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Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.

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Emilia Galotti.


len, soll er es gewiß nicht bringen. Gewiß
nicht! -- Aber daß wir ihn nicht aus dem Ge-
sichte verlieren. -- (tritt wieder ans Fenster) Bald
hätt' er uns überrascht! Er kömmt. -- Lassen
Sie uns ihm noch ausweichen: und hören Sie
erst, Prinz, was wir auf den zu befürchtenden
Fall thun müssen.
Der Prinz. (drohend) Nur Marinelli! --
Marinelli. Das unschuldigste von der Welt!
Zweyter Auftritt.
Odoardo Galotti.

Noch niemand hier? -- Gut; ich soll noch
kälter werden. Es ist mein Glück. -- Nichts
verächtlicher, als ein brausender Jünglingskopf
mit grauen Haaren! Jch hab' es mir so oft ge-
sagt. Und doch ließ ich mich fortreißen: und von
wem? Von einer Eifersüchtigen; von einer für
Eifersucht Wahnwitzigen. -- Was hat die ge-
kränkte Tugend mit der Rache des Lasters zu schaf-
fen? Jene allein hab' ich zu retten. -- Und dei-
ne Sache, -- mein Sohn! mein Sohn! --
Weinen konnt' ich nie; -- und will es nun nicht

erst
Emilia Galotti.


len, ſoll er es gewiß nicht bringen. Gewiß
nicht! — Aber daß wir ihn nicht aus dem Ge-
ſichte verlieren. — (tritt wieder ans Fenſter) Bald
haͤtt’ er uns uͤberraſcht! Er koͤmmt. — Laſſen
Sie uns ihm noch ausweichen: und hoͤren Sie
erſt, Prinz, was wir auf den zu befuͤrchtenden
Fall thun muͤſſen.
Der Prinz. (drohend) Nur Marinelli! —
Marinelli. Das unſchuldigſte von der Welt!
Zweyter Auftritt.
Odoardo Galotti.

Noch niemand hier? — Gut; ich ſoll noch
kaͤlter werden. Es iſt mein Gluͤck. — Nichts
veraͤchtlicher, als ein brauſender Juͤnglingskopf
mit grauen Haaren! Jch hab’ es mir ſo oft ge-
ſagt. Und doch ließ ich mich fortreißen: und von
wem? Von einer Eiferſuͤchtigen; von einer fuͤr
Eiferſucht Wahnwitzigen. — Was hat die ge-
kraͤnkte Tugend mit der Rache des Laſters zu ſchaf-
fen? Jene allein hab’ ich zu retten. — Und dei-
ne Sache, — mein Sohn! mein Sohn! —
Weinen konnt’ ich nie; — und will es nun nicht

erſt
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[130/0134] Emilia Galotti. len, ſoll er es gewiß nicht bringen. Gewiß nicht! — Aber daß wir ihn nicht aus dem Ge- ſichte verlieren. — (tritt wieder ans Fenſter) Bald haͤtt’ er uns uͤberraſcht! Er koͤmmt. — Laſſen Sie uns ihm noch ausweichen: und hoͤren Sie erſt, Prinz, was wir auf den zu befuͤrchtenden Fall thun muͤſſen. Der Prinz. (drohend) Nur Marinelli! — Marinelli. Das unſchuldigſte von der Welt! Zweyter Auftritt. Odoardo Galotti. Noch niemand hier? — Gut; ich ſoll noch kaͤlter werden. Es iſt mein Gluͤck. — Nichts veraͤchtlicher, als ein brauſender Juͤnglingskopf mit grauen Haaren! Jch hab’ es mir ſo oft ge- ſagt. Und doch ließ ich mich fortreißen: und von wem? Von einer Eiferſuͤchtigen; von einer fuͤr Eiferſucht Wahnwitzigen. — Was hat die ge- kraͤnkte Tugend mit der Rache des Laſters zu ſchaf- fen? Jene allein hab’ ich zu retten. — Und dei- ne Sache, — mein Sohn! mein Sohn! — Weinen konnt’ ich nie; — und will es nun nicht erſt

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/134>, abgerufen am 24.11.2024.