Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.Emilia Galotti. Der Prinz. Nicht fehlet? Außer, wo er sie gerade am nöthigsten brauchte. -- Jch habe von dieser Kunst schon heut' einen zu schlechten Versuch gemacht. Mit allen Schmeicheleyen und Vetheue- rungen konnt' ich ihr auch nicht ein Wort auspres- sen. Stumm und niedergeschlagen und zitternd stand sie da; wie eine Verbrecherinn, die ihr To- desurtheil höret. Jhre Angst steckte mich an, ich zitterte mit, und schloß mit einer Bitte um Verge- bung. Kaum getrau' ich mir, sie wieder anzure- den. -- Bey ihrem Eintritte wenigstens wag' ich es nicht zu seyn. Sie, Marinelli, müssen sie em- pfangen. Jch will hier in der Nähe hören, wie es abläuft; und kommen, wenn ich mich mehr ge- sammelt habe. Vierter Auftritt. Marinelli, und bald darauf dessen Bedienter Bat- tista mit Emilien. Marinelli. Wenn sie ihn nicht selbst stürzen gesehen -- Und das muß sie wohl nicht; da sie so fortgeeilet -- Sie kömmt. Auch ich will nicht das
Emilia Galotti. Der Prinz. Nicht fehlet? Außer, wo er ſie gerade am noͤthigſten brauchte. — Jch habe von dieſer Kunſt ſchon heut’ einen zu ſchlechten Verſuch gemacht. Mit allen Schmeicheleyen und Vetheue- rungen konnt’ ich ihr auch nicht ein Wort auspreſ- ſen. Stumm und niedergeſchlagen und zitternd ſtand ſie da; wie eine Verbrecherinn, die ihr To- desurtheil hoͤret. Jhre Angſt ſteckte mich an, ich zitterte mit, und ſchloß mit einer Bitte um Verge- bung. Kaum getrau’ ich mir, ſie wieder anzure- den. — Bey ihrem Eintritte wenigſtens wag’ ich es nicht zu ſeyn. Sie, Marinelli, muͤſſen ſie em- pfangen. Jch will hier in der Naͤhe hoͤren, wie es ablaͤuft; und kommen, wenn ich mich mehr ge- ſammelt habe. Vierter Auftritt. Marinelli, und bald darauf deſſen Bedienter Bat- tiſta mit Emilien. Marinelli. Wenn ſie ihn nicht ſelbſt ſtuͤrzen geſehen — Und das muß ſie wohl nicht; da ſie ſo fortgeeilet — Sie koͤmmt. Auch ich will nicht das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0081" n="77"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Emilia Galotti.</hi> </fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <sp who="#GON"> <speaker> <hi rendition="#fr">Der Prinz.</hi> </speaker> <p>Nicht fehlet? Außer, wo er ſie<lb/> gerade am noͤthigſten brauchte. — Jch habe von<lb/> dieſer Kunſt ſchon heut’ einen zu ſchlechten Verſuch<lb/> gemacht. Mit allen Schmeicheleyen und Vetheue-<lb/> rungen konnt’ ich ihr auch nicht ein Wort auspreſ-<lb/> ſen. Stumm und niedergeſchlagen und zitternd<lb/> ſtand ſie da; wie eine Verbrecherinn, die ihr To-<lb/> desurtheil hoͤret. Jhre Angſt ſteckte mich an, ich<lb/> zitterte mit, und ſchloß mit einer Bitte um Verge-<lb/> bung. Kaum getrau’ ich mir, ſie wieder anzure-<lb/> den. — Bey ihrem Eintritte wenigſtens wag’ ich<lb/> es nicht zu ſeyn. Sie, Marinelli, muͤſſen ſie em-<lb/> pfangen. Jch will hier in der Naͤhe hoͤren, wie<lb/> es ablaͤuft; und kommen, wenn ich mich mehr ge-<lb/> ſammelt habe.</p> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head>Vierter Auftritt.</head><lb/> <stage> <hi rendition="#c">Marinelli, und bald darauf deſſen Bedienter Bat-<lb/> tiſta mit Emilien.</hi> </stage><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Marinelli.</hi> </speaker> <p>Wenn ſie ihn nicht ſelbſt ſtuͤrzen<lb/> geſehen — Und das muß ſie wohl nicht; da ſie<lb/> ſo fortgeeilet — Sie koͤmmt. Auch ich will nicht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0081]
Emilia Galotti.
Der Prinz. Nicht fehlet? Außer, wo er ſie
gerade am noͤthigſten brauchte. — Jch habe von
dieſer Kunſt ſchon heut’ einen zu ſchlechten Verſuch
gemacht. Mit allen Schmeicheleyen und Vetheue-
rungen konnt’ ich ihr auch nicht ein Wort auspreſ-
ſen. Stumm und niedergeſchlagen und zitternd
ſtand ſie da; wie eine Verbrecherinn, die ihr To-
desurtheil hoͤret. Jhre Angſt ſteckte mich an, ich
zitterte mit, und ſchloß mit einer Bitte um Verge-
bung. Kaum getrau’ ich mir, ſie wieder anzure-
den. — Bey ihrem Eintritte wenigſtens wag’ ich
es nicht zu ſeyn. Sie, Marinelli, muͤſſen ſie em-
pfangen. Jch will hier in der Naͤhe hoͤren, wie
es ablaͤuft; und kommen, wenn ich mich mehr ge-
ſammelt habe.
Vierter Auftritt.
Marinelli, und bald darauf deſſen Bedienter Bat-
tiſta mit Emilien.
Marinelli. Wenn ſie ihn nicht ſelbſt ſtuͤrzen
geſehen — Und das muß ſie wohl nicht; da ſie
ſo fortgeeilet — Sie koͤmmt. Auch ich will nicht
das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |