beobachten, als wer unsern Verstand zu unter- halten und zu belehren denkt. Ohne Zusammen- hang, ohne die innigste Verbindung aller und jeder Theile, ist die beste Musik ein eitler Sand- haufen, der keines dauerhaften Eindruckes fähig ist; nur der Zusammenhang macht sie zu einem festen Marmor, an dem sich die Hand des Künst- lers verewigen kann.
Der Satz nach dem ersten Akte sucht also le- diglich die Besorgnisse der Semiramis zu unter- halten, denen der Dichter diesen Akt gewidmet hat; Besorgnisse, die noch mit einiger Hofnung ver- mischt sind; ein Andante mesto, bloß mit ge- dämpften Violinen und Bratsche.
In dem zweyten Akte spielt Assur eine zu wich- tige Rolle, als daß er nicht den Ausdruck der darauf folgenden Musik bestimmen sollte. Eine Allegro assai aus dem G dur, mit Waldhörnern, durch Flöten und Hoboen, auch den Grundbaß mitspielende Fagotte verstärkt, druckt den durch Zweifel und Furcht unterbrochenen, aber immer noch sich wieder erhohlenden Stolz dieses treu- losen und herrschsüchtigen Ministers aus.
In dem dritten Akte erscheint das Gespenst. Ich habe, bey Gelegenheit der ersten Vorstel- lung, bereits angemerkt, wie wenig Eindruck Voltaire diese Erscheinung auf die Anwesenden machen läßt. Aber der Tonkünstler hat sich, wie billig, daran nicht gekehrt; er hohlt es nach,
was
beobachten, als wer unſern Verſtand zu unter- halten und zu belehren denkt. Ohne Zuſammen- hang, ohne die innigſte Verbindung aller und jeder Theile, iſt die beſte Muſik ein eitler Sand- haufen, der keines dauerhaften Eindruckes faͤhig iſt; nur der Zuſammenhang macht ſie zu einem feſten Marmor, an dem ſich die Hand des Kuͤnſt- lers verewigen kann.
Der Satz nach dem erſten Akte ſucht alſo le- diglich die Beſorgniſſe der Semiramis zu unter- halten, denen der Dichter dieſen Akt gewidmet hat; Beſorgniſſe, die noch mit einiger Hofnung ver- miſcht ſind; ein Andante meſto, bloß mit ge- daͤmpften Violinen und Bratſche.
In dem zweyten Akte ſpielt Aſſur eine zu wich- tige Rolle, als daß er nicht den Ausdruck der darauf folgenden Muſik beſtimmen ſollte. Eine Allegro aſſai aus dem G dur, mit Waldhoͤrnern, durch Floͤten und Hoboen, auch den Grundbaß mitſpielende Fagotte verſtaͤrkt, druckt den durch Zweifel und Furcht unterbrochenen, aber immer noch ſich wieder erhohlenden Stolz dieſes treu- loſen und herrſchſuͤchtigen Miniſters aus.
In dem dritten Akte erſcheint das Geſpenſt. Ich habe, bey Gelegenheit der erſten Vorſtel- lung, bereits angemerkt, wie wenig Eindruck Voltaire dieſe Erſcheinung auf die Anweſenden machen laͤßt. Aber der Tonkuͤnſtler hat ſich, wie billig, daran nicht gekehrt; er hohlt es nach,
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hang, ohne die innigſte Verbindung aller und
jeder Theile, iſt die beſte Muſik ein eitler Sand-
haufen, der keines dauerhaften Eindruckes faͤhig
iſt; nur der Zuſammenhang macht ſie zu einem
feſten Marmor, an dem ſich die Hand des Kuͤnſt-
lers verewigen kann.
Der Satz nach dem erſten Akte ſucht alſo le-
diglich die Beſorgniſſe der Semiramis zu unter-
halten, denen der Dichter dieſen Akt gewidmet hat;
Beſorgniſſe, die noch mit einiger Hofnung ver-
miſcht ſind; ein Andante meſto, bloß mit ge-
daͤmpften Violinen und Bratſche.
In dem zweyten Akte ſpielt Aſſur eine zu wich-
tige Rolle, als daß er nicht den Ausdruck der
darauf folgenden Muſik beſtimmen ſollte. Eine
Allegro aſſai aus dem G dur, mit Waldhoͤrnern,
durch Floͤten und Hoboen, auch den Grundbaß
mitſpielende Fagotte verſtaͤrkt, druckt den durch
Zweifel und Furcht unterbrochenen, aber immer
noch ſich wieder erhohlenden Stolz dieſes treu-
loſen und herrſchſuͤchtigen Miniſters aus.
In dem dritten Akte erſcheint das Geſpenſt.
Ich habe, bey Gelegenheit der erſten Vorſtel-
lung, bereits angemerkt, wie wenig Eindruck
Voltaire dieſe Erſcheinung auf die Anweſenden
machen laͤßt. Aber der Tonkuͤnſtler hat ſich,
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/229>, abgerufen am 22.11.2024.
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