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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

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verstehet sich von selbst. Denn sie sollen einen Fall
ausmachen, der unter einem Allgemeinen, das sich
nur von moralischen Wesen sagen läßt, mit be-
griffen ist. Und darinn hat Batteux freylich Recht,
daß das, was er die Handlung der Fabel nennet,
bloß vernünftigen Wesen zukomme. Nur kömmt es
ihnen nicht deswegen zu, weil es ein Unternehmen
mit Absicht ist, sondern weil es Freyheit voraus-
setzt. Denn die Freyheit handelt zwar allezeit aus
Grunde, aber nicht allezeit aus Absichten. -- --

Sind es meine Leser nun bald müde, mich
nichts als widerlegen zu hören? Ich wenigstens
bin es. De la Motte, Richer, Breitin-
ger, Batteux
, sind Kunstrichter von allerley
Art; mittelmäßige, gute, vortreffliche. Man
ist in Gefahr sich auf dem Wege zur Wahrheit zu
verirren, wenn man sich um gar keine Vorgän-
ger bekümmert; und man versäumet sich ohne
Noth, wenn man sich um alle bekümmern will.

Wie weit bin ich? Huy, daß mir meine Le-
ser alles, was ich mir so muhsam erstritten habe,

von

verſtehet ſich von ſelbſt. Denn ſie ſollen einen Fall
ausmachen, der unter einem Allgemeinen, das ſich
nur von moraliſchen Weſen ſagen läßt, mit be-
griffen iſt. Und darinn hat Batteux freylich Recht,
daß das, was er die Handlung der Fabel nennet,
bloß vernünftigen Weſen zukomme. Nur kömmt es
ihnen nicht deswegen zu, weil es ein Unternehmen
mit Abſicht iſt, ſondern weil es Freyheit voraus-
ſetzt. Denn die Freyheit handelt zwar allezeit aus
Grunde, aber nicht allezeit aus Abſichten. — —

Sind es meine Leſer nun bald müde, mich
nichts als widerlegen zu hören? Ich wenigſtens
bin es. De la Motte, Richer, Breitin-
ger, Batteux
, ſind Kunſtrichter von allerley
Art; mittelmäßige, gute, vortreffliche. Man
iſt in Gefahr ſich auf dem Wege zur Wahrheit zu
verirren, wenn man ſich um gar keine Vorgän-
ger bekümmert; und man verſäumet ſich ohne
Noth, wenn man ſich um alle bekümmern will.

Wie weit bin ich? Huy, daß mir meine Le-
ſer alles, was ich mir ſo muhſam erſtritten habe,

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[158/0178] verſtehet ſich von ſelbſt. Denn ſie ſollen einen Fall ausmachen, der unter einem Allgemeinen, das ſich nur von moraliſchen Weſen ſagen läßt, mit be- griffen iſt. Und darinn hat Batteux freylich Recht, daß das, was er die Handlung der Fabel nennet, bloß vernünftigen Weſen zukomme. Nur kömmt es ihnen nicht deswegen zu, weil es ein Unternehmen mit Abſicht iſt, ſondern weil es Freyheit voraus- ſetzt. Denn die Freyheit handelt zwar allezeit aus Grunde, aber nicht allezeit aus Abſichten. — — Sind es meine Leſer nun bald müde, mich nichts als widerlegen zu hören? Ich wenigſtens bin es. De la Motte, Richer, Breitin- ger, Batteux, ſind Kunſtrichter von allerley Art; mittelmäßige, gute, vortreffliche. Man iſt in Gefahr ſich auf dem Wege zur Wahrheit zu verirren, wenn man ſich um gar keine Vorgän- ger bekümmert; und man verſäumet ſich ohne Noth, wenn man ſich um alle bekümmern will. Wie weit bin ich? Huy, daß mir meine Le- ſer alles, was ich mir ſo muhſam erſtritten habe, von

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/178>, abgerufen am 22.11.2024.