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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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Kunst das wieder zu finden, was wir aus der
Natur wegwünschten.

Nur wenn eben dieselbe Begebenheit in ihrem
Fortgange alle Schattirungen des Jnteresse an-
nimt, und eine nicht blos auf die andere folgt,
sondern so nothwendig aus der andern ent-
springt; wenn der Ernst das Lachen, die
Traurigkeit die Freude, oder umgekehrt, so
unmittelbar erzeugt, daß uns die Abstraction
des einen oder des andern unmöglich fällt: nur
alsdenn verlangen wir sie auch in der Kunst
nicht, und die Kunst weiß aus dieser Unmög-
lichkeit selbst Vortheil zu ziehen. --

Aber genug hiervon: man sieht schon, wo ich
hinaus will. --

Den fünf und vierzigsten Abend (Freytags,
den 12ten Julius,) wurden die Brüder des Hrn.
Romanus, und das Orakel vom Saint-Foix ge-
spielt.

Das erstere Stück kann für ein deutsches Ori-
ginal gelten, ob es schon, größten Theils, aus
den Brüdern des Terenz genommen ist. Man
hat gesagt, daß auch Moliere aus dieser Quelle
geschöpft habe; und zwar seine Männerschule.
Der Herr von Voltaire macht seine Anmerkun-
gen über dieses Vorgeben: und ich führe Anmer-
kungen von dem Herrn von Voltaire so gern an!
Aus seinen geringsten ist noch immer etwas zu

ler-

Kunſt das wieder zu finden, was wir aus der
Natur wegwünſchten.

Nur wenn eben dieſelbe Begebenheit in ihrem
Fortgange alle Schattirungen des Jntereſſe an-
nimt, und eine nicht blos auf die andere folgt,
ſondern ſo nothwendig aus der andern ent-
ſpringt; wenn der Ernſt das Lachen, die
Traurigkeit die Freude, oder umgekehrt, ſo
unmittelbar erzeugt, daß uns die Abſtraction
des einen oder des andern unmöglich fällt: nur
alsdenn verlangen wir ſie auch in der Kunſt
nicht, und die Kunſt weiß aus dieſer Unmög-
lichkeit ſelbſt Vortheil zu ziehen. —

Aber genug hiervon: man ſieht ſchon, wo ich
hinaus will. —

Den fünf und vierzigſten Abend (Freytags,
den 12ten Julius,) wurden die Brüder des Hrn.
Romanus, und das Orakel vom Saint-Foix ge-
ſpielt.

Das erſtere Stück kann für ein deutſches Ori-
ginal gelten, ob es ſchon, größten Theils, aus
den Brüdern des Terenz genommen iſt. Man
hat geſagt, daß auch Moliere aus dieſer Quelle
geſchöpft habe; und zwar ſeine Männerſchule.
Der Herr von Voltaire macht ſeine Anmerkun-
gen über dieſes Vorgeben: und ich führe Anmer-
kungen von dem Herrn von Voltaire ſo gern an!
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[142/0148] Kunſt das wieder zu finden, was wir aus der Natur wegwünſchten. Nur wenn eben dieſelbe Begebenheit in ihrem Fortgange alle Schattirungen des Jntereſſe an- nimt, und eine nicht blos auf die andere folgt, ſondern ſo nothwendig aus der andern ent- ſpringt; wenn der Ernſt das Lachen, die Traurigkeit die Freude, oder umgekehrt, ſo unmittelbar erzeugt, daß uns die Abſtraction des einen oder des andern unmöglich fällt: nur alsdenn verlangen wir ſie auch in der Kunſt nicht, und die Kunſt weiß aus dieſer Unmög- lichkeit ſelbſt Vortheil zu ziehen. — Aber genug hiervon: man ſieht ſchon, wo ich hinaus will. — Den fünf und vierzigſten Abend (Freytags, den 12ten Julius,) wurden die Brüder des Hrn. Romanus, und das Orakel vom Saint-Foix ge- ſpielt. Das erſtere Stück kann für ein deutſches Ori- ginal gelten, ob es ſchon, größten Theils, aus den Brüdern des Terenz genommen iſt. Man hat geſagt, daß auch Moliere aus dieſer Quelle geſchöpft habe; und zwar ſeine Männerſchule. Der Herr von Voltaire macht ſeine Anmerkun- gen über dieſes Vorgeben: und ich führe Anmer- kungen von dem Herrn von Voltaire ſo gern an! Aus ſeinen geringſten iſt noch immer etwas zu ler-

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/148>, abgerufen am 24.11.2024.