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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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Es kommen der Herzog, und der Kanzler: je-
ner, ihr seine Freude über die glückliche Erhal-
tung ihres Lebens zu bezeigen; dieser, ihr einen
neuen Beweis, der sich wider den Essex äußert,
vorzulegen. Auf der Pistole, die man ihm
aus der Hand genommen, steht sein Name; sie
gehört ihm; und wem sie gehört, der hat sie un-
streitig auch brauchen wollen.

Doch nichts scheinet den Essex unwidersprech-
licher zu verdammen, als was nun erfolgt.
Cosme hat, bey anbrechendem Tage, mit dem
bewußten Briefe nach Schottland abgehen wol-
len, und ist angehalten worden. Seine Reise
sieht einer Flucht sehr ähnlich, und eine solche
Flucht läßt vermuthen, daß er an dem Verbre-
chen seines Herrn Antheil könne gehabt haben.
Er wird also vor den Kanzler gebracht, und die
Königinn besiehlt, ihn in ihrer Gegenwart zu
verhören. Den Ton, in welchem sich Cosme
rechtfertiget, kann man leicht errathen. Er
weiß von nichts; und als er sagen soll, wo er

hin-
Y quando tierno, y rendido,
Entonces la haya querido,
No puede haverla olvidado?
No le vieron mis antojos
Entre acogimientos sabios,
Mui callando con los labios,
Mui bachiller con los ojos,
Quando al decir sus enojos
Yo su despecho renni?

Es kommen der Herzog, und der Kanzler: je-
ner, ihr ſeine Freude über die glückliche Erhal-
tung ihres Lebens zu bezeigen; dieſer, ihr einen
neuen Beweis, der ſich wider den Eſſex äußert,
vorzulegen. Auf der Piſtole, die man ihm
aus der Hand genommen, ſteht ſein Name; ſie
gehört ihm; und wem ſie gehört, der hat ſie un-
ſtreitig auch brauchen wollen.

Doch nichts ſcheinet den Eſſex unwiderſprech-
licher zu verdammen, als was nun erfolgt.
Coſme hat, bey anbrechendem Tage, mit dem
bewußten Briefe nach Schottland abgehen wol-
len, und iſt angehalten worden. Seine Reiſe
ſieht einer Flucht ſehr ähnlich, und eine ſolche
Flucht läßt vermuthen, daß er an dem Verbre-
chen ſeines Herrn Antheil könne gehabt haben.
Er wird alſo vor den Kanzler gebracht, und die
Königinn beſiehlt, ihn in ihrer Gegenwart zu
verhören. Den Ton, in welchem ſich Coſme
rechtfertiget, kann man leicht errathen. Er
weiß von nichts; und als er ſagen ſoll, wo er

hin-
Y quando tierno, y rendido,
Entonces la haya querido,
No puede haverla olvidado?
No le vieron mis antojos
Entre acogimientos ſabios,
Mui callando con los labios,
Mui bachiller con los ojos,
Quando al decir ſus enojos
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[106/0112] Es kommen der Herzog, und der Kanzler: je- ner, ihr ſeine Freude über die glückliche Erhal- tung ihres Lebens zu bezeigen; dieſer, ihr einen neuen Beweis, der ſich wider den Eſſex äußert, vorzulegen. Auf der Piſtole, die man ihm aus der Hand genommen, ſteht ſein Name; ſie gehört ihm; und wem ſie gehört, der hat ſie un- ſtreitig auch brauchen wollen. Doch nichts ſcheinet den Eſſex unwiderſprech- licher zu verdammen, als was nun erfolgt. Coſme hat, bey anbrechendem Tage, mit dem bewußten Briefe nach Schottland abgehen wol- len, und iſt angehalten worden. Seine Reiſe ſieht einer Flucht ſehr ähnlich, und eine ſolche Flucht läßt vermuthen, daß er an dem Verbre- chen ſeines Herrn Antheil könne gehabt haben. Er wird alſo vor den Kanzler gebracht, und die Königinn beſiehlt, ihn in ihrer Gegenwart zu verhören. Den Ton, in welchem ſich Coſme rechtfertiget, kann man leicht errathen. Er weiß von nichts; und als er ſagen ſoll, wo er hin- (*) (*) Y quando tierno, y rendido, Entonces la haya querido, No puede haverla olvidado? No le vieron mis antojos Entre acogimientos ſabios, Mui callando con los labios, Mui bachiller con los ojos, Quando al decir ſus enojos Yo ſu deſpecho reñi?

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/112>, abgerufen am 09.11.2024.