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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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Namen denken. Es waren Leute von vieler
Einsicht; das ganze weite Feld der Kritik war
ihr Gebiethe. Was von ihren Auslegungen
klassischer Schriften auf uns gekommen, ver-
dient daher nicht blos wegen der Sprache stu-
diert zu werden. Nur muß man die neuern
Jnterpolationen zu unterscheiden wissen. Daß
aber dieser Donatus (Aelius) so vorzüglich reich
an Bemerkungen ist, die unsern Geschmack bil-
den können, daß er die verstecktesten Schönhei-
ten seines Autors mehr als irgend ein anderer
zu enthüllen weiß: das kömmt vielleicht weni-
ger von seinen größern Gaben, als von der Be-
schaffenheit seines Autors selbst. Das römische
Theater war, zur Zeit des Donatus, noch nicht
gänzlich verfallen; die Stücke des Terenz wur-
den noch gespielt, und ohne Zweifel noch mit vie-
len von den Ueberlieferungen gespielt, die sich aus
den bessern Zeiten des römischen Geschmacks her-
schrieben: er durfte also nur anmerken, was er
sahe und hörte; er brauchte also nur Aufmerk-
samkeit und Treue, um sich das Verdienst zu
machen, daß ihm die Nachwelt Feinheiten zu
verdanken hat, die er selbst schwerlich dürfte
ausgegrübelt haben. Jch wüßte daher auch kein
Werk, aus welchem ein angehender Schauspie-
ler mehr lernen könnte, als diesen Commentar
des Donatus über den Terenz: und bis das La-
tein unter unsern Schauspielern üblicher wird,

wünschte
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Namen denken. Es waren Leute von vieler
Einſicht; das ganze weite Feld der Kritik war
ihr Gebiethe. Was von ihren Auslegungen
klaſſiſcher Schriften auf uns gekommen, ver-
dient daher nicht blos wegen der Sprache ſtu-
diert zu werden. Nur muß man die neuern
Jnterpolationen zu unterſcheiden wiſſen. Daß
aber dieſer Donatus (Aelius) ſo vorzüglich reich
an Bemerkungen iſt, die unſern Geſchmack bil-
den können, daß er die verſteckteſten Schönhei-
ten ſeines Autors mehr als irgend ein anderer
zu enthüllen weiß: das kömmt vielleicht weni-
ger von ſeinen größern Gaben, als von der Be-
ſchaffenheit ſeines Autors ſelbſt. Das römiſche
Theater war, zur Zeit des Donatus, noch nicht
gänzlich verfallen; die Stücke des Terenz wur-
den noch geſpielt, und ohne Zweifel noch mit vie-
len von den Ueberlieferungen geſpielt, die ſich aus
den beſſern Zeiten des römiſchen Geſchmacks her-
ſchrieben: er durfte alſo nur anmerken, was er
ſahe und hörte; er brauchte alſo nur Aufmerk-
ſamkeit und Treue, um ſich das Verdienſt zu
machen, daß ihm die Nachwelt Feinheiten zu
verdanken hat, die er ſelbſt ſchwerlich dürfte
ausgegrübelt haben. Jch wüßte daher auch kein
Werk, aus welchem ein angehender Schauſpie-
ler mehr lernen könnte, als dieſen Commentar
des Donatus über den Terenz: und bis das La-
tein unter unſern Schauſpielern üblicher wird,

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[157/0163] Namen denken. Es waren Leute von vieler Einſicht; das ganze weite Feld der Kritik war ihr Gebiethe. Was von ihren Auslegungen klaſſiſcher Schriften auf uns gekommen, ver- dient daher nicht blos wegen der Sprache ſtu- diert zu werden. Nur muß man die neuern Jnterpolationen zu unterſcheiden wiſſen. Daß aber dieſer Donatus (Aelius) ſo vorzüglich reich an Bemerkungen iſt, die unſern Geſchmack bil- den können, daß er die verſteckteſten Schönhei- ten ſeines Autors mehr als irgend ein anderer zu enthüllen weiß: das kömmt vielleicht weni- ger von ſeinen größern Gaben, als von der Be- ſchaffenheit ſeines Autors ſelbſt. Das römiſche Theater war, zur Zeit des Donatus, noch nicht gänzlich verfallen; die Stücke des Terenz wur- den noch geſpielt, und ohne Zweifel noch mit vie- len von den Ueberlieferungen geſpielt, die ſich aus den beſſern Zeiten des römiſchen Geſchmacks her- ſchrieben: er durfte alſo nur anmerken, was er ſahe und hörte; er brauchte alſo nur Aufmerk- ſamkeit und Treue, um ſich das Verdienſt zu machen, daß ihm die Nachwelt Feinheiten zu verdanken hat, die er ſelbſt ſchwerlich dürfte ausgegrübelt haben. Jch wüßte daher auch kein Werk, aus welchem ein angehender Schauſpie- ler mehr lernen könnte, als dieſen Commentar des Donatus über den Terenz: und bis das La- tein unter unſern Schauſpielern üblicher wird, wünſchte U 3

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/163>, abgerufen am 25.11.2024.