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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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ein Kreatürchen, wie Citalise ist, zu ihm in das
Haus brächte? in das Haus seines Vaters?
unter die Augen seiner tugendhaften Geliebten?
Es ist nicht der verführerische Damis, diese
Pest für junge Leute, (*) dessenwegen der deut-
sche Aeschinus seinem lüderlichen Vetter die Nie-
derlage bey sich erlaubt: es ist die bloße Conve-
nienz des Dichters.

Wie vortrefflich hängt alles das bey dem Te-
renz zusammen! Wie richtig und nothwendig
ist da auch die geringste Kleinigkeit motiviret!
Aeschinus nimmt einem Sklavenhändler ein
Mädchen mit Gewalt aus dem Hause, in das
sich sein Bruder verliebt hat. Aber er thut das,
weniger um der Neigung seines Bruders zu
willfahren, als um einem größern Uebel vorzu-
bauen. Der Sklavenhändler will mit diesem
Mädchen unverzüglich auf einen auswärtigen
Markt: und der Bruder will dem Mädchen
nach; will lieber sein Vaterland verlassen, als
den Gegenstand seiner Liebe aus den Augen ver-
lieren. (**) Noch erfährt Aeschinus zu rechter

Zeit
(*) Seite 30.
(**) Act. II. Sc. 4.
Ae. Hoc mihi doler, nos paene sero scisse:
& paene in eum locum
Rediisse, ut si omnes cuperent, nihil tibi
possent auxiliarier.

Ct.
Z z 2

ein Kreatürchen, wie Citaliſe iſt, zu ihm in das
Haus brächte? in das Haus ſeines Vaters?
unter die Augen ſeiner tugendhaften Geliebten?
Es iſt nicht der verführeriſche Damis, dieſe
Peſt für junge Leute, (*) deſſenwegen der deut-
ſche Aeſchinus ſeinem lüderlichen Vetter die Nie-
derlage bey ſich erlaubt: es iſt die bloße Conve-
nienz des Dichters.

Wie vortrefflich hängt alles das bey dem Te-
renz zuſammen! Wie richtig und nothwendig
iſt da auch die geringſte Kleinigkeit motiviret!
Aeſchinus nimmt einem Sklavenhändler ein
Mädchen mit Gewalt aus dem Hauſe, in das
ſich ſein Bruder verliebt hat. Aber er thut das,
weniger um der Neigung ſeines Bruders zu
willfahren, als um einem größern Uebel vorzu-
bauen. Der Sklavenhändler will mit dieſem
Mädchen unverzüglich auf einen auswärtigen
Markt: und der Bruder will dem Mädchen
nach; will lieber ſein Vaterland verlaſſen, als
den Gegenſtand ſeiner Liebe aus den Augen ver-
lieren. (**) Noch erfährt Aeſchinus zu rechter

Zeit
(*) Seite 30.
(**) Act. II. Sc. 4.
Ae. Hoc mihi doler, nos pæne ſero ſciſſe:
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[363/0369] ein Kreatürchen, wie Citaliſe iſt, zu ihm in das Haus brächte? in das Haus ſeines Vaters? unter die Augen ſeiner tugendhaften Geliebten? Es iſt nicht der verführeriſche Damis, dieſe Peſt für junge Leute, (*) deſſenwegen der deut- ſche Aeſchinus ſeinem lüderlichen Vetter die Nie- derlage bey ſich erlaubt: es iſt die bloße Conve- nienz des Dichters. Wie vortrefflich hängt alles das bey dem Te- renz zuſammen! Wie richtig und nothwendig iſt da auch die geringſte Kleinigkeit motiviret! Aeſchinus nimmt einem Sklavenhändler ein Mädchen mit Gewalt aus dem Hauſe, in das ſich ſein Bruder verliebt hat. Aber er thut das, weniger um der Neigung ſeines Bruders zu willfahren, als um einem größern Uebel vorzu- bauen. Der Sklavenhändler will mit dieſem Mädchen unverzüglich auf einen auswärtigen Markt: und der Bruder will dem Mädchen nach; will lieber ſein Vaterland verlaſſen, als den Gegenſtand ſeiner Liebe aus den Augen ver- lieren. (**) Noch erfährt Aeſchinus zu rechter Zeit (*) Seite 30. (**) Act. II. Sc. 4. Ae. Hoc mihi doler, nos pæne ſero ſciſſe: & pæne in eum locum Rediiſſe, ut ſi omnes cuperent, nihil tibi poſſent auxiliarier. Ct. Z z 2

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/369>, abgerufen am 25.11.2024.