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Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.

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Emilia Galotti.


ten habe. Auch ward ich durch die sprachlose Be-
stürzung, mit der Sie es anhörten, genugsam
bestraft. -- Und könnt' ich schon diesen Zufall,
der mir nochmals, ehe alle meine Hoffnung auf
ewig verschwindet, -- mir nochmals das Glück
Sie zu sehen und zu sprechen verschafft; könnt' ich
schon diesen Zufall für den Wink eines günstigen
Glückes erklären, - für den wunderbarsten Aufschub
meiner redlichen Verurtheilung erklären, um noch-
mals um Gnade flehen zu dürfen: so will ich doch--
Beben Sie nicht, mein Fräulein -- einzig und al-
lein von Jhrem Blicke abhangen. Kein Wort,
kein Seufzer, soll Sie beleidigen. -- Nur kränke
mich nicht ihr Mißtrauen. Nur zweifeln Sie
keinen Augenblick an der unumschränktesten Ge-
walt, die Sie über mich haben. Nur falle Jhnen
nie bey, daß Sie eines andern Schutzes gegen
mich bedürfen. -- Und nun kommen Sie, mein
Fräulein, -- kommen Sie, wo Entzückungen auf
Sie warten, die Sie mehr billigen. (er führt sie,
nicht ohne Sträuben, ab.)
Folgen Sie uns, Mari-
nelli. --
Mari-
F 2
Emilia Galotti.


ten habe. Auch ward ich durch die ſprachloſe Be-
ſtuͤrzung, mit der Sie es anhoͤrten, genugſam
beſtraft. — Und koͤnnt’ ich ſchon dieſen Zufall,
der mir nochmals, ehe alle meine Hoffnung auf
ewig verſchwindet, — mir nochmals das Gluͤck
Sie zu ſehen und zu ſprechen verſchafft; koͤnnt’ ich
ſchon dieſen Zufall fuͤr den Wink eines guͤnſtigen
Gluͤckes erklaͤren, ‒ fuͤr den wunderbarſten Aufſchub
meiner redlichen Verurtheilung erklaͤren, um noch-
mals um Gnade flehen zu duͤrfen: ſo will ich doch—
Beben Sie nicht, mein Fraͤulein — einzig und al-
lein von Jhrem Blicke abhangen. Kein Wort,
kein Seufzer, ſoll Sie beleidigen. — Nur kraͤnke
mich nicht ihr Mißtrauen. Nur zweifeln Sie
keinen Augenblick an der unumſchraͤnkteſten Ge-
walt, die Sie uͤber mich haben. Nur falle Jhnen
nie bey, daß Sie eines andern Schutzes gegen
mich beduͤrfen. — Und nun kommen Sie, mein
Fraͤulein, — kommen Sie, wo Entzuͤckungen auf
Sie warten, die Sie mehr billigen. (er fuͤhrt ſie,
nicht ohne Straͤuben, ab.)
Folgen Sie uns, Mari-
nelli. —
Mari-
F 2
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[83/0087] Emilia Galotti. ten habe. Auch ward ich durch die ſprachloſe Be- ſtuͤrzung, mit der Sie es anhoͤrten, genugſam beſtraft. — Und koͤnnt’ ich ſchon dieſen Zufall, der mir nochmals, ehe alle meine Hoffnung auf ewig verſchwindet, — mir nochmals das Gluͤck Sie zu ſehen und zu ſprechen verſchafft; koͤnnt’ ich ſchon dieſen Zufall fuͤr den Wink eines guͤnſtigen Gluͤckes erklaͤren, ‒ fuͤr den wunderbarſten Aufſchub meiner redlichen Verurtheilung erklaͤren, um noch- mals um Gnade flehen zu duͤrfen: ſo will ich doch— Beben Sie nicht, mein Fraͤulein — einzig und al- lein von Jhrem Blicke abhangen. Kein Wort, kein Seufzer, ſoll Sie beleidigen. — Nur kraͤnke mich nicht ihr Mißtrauen. Nur zweifeln Sie keinen Augenblick an der unumſchraͤnkteſten Ge- walt, die Sie uͤber mich haben. Nur falle Jhnen nie bey, daß Sie eines andern Schutzes gegen mich beduͤrfen. — Und nun kommen Sie, mein Fraͤulein, — kommen Sie, wo Entzuͤckungen auf Sie warten, die Sie mehr billigen. (er fuͤhrt ſie, nicht ohne Straͤuben, ab.) Folgen Sie uns, Mari- nelli. — Mari- F 2

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/87>, abgerufen am 24.11.2024.