ihren Ktesipho geschildert. So streng ihn sein Vater hält, so entfährt ihm doch nie das geringste böse Wort gegen denselben. Das einzige, was man so nennen könnte, macht er auf die vortreff- lichste Weise wieder gut. Er möchte seiner Liebe gern wenigstens ein Paar Tage, ruhig genies- sen; er freuet sich, daß der Vater wieder hinaus auf das Land, an seine Arbeit ist; und wünscht, daß er sich damit so abmatten, -- so abmatten möge, daß er ganze drey Tage nicht aus dem Bette könne. Ein rascher Wunsch! aber man sehe, mit welchem Zusatze:
-- -- -- utinam quidem Quod cum salute ejus fiat, ita se de- fatigarit velim, Ut triduo hoc perpetuo prorsum e lecto nequeat surgere.
Quod cum salute ejus fiat! Nur müßte es ihm weiter nicht schaden! -- So recht! so recht, liebenswürdiger Jüngling! Jmmer geh, wohin dich Freude und Liebe ru- fen! Für dich drücken wir gern ein Auge zu! Das Böse, das du begehst, wird nicht sehr böse seyn! Du hast einen strengern Aufseher in dir, als selbst dein Vater ist! -- Und so sind mehrere Züge in der Scene, aus der diese Stelle genommen ist. Der deutsche Ktesipho ist ein abgefeumter Bube, dem Lügen und Betrug sehr
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ihren Kteſipho geſchildert. So ſtreng ihn ſein Vater hält, ſo entfährt ihm doch nie das geringſte böſe Wort gegen denſelben. Das einzige, was man ſo nennen könnte, macht er auf die vortreff- lichſte Weiſe wieder gut. Er möchte ſeiner Liebe gern wenigſtens ein Paar Tage, ruhig genieſ- ſen; er freuet ſich, daß der Vater wieder hinaus auf das Land, an ſeine Arbeit iſt; und wünſcht, daß er ſich damit ſo abmatten, — ſo abmatten möge, daß er ganze drey Tage nicht aus dem Bette könne. Ein raſcher Wunſch! aber man ſehe, mit welchem Zuſatze:
— — — utinam quidem Quod cum ſalute ejus fiat, ita ſe de- fatigarit velim, Ut triduo hoc perpetuo prorſum e lecto nequeat ſurgere.
Quod cum ſalute ejus fiat! Nur müßte es ihm weiter nicht ſchaden! — So recht! ſo recht, liebenswürdiger Jüngling! Jmmer geh, wohin dich Freude und Liebe ru- fen! Für dich drücken wir gern ein Auge zu! Das Böſe, das du begehſt, wird nicht ſehr böſe ſeyn! Du haſt einen ſtrengern Aufſeher in dir, als ſelbſt dein Vater iſt! — Und ſo ſind mehrere Züge in der Scene, aus der dieſe Stelle genommen iſt. Der deutſche Kteſipho iſt ein abgefeumter Bube, dem Lügen und Betrug ſehr
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ihren Kteſipho geſchildert. So ſtreng ihn ſein
Vater hält, ſo entfährt ihm doch nie das geringſte
böſe Wort gegen denſelben. Das einzige, was
man ſo nennen könnte, macht er auf die vortreff-
lichſte Weiſe wieder gut. Er möchte ſeiner Liebe
gern wenigſtens ein Paar Tage, ruhig genieſ-
ſen; er freuet ſich, daß der Vater wieder hinaus
auf das Land, an ſeine Arbeit iſt; und wünſcht,
daß er ſich damit ſo abmatten, — ſo abmatten
möge, daß er ganze drey Tage nicht aus dem
Bette könne. Ein raſcher Wunſch! aber man
ſehe, mit welchem Zuſatze:
— — — utinam quidem
Quod cum ſalute ejus fiat, ita ſe de-
fatigarit velim,
Ut triduo hoc perpetuo prorſum e lecto
nequeat ſurgere.
Quod cum ſalute ejus fiat! Nur
müßte es ihm weiter nicht ſchaden! — So
recht! ſo recht, liebenswürdiger Jüngling!
Jmmer geh, wohin dich Freude und Liebe ru-
fen! Für dich drücken wir gern ein Auge zu!
Das Böſe, das du begehſt, wird nicht ſehr
böſe ſeyn! Du haſt einen ſtrengern Aufſeher in
dir, als ſelbſt dein Vater iſt! — Und ſo ſind
mehrere Züge in der Scene, aus der dieſe Stelle
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/373>, abgerufen am 25.11.2024.
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