
IV. Der Eſel und das Jagdpferd.
Ein Eſel vermaß ſich, mit einem Jagdpferde um die Wette zu laufen. Die Probe fiel erbärmlich aus, und der Eſel ward ausgelacht. Ich merke nun wohl, ſagte der Eſel, woran es gelegen hat; ich trat mir vor einigen Monaten einen Dorn in den Fuß, und der ſchmerzt mich noch.
Entſchuldigen Sie mich, ſagte der Kanzelredner Liederhold, wenn meine heutige Predigt ſo gründlich und erbaulich nicht geweſen, als man ſie von dem glücklichen Nachahmer eines Mosheims erwartet hätte; ich habe, wie Sie hören, einen heiſchern Hals, und den ſchon ſeit acht Tagen.
V. Zevs
A 4
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0027"n="7"/><divn="2"><head><hirendition="#aq"><hirendition="#g">IV.</hi></hi><lb/>
Der <hirendition="#fr">Eſel</hi> und das <hirendition="#fr">Jagdpferd.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>in Eſel vermaß ſich, mit einem Jagdpferde um<lb/>
die Wette zu laufen. Die Probe fiel erbärmlich<lb/>
aus, und der Eſel ward ausgelacht. Ich merke<lb/>
nun wohl, ſagte der Eſel, woran es gelegen hat;<lb/>
ich trat mir vor einigen Monaten einen Dorn in<lb/>
den Fuß, und der ſchmerzt mich noch.</p><lb/><p>Entſchuldigen Sie mich, ſagte der Kanzelredner<lb/><hirendition="#fr">Liederhold,</hi> wenn meine heutige Predigt ſo<lb/>
gründlich und erbaulich nicht geweſen, als man ſie<lb/>
von dem glücklichen Nachahmer eines <hirendition="#fr">Mosheims</hi><lb/>
erwartet hätte; ich habe, wie Sie hören, einen<lb/>
heiſchern Hals, und den ſchon ſeit acht Tagen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 4</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">V.</hi> Zevs</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[7/0027]
IV.
Der Eſel und das Jagdpferd.
Ein Eſel vermaß ſich, mit einem Jagdpferde um
die Wette zu laufen. Die Probe fiel erbärmlich
aus, und der Eſel ward ausgelacht. Ich merke
nun wohl, ſagte der Eſel, woran es gelegen hat;
ich trat mir vor einigen Monaten einen Dorn in
den Fuß, und der ſchmerzt mich noch.
Entſchuldigen Sie mich, ſagte der Kanzelredner
Liederhold, wenn meine heutige Predigt ſo
gründlich und erbaulich nicht geweſen, als man ſie
von dem glücklichen Nachahmer eines Mosheims
erwartet hätte; ich habe, wie Sie hören, einen
heiſchern Hals, und den ſchon ſeit acht Tagen.
V. Zevs
A 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/27>, abgerufen am 06.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.