herauskamen, hat Diderot sein Mißvergnügen mit dem Theater seiner Nation geäußert. Be- reits verschiedne Jahre vorher ließ er es sich merken, daß er die hohen Begriffe gar nicht da- von habe, mit welchen sich seine Landsleute täu- schen, und Europa sich von ihnen täuschen las- sen. Aber er that es in einem Buche, in wel- chem man freylich dergleichen Dinge nicht sucht; in einem Buche, in welchem der persifflirende Ton so herrschet, daß den meisten Lesern auch das, was guter gesunder Verstand darinn ist, nichts als Posse und Höhnerey zu seyn scheinet. Ohne Zweifel hatte Diderot seine Ursachen, warum er mit seiner Herzensmeinung lieber erst in einem solchen Buche hervorkommen wollte: ein kluger Mann sagt öfters erst mit Lachen, was er hernach im Ernste wiederholen will.
Dieses Buch heißt Les Bijoux indiscrets, und Diderot will es itzt durchaus nicht geschrie- ben haben. Daran thut Diderot auch sehr wohl; aber doch hat er es geschrieben, und muß es geschrieben haben, wenn er nicht ein Plagia- rius seyn will. Auch ist es gewiß, daß nur ein solcher junger Mann dieses Buch schreiben konnte, der sich einmal schämen würde, es ge- schrieben zu haben.
Es ist eben so gut, wenn die wenigsten von meinen Lesern dieses Buch kennen. Jch will mich auch wohl hüten, es ihnen weiter bekannt
zu
herauskamen, hat Diderot ſein Mißvergnügen mit dem Theater ſeiner Nation geäußert. Be- reits verſchiedne Jahre vorher ließ er es ſich merken, daß er die hohen Begriffe gar nicht da- von habe, mit welchen ſich ſeine Landsleute täu- ſchen, und Europa ſich von ihnen täuſchen laſ- ſen. Aber er that es in einem Buche, in wel- chem man freylich dergleichen Dinge nicht ſucht; in einem Buche, in welchem der perſifflirende Ton ſo herrſchet, daß den meiſten Leſern auch das, was guter geſunder Verſtand darinn iſt, nichts als Poſſe und Höhnerey zu ſeyn ſcheinet. Ohne Zweifel hatte Diderot ſeine Urſachen, warum er mit ſeiner Herzensmeinung lieber erſt in einem ſolchen Buche hervorkommen wollte: ein kluger Mann ſagt öfters erſt mit Lachen, was er hernach im Ernſte wiederholen will.
Dieſes Buch heißt Les Bijoux indiſcrets, und Diderot will es itzt durchaus nicht geſchrie- ben haben. Daran thut Diderot auch ſehr wohl; aber doch hat er es geſchrieben, und muß es geſchrieben haben, wenn er nicht ein Plagia- rius ſeyn will. Auch iſt es gewiß, daß nur ein ſolcher junger Mann dieſes Buch ſchreiben konnte, der ſich einmal ſchämen würde, es ge- ſchrieben zu haben.
Es iſt eben ſo gut, wenn die wenigſten von meinen Leſern dieſes Buch kennen. Jch will mich auch wohl hüten, es ihnen weiter bekannt
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herauskamen, hat Diderot ſein Mißvergnügen
mit dem Theater ſeiner Nation geäußert. Be-
reits verſchiedne Jahre vorher ließ er es ſich
merken, daß er die hohen Begriffe gar nicht da-
von habe, mit welchen ſich ſeine Landsleute täu-
ſchen, und Europa ſich von ihnen täuſchen laſ-
ſen. Aber er that es in einem Buche, in wel-
chem man freylich dergleichen Dinge nicht ſucht;
in einem Buche, in welchem der perſifflirende
Ton ſo herrſchet, daß den meiſten Leſern auch
das, was guter geſunder Verſtand darinn iſt,
nichts als Poſſe und Höhnerey zu ſeyn ſcheinet.
Ohne Zweifel hatte Diderot ſeine Urſachen,
warum er mit ſeiner Herzensmeinung lieber erſt
in einem ſolchen Buche hervorkommen wollte:
ein kluger Mann ſagt öfters erſt mit Lachen, was
er hernach im Ernſte wiederholen will.
Dieſes Buch heißt Les Bijoux indiſcrets,
und Diderot will es itzt durchaus nicht geſchrie-
ben haben. Daran thut Diderot auch ſehr
wohl; aber doch hat er es geſchrieben, und muß
es geſchrieben haben, wenn er nicht ein Plagia-
rius ſeyn will. Auch iſt es gewiß, daß nur ein
ſolcher junger Mann dieſes Buch ſchreiben
konnte, der ſich einmal ſchämen würde, es ge-
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Es iſt eben ſo gut, wenn die wenigſten von
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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