nem Stücke über dem andern vorkam? Hatten die Griechen nicht ein eigenes Drama, in das jederzeit Satyri eingeflochten werden mußten, sie mochten sich nun in die Geschichte des Stücks schicken oder nicht?
Harlekin hat, vor einigen Jahren, seine Sache vor dem Richterstuhle der wahren Kritik, mit eben so vieler Laune als Gründlichkeit, ver- theidiget. Ich empfehle die Abhandlung des Herrn Möser über das Groteske-Komische, allen meinen Lesern, die sie noch nicht kennen; die sie kennen, deren Stimme habe ich schon. Es wird darinn beyläufig von einem gewissen Schriftsteller gesagt, daß er Einsicht genug be- sitze, dermaleins der Lobredner des Harlekin zu werden. Itzt ist er es geworden! wird man denken. Aber nein; er ist es immer gewesen. Den Einwurf, den ihm Herr Möser wider den Harlekin in den Mund legt, kann er sich nie ge- macht, ja nicht einmal gedacht zu haben er- innern.
Ausser dem Harlekin kömmt in den falschen Vertraulichkeiten noch ein anderer Bedienter vor, der die ganze Intrigue führet. Beide wurden sehr wohl gespielt; und unser Theater hat überhaupt, an den Herren Hensel und Merschy, ein Paar Akteurs, die man zu den Be- dientenrollen kaum besser verlangen kann.
Den
nem Stuͤcke uͤber dem andern vorkam? Hatten die Griechen nicht ein eigenes Drama, in das jederzeit Satyri eingeflochten werden mußten, ſie mochten ſich nun in die Geſchichte des Stuͤcks ſchicken oder nicht?
Harlekin hat, vor einigen Jahren, ſeine Sache vor dem Richterſtuhle der wahren Kritik, mit eben ſo vieler Laune als Gruͤndlichkeit, ver- theidiget. Ich empfehle die Abhandlung des Herrn Moͤſer uͤber das Groteske-Komiſche, allen meinen Leſern, die ſie noch nicht kennen; die ſie kennen, deren Stimme habe ich ſchon. Es wird darinn beylaͤufig von einem gewiſſen Schriftſteller geſagt, daß er Einſicht genug be- ſitze, dermaleins der Lobredner des Harlekin zu werden. Itzt iſt er es geworden! wird man denken. Aber nein; er iſt es immer geweſen. Den Einwurf, den ihm Herr Moͤſer wider den Harlekin in den Mund legt, kann er ſich nie ge- macht, ja nicht einmal gedacht zu haben er- innern.
Auſſer dem Harlekin koͤmmt in den falſchen Vertraulichkeiten noch ein anderer Bedienter vor, der die ganze Intrigue fuͤhret. Beide wurden ſehr wohl geſpielt; und unſer Theater hat uͤberhaupt, an den Herren Henſel und Merſchy, ein Paar Akteurs, die man zu den Be- dientenrollen kaum beſſer verlangen kann.
Den
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nem Stuͤcke uͤber dem andern vorkam? Hatten
die Griechen nicht ein eigenes Drama, in das
jederzeit Satyri eingeflochten werden mußten,
ſie mochten ſich nun in die Geſchichte des Stuͤcks
ſchicken oder nicht?
Harlekin hat, vor einigen Jahren, ſeine Sache
vor dem Richterſtuhle der wahren Kritik, mit
eben ſo vieler Laune als Gruͤndlichkeit, ver-
theidiget. Ich empfehle die Abhandlung des
Herrn Moͤſer uͤber das Groteske-Komiſche, allen
meinen Leſern, die ſie noch nicht kennen; die ſie
kennen, deren Stimme habe ich ſchon. Es
wird darinn beylaͤufig von einem gewiſſen
Schriftſteller geſagt, daß er Einſicht genug be-
ſitze, dermaleins der Lobredner des Harlekin zu
werden. Itzt iſt er es geworden! wird man
denken. Aber nein; er iſt es immer geweſen.
Den Einwurf, den ihm Herr Moͤſer wider den
Harlekin in den Mund legt, kann er ſich nie ge-
macht, ja nicht einmal gedacht zu haben er-
innern.
Auſſer dem Harlekin koͤmmt in den falſchen
Vertraulichkeiten noch ein anderer Bedienter
vor, der die ganze Intrigue fuͤhret. Beide
wurden ſehr wohl geſpielt; und unſer Theater
hat uͤberhaupt, an den Herren Henſel und
Merſchy, ein Paar Akteurs, die man zu den Be-
dientenrollen kaum beſſer verlangen kann.
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/154>, abgerufen am 25.11.2024.
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