[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].
Harmonie mit dem andern! Und doch das Ganze von einem so sauften lieblichen Umrisse! Das wahre Modell der Natur, einen vollkommenen Mann zu bilden! Das seltene Muster der Kunst, die aus hundert Gegenständen zusammen suchen muß, was sie hier bey einander findet! Die Königinn. (bey Seite) Ich dacht es! -- Das ist nicht länger auszuhalten. -- (zu ihr) Wie ist dir, Rutland? Du geräthst außer dir. Ein Wort, ein Bild überjagt das andere. Was spielt so den Meister über dich? Ist es blos deine Kö- niginn, ist es Essex selbst, was diese wahre, oder diese erzwungene Leidenschaft wirket? -- (bey Seite) Sie schweigt; -- ganz gewiß, sie liebt ihn. -- Was habe ich gethan? Welchen neuen Sturm habe ich in meinem Busen erregt? u. s. w. Hier erscheinen Burleigh und die Notting- und
Harmonie mit dem andern! Und doch das Ganze von einem ſo ſauften lieblichen Umriſſe! Das wahre Modell der Natur, einen vollkommenen Mann zu bilden! Das ſeltene Muſter der Kunſt, die aus hundert Gegenſtänden zuſammen ſuchen muß, was ſie hier bey einander findet! Die Königinn. (bey Seite) Ich dacht es! — Das iſt nicht länger auszuhalten. — (zu ihr) Wie iſt dir, Rutland? Du geräthſt außer dir. Ein Wort, ein Bild überjagt das andere. Was ſpielt ſo den Meiſter über dich? Iſt es blos deine Kö- niginn, iſt es Eſſex ſelbſt, was dieſe wahre, oder dieſe erzwungene Leidenſchaft wirket? — (bey Seite) Sie ſchweigt; — ganz gewiß, ſie liebt ihn. — Was habe ich gethan? Welchen neuen Sturm habe ich in meinem Buſen erregt? u. ſ. w. Hier erſcheinen Burleigh und die Notting- und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp> <p><pb facs="#f0053" n="47"/> Harmonie mit dem andern! Und doch das Ganze<lb/> von einem ſo ſauften lieblichen Umriſſe! Das wahre<lb/> Modell der Natur, einen vollkommenen Mann zu<lb/> bilden! Das ſeltene Muſter der Kunſt, die aus<lb/> hundert Gegenſtänden zuſammen ſuchen muß, was<lb/> ſie hier bey einander findet!</p> </sp><lb/> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Die Königinn</hi>.</speaker> <stage>(bey Seite)</stage> <p>Ich dacht es! —<lb/> Das iſt nicht länger auszuhalten. — <stage>(zu ihr)</stage> Wie<lb/> iſt dir, Rutland? Du geräthſt außer dir. Ein<lb/> Wort, ein Bild überjagt das andere. Was ſpielt<lb/> ſo den Meiſter über dich? Iſt es blos deine Kö-<lb/> niginn, iſt es Eſſex ſelbſt, was dieſe wahre, oder<lb/> dieſe erzwungene Leidenſchaft wirket? — <stage>(bey Seite)</stage><lb/> Sie ſchweigt; — ganz gewiß, ſie liebt ihn. — Was<lb/> habe ich gethan? Welchen neuen Sturm habe ich<lb/> in meinem Buſen erregt? u. ſ. w.</p> </sp><lb/> <p>Hier erſcheinen Burleigh und die Notting-<lb/> ham wieder, der Königinn zu ſagen, daß Eſſex<lb/> ihren Befehl erwarte. Er ſoll vor ſie kommen.<lb/> „Rutland, ſagt die Königinn, „wir ſprechen<lb/> „einander ſchon weiter; geh nur. — Notting-<lb/> „ham, tritt du näher.„ Dieſer Zug der Ei-<lb/> ferſucht iſt vortrefflich. Eſſex kömmt; und nun<lb/> erfolgt die Scene mit der Ohrfeige. Ich wüßte<lb/> nicht, wie ſie verſtändiger und glücklicher vor-<lb/> bereitet ſeyn könnte. Eſſex anfangs, ſcheinet<lb/> ſich völlig unterwerfen zu wollen; aber, da ſie<lb/> ihm befiehlt, ſich zu rechtfertigen, wird er nach<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0053]
Harmonie mit dem andern! Und doch das Ganze
von einem ſo ſauften lieblichen Umriſſe! Das wahre
Modell der Natur, einen vollkommenen Mann zu
bilden! Das ſeltene Muſter der Kunſt, die aus
hundert Gegenſtänden zuſammen ſuchen muß, was
ſie hier bey einander findet!
Die Königinn. (bey Seite) Ich dacht es! —
Das iſt nicht länger auszuhalten. — (zu ihr) Wie
iſt dir, Rutland? Du geräthſt außer dir. Ein
Wort, ein Bild überjagt das andere. Was ſpielt
ſo den Meiſter über dich? Iſt es blos deine Kö-
niginn, iſt es Eſſex ſelbſt, was dieſe wahre, oder
dieſe erzwungene Leidenſchaft wirket? — (bey Seite)
Sie ſchweigt; — ganz gewiß, ſie liebt ihn. — Was
habe ich gethan? Welchen neuen Sturm habe ich
in meinem Buſen erregt? u. ſ. w.
Hier erſcheinen Burleigh und die Notting-
ham wieder, der Königinn zu ſagen, daß Eſſex
ihren Befehl erwarte. Er ſoll vor ſie kommen.
„Rutland, ſagt die Königinn, „wir ſprechen
„einander ſchon weiter; geh nur. — Notting-
„ham, tritt du näher.„ Dieſer Zug der Ei-
ferſucht iſt vortrefflich. Eſſex kömmt; und nun
erfolgt die Scene mit der Ohrfeige. Ich wüßte
nicht, wie ſie verſtändiger und glücklicher vor-
bereitet ſeyn könnte. Eſſex anfangs, ſcheinet
ſich völlig unterwerfen zu wollen; aber, da ſie
ihm befiehlt, ſich zu rechtfertigen, wird er nach
und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |