Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
Emilia Glotti.


zu geben, was dich bewog, hier in der Stadt mit
ihr zu bleiben; -- fern von einem Manne und
Vater, der euch so herzlich liebet.
Claudia. Wie ungerecht, Odoardo! Aber
laß mich heute nur ein einziges für diese Stadt,
für diese Nähe des Hofes sprechen, die deiner stren-
gen Tugend so verhaßt sind. -- Hier, nur hier
konnte die Liebe zusammen bringen, was für ein-
ander geschaffen war. Hier nur konnte der Graf
Emilien finden; und fand sie.
Odoardo. Das räum' ich ein. Aber, gute
Claudia, hattest du darum Recht, weil dir der
Ausgang Recht giebt? -- Gut, daß es mit die-
ser Stadterziehung so abgelaufen! Laß uns nicht
weise seyn wollen, wo wir nichts, als glücklich ge-
wesen! Gut, daß es so damit abgelaufen! --
Nun haben sie sich gefunden, die für einander be-
stimmt waren: nun laß sie ziehen, wohin Unschuld
und Ruhe sie rufen. -- Was sollte der Graf hier?
Sich bücken, schmeicheln und kriechen, und die
Marinellis auszustechen suchen? um endlich ein
Glück zu machen, dessen er nicht bedarf? um end-
lich
Emilia Glotti.


zu geben, was dich bewog, hier in der Stadt mit
ihr zu bleiben; — fern von einem Manne und
Vater, der euch ſo herzlich liebet.
Claudia. Wie ungerecht, Odoardo! Aber
laß mich heute nur ein einziges fuͤr dieſe Stadt,
fuͤr dieſe Naͤhe des Hofes ſprechen, die deiner ſtren-
gen Tugend ſo verhaßt ſind. — Hier, nur hier
konnte die Liebe zuſammen bringen, was fuͤr ein-
ander geſchaffen war. Hier nur konnte der Graf
Emilien finden; und fand ſie.
Odoardo. Das raͤum’ ich ein. Aber, gute
Claudia, hatteſt du darum Recht, weil dir der
Ausgang Recht giebt? — Gut, daß es mit die-
ſer Stadterziehung ſo abgelaufen! Laß uns nicht
weiſe ſeyn wollen, wo wir nichts, als gluͤcklich ge-
weſen! Gut, daß es ſo damit abgelaufen! —
Nun haben ſie ſich gefunden, die fuͤr einander be-
ſtimmt waren: nun laß ſie ziehen, wohin Unſchuld
und Ruhe ſie rufen. — Was ſollte der Graf hier?
Sich buͤcken, ſchmeicheln und kriechen, und die
Marinellis auszuſtechen ſuchen? um endlich ein
Gluͤck zu machen, deſſen er nicht bedarf? um end-
lich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ODO">
            <p><pb facs="#f0044" n="40"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Emilia Glotti</hi>.</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
zu geben, was dich bewog, hier in der Stadt mit<lb/>
ihr zu bleiben; &#x2014; fern von einem Manne und<lb/>
Vater, der euch &#x017F;o herzlich liebet.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CLA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Claudia.</hi> </speaker>
            <p>Wie ungerecht, Odoardo! Aber<lb/>
laß mich heute nur ein einziges fu&#x0364;r die&#x017F;e Stadt,<lb/>
fu&#x0364;r die&#x017F;e Na&#x0364;he des Hofes &#x017F;prechen, die deiner &#x017F;tren-<lb/>
gen Tugend &#x017F;o verhaßt &#x017F;ind. &#x2014; Hier, nur hier<lb/>
konnte die Liebe zu&#x017F;ammen bringen, was fu&#x0364;r ein-<lb/>
ander ge&#x017F;chaffen war. Hier nur konnte der Graf<lb/>
Emilien finden; und fand &#x017F;ie.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ODO">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Odoardo.</hi> </speaker>
            <p>Das ra&#x0364;um&#x2019; ich ein. Aber, gute<lb/>
Claudia, hatte&#x017F;t du darum Recht, weil dir der<lb/>
Ausgang Recht giebt? &#x2014; Gut, daß es mit die-<lb/>
&#x017F;er Stadterziehung &#x017F;o abgelaufen! Laß uns nicht<lb/>
wei&#x017F;e &#x017F;eyn wollen, wo wir nichts, als glu&#x0364;cklich ge-<lb/>
we&#x017F;en! Gut, daß es &#x017F;o damit abgelaufen! &#x2014;<lb/>
Nun haben &#x017F;ie &#x017F;ich gefunden, die fu&#x0364;r einander be-<lb/>
&#x017F;timmt waren: nun laß &#x017F;ie ziehen, wohin Un&#x017F;chuld<lb/>
und Ruhe &#x017F;ie rufen. &#x2014; Was &#x017F;ollte der Graf hier?<lb/>
Sich bu&#x0364;cken, &#x017F;chmeicheln und kriechen, und die<lb/>
Marinellis auszu&#x017F;techen &#x017F;uchen? um endlich ein<lb/>
Glu&#x0364;ck zu machen, de&#x017F;&#x017F;en er nicht bedarf? um end-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0044] Emilia Glotti. zu geben, was dich bewog, hier in der Stadt mit ihr zu bleiben; — fern von einem Manne und Vater, der euch ſo herzlich liebet. Claudia. Wie ungerecht, Odoardo! Aber laß mich heute nur ein einziges fuͤr dieſe Stadt, fuͤr dieſe Naͤhe des Hofes ſprechen, die deiner ſtren- gen Tugend ſo verhaßt ſind. — Hier, nur hier konnte die Liebe zuſammen bringen, was fuͤr ein- ander geſchaffen war. Hier nur konnte der Graf Emilien finden; und fand ſie. Odoardo. Das raͤum’ ich ein. Aber, gute Claudia, hatteſt du darum Recht, weil dir der Ausgang Recht giebt? — Gut, daß es mit die- ſer Stadterziehung ſo abgelaufen! Laß uns nicht weiſe ſeyn wollen, wo wir nichts, als gluͤcklich ge- weſen! Gut, daß es ſo damit abgelaufen! — Nun haben ſie ſich gefunden, die fuͤr einander be- ſtimmt waren: nun laß ſie ziehen, wohin Unſchuld und Ruhe ſie rufen. — Was ſollte der Graf hier? Sich buͤcken, ſchmeicheln und kriechen, und die Marinellis auszuſtechen ſuchen? um endlich ein Gluͤck zu machen, deſſen er nicht bedarf? um end- lich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/44
Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/44>, abgerufen am 21.11.2024.