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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

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mung des Herzens sprach ihr Mitleid! Mit welcher
Entschlossenheit ging sie auf das Bekenntniß ihrer
Liebe los! Aber wie unerwartet, wie überraschend
brach sie auf einmal ab, und veränderte auf einmal
Stimme und Blick, und die ganze Haltung des
Körpers, da es nun darauf ankam, die dürren
Worte ihres Bekenntnisses zu sprechen. Die Au-
gen zur Erde geschlagen, nach einem langsamen
Seufzer, in dem furchtsamen gezogenen Tone der
Verwirrung, kam endlich,

"Ich liebe dich, Olint, --

heraus, und mit einer Wahrheit! Auch der, der
nicht weiß, ob die Liebe sich so erklärt, empfand, daß
sie sich so erklären sollte. Sie entschloß sich als
Heldinn, ihre Liebe zu gestehen, und gestand sie, als
ein zärtliches, schamhaftes Weib. So Kriegerinn
als sie war, so gewöhnt sonst in allem zu männlichen
Sitten: behielt das Weibliche doch hier die Ober-
hand. Kaum aber waren sie hervor, diese der Sitt-
samkeit so schwere Worte, und mit eins war auch
jener Ton der Freymüthigkeit wieder da. Sie fuhr
mit der sorglosesten Lebhaftigkeit, in aller der unbe-
kümmerten Hitze des Affekts fort:

-- -- -- Und stolz auf meine Liebe,
"Stolz, daß dir meine Macht dein Leben retten
kann,
"Bieth ich dir Hand und Herz, und Kron und Pur-
pur an.

Denn die Liebe äußert sich nun als großmüthige
Freundschaft: und die Freundschaft spricht eben so
dreist, als schüchtern die Liebe.

Ham-

mung des Herzens ſprach ihr Mitleid! Mit welcher
Entſchloſſenheit ging ſie auf das Bekenntniß ihrer
Liebe los! Aber wie unerwartet, wie uͤberraſchend
brach ſie auf einmal ab, und veraͤnderte auf einmal
Stimme und Blick, und die ganze Haltung des
Koͤrpers, da es nun darauf ankam, die duͤrren
Worte ihres Bekenntniſſes zu ſprechen. Die Au-
gen zur Erde geſchlagen, nach einem langſamen
Seufzer, in dem furchtſamen gezogenen Tone der
Verwirrung, kam endlich,

〟Ich liebe dich, Olint, —

heraus, und mit einer Wahrheit! Auch der, der
nicht weiß, ob die Liebe ſich ſo erklaͤrt, empfand, daß
ſie ſich ſo erklaͤren ſollte. Sie entſchloß ſich als
Heldinn, ihre Liebe zu geſtehen, und geſtand ſie, als
ein zaͤrtliches, ſchamhaftes Weib. So Kriegerinn
als ſie war, ſo gewoͤhnt ſonſt in allem zu maͤnnlichen
Sitten: behielt das Weibliche doch hier die Ober-
hand. Kaum aber waren ſie hervor, dieſe der Sitt-
ſamkeit ſo ſchwere Worte, und mit eins war auch
jener Ton der Freymuͤthigkeit wieder da. Sie fuhr
mit der ſorgloſeſten Lebhaftigkeit, in aller der unbe-
kuͤmmerten Hitze des Affekts fort:

— — — Und ſtolz auf meine Liebe,
〟Stolz, daß dir meine Macht dein Leben retten
kann,
〟Bieth ich dir Hand und Herz, und Kron und Pur-
pur an.

Denn die Liebe aͤußert ſich nun als großmuͤthige
Freundſchaft: und die Freundſchaft ſpricht eben ſo
dreiſt, als ſchuͤchtern die Liebe.

Ham-
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[32/0046] mung des Herzens ſprach ihr Mitleid! Mit welcher Entſchloſſenheit ging ſie auf das Bekenntniß ihrer Liebe los! Aber wie unerwartet, wie uͤberraſchend brach ſie auf einmal ab, und veraͤnderte auf einmal Stimme und Blick, und die ganze Haltung des Koͤrpers, da es nun darauf ankam, die duͤrren Worte ihres Bekenntniſſes zu ſprechen. Die Au- gen zur Erde geſchlagen, nach einem langſamen Seufzer, in dem furchtſamen gezogenen Tone der Verwirrung, kam endlich, 〟Ich liebe dich, Olint, — heraus, und mit einer Wahrheit! Auch der, der nicht weiß, ob die Liebe ſich ſo erklaͤrt, empfand, daß ſie ſich ſo erklaͤren ſollte. Sie entſchloß ſich als Heldinn, ihre Liebe zu geſtehen, und geſtand ſie, als ein zaͤrtliches, ſchamhaftes Weib. So Kriegerinn als ſie war, ſo gewoͤhnt ſonſt in allem zu maͤnnlichen Sitten: behielt das Weibliche doch hier die Ober- hand. Kaum aber waren ſie hervor, dieſe der Sitt- ſamkeit ſo ſchwere Worte, und mit eins war auch jener Ton der Freymuͤthigkeit wieder da. Sie fuhr mit der ſorgloſeſten Lebhaftigkeit, in aller der unbe- kuͤmmerten Hitze des Affekts fort: — — — Und ſtolz auf meine Liebe, 〟Stolz, daß dir meine Macht dein Leben retten kann, 〟Bieth ich dir Hand und Herz, und Kron und Pur- pur an. Denn die Liebe aͤußert ſich nun als großmuͤthige Freundſchaft: und die Freundſchaft ſpricht eben ſo dreiſt, als ſchuͤchtern die Liebe. Ham-

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/46>, abgerufen am 21.11.2024.