Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844.Die sorglose Behaglichkeit vieler preußischen Kapita- 1* *) Ob überhaupt der Vortheil, den Regierungen vermittelst
der Zinsherabsetzung ihrer Staatspapiere an der Verminderung ihrer Ausgaben erlangen, nicht gänzlich durch den Schaden ver- nichtet wird, daß dadurch die Kapitalien ihrer Unterthanen mehr den Obligationen anderer Länder und unsicheren Projecten zuge- führt werden, -- scheint noch nirgends vollkommen erwogen wor- den zu sein. Die ſorgloſe Behaglichkeit vieler preußiſchen Kapita- 1* *) Ob überhaupt der Vortheil, den Regierungen vermittelſt
der Zinsherabſetzung ihrer Staatspapiere an der Verminderung ihrer Ausgaben erlangen, nicht gänzlich durch den Schaden ver- nichtet wird, daß dadurch die Kapitalien ihrer Unterthanen mehr den Obligationen anderer Länder und unſicheren Projecten zuge- führt werden, — ſcheint noch nirgends vollkommen erwogen wor- den zu ſein. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0009" n="[3]"/> <div n="1"> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie ſorgloſe Behaglichkeit vieler preußiſchen Kapita-<lb/> liſten, welche ihr Vermögen lange Jahre hindurch in<lb/> Pfandbriefe und Staatsſchuldſcheine bei einem mäßi-<lb/> gen, aber ſicheren Genuß von 4 Procent Zinſen an-<lb/> gelegt hatten, wurde plötzlich dadurch geſtört, daß der<lb/> Zinsfuß gedachter Papiere auf 3½ Procent herabgeſetzt<lb/> ward, was bei den Pfandbriefen und landſchaftlichen<lb/> Obligationen in den Jahren 1836, 1838 und 39, und<lb/> dann auch bei den Staatsſchuldſcheinen zu Anfang des<lb/> Jahres 1842 geſchah <note place="foot" n="*)">Ob überhaupt der Vortheil, den Regierungen vermittelſt<lb/> der Zinsherabſetzung ihrer Staatspapiere an der Verminderung<lb/> ihrer Ausgaben erlangen, nicht gänzlich durch den Schaden ver-<lb/> nichtet wird, daß dadurch die Kapitalien ihrer Unterthanen mehr<lb/> den Obligationen anderer Länder und unſicheren Projecten zuge-<lb/> führt werden, — ſcheint noch nirgends vollkommen erwogen wor-<lb/> den zu ſein.</note>. Sie wurden in Folge deſſen<lb/> gezwungen, ſich nach einer beſſeren Unterbringung ihrer<lb/> Gelder umzuſehen und auf dieſe Weiſe genöthigt, zu-<lb/> nächſt größere Summen als bisher theils zum Ankauf<lb/> auswärtiger, mindeſtens 4 Prozent Zinſen tragender<lb/> Staatspapiere, theils zu hypothekariſcher Anlegung,<lb/> theils aber auch zu Bau-Spekulationen, wobei es<lb/> nicht an Vorſpieglungen hoher Erträgniſſe fehlte, zu<lb/> verwenden. Um dieſe Zeit war in Preußen nur eine<lb/> Eiſenbahn, und zwar ſeine kleinſte, die <hi rendition="#g">Berlin-Pots-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">1*</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [[3]/0009]
Die ſorgloſe Behaglichkeit vieler preußiſchen Kapita-
liſten, welche ihr Vermögen lange Jahre hindurch in
Pfandbriefe und Staatsſchuldſcheine bei einem mäßi-
gen, aber ſicheren Genuß von 4 Procent Zinſen an-
gelegt hatten, wurde plötzlich dadurch geſtört, daß der
Zinsfuß gedachter Papiere auf 3½ Procent herabgeſetzt
ward, was bei den Pfandbriefen und landſchaftlichen
Obligationen in den Jahren 1836, 1838 und 39, und
dann auch bei den Staatsſchuldſcheinen zu Anfang des
Jahres 1842 geſchah *). Sie wurden in Folge deſſen
gezwungen, ſich nach einer beſſeren Unterbringung ihrer
Gelder umzuſehen und auf dieſe Weiſe genöthigt, zu-
nächſt größere Summen als bisher theils zum Ankauf
auswärtiger, mindeſtens 4 Prozent Zinſen tragender
Staatspapiere, theils zu hypothekariſcher Anlegung,
theils aber auch zu Bau-Spekulationen, wobei es
nicht an Vorſpieglungen hoher Erträgniſſe fehlte, zu
verwenden. Um dieſe Zeit war in Preußen nur eine
Eiſenbahn, und zwar ſeine kleinſte, die Berlin-Pots-
1*
*) Ob überhaupt der Vortheil, den Regierungen vermittelſt
der Zinsherabſetzung ihrer Staatspapiere an der Verminderung
ihrer Ausgaben erlangen, nicht gänzlich durch den Schaden ver-
nichtet wird, daß dadurch die Kapitalien ihrer Unterthanen mehr
den Obligationen anderer Länder und unſicheren Projecten zuge-
führt werden, — ſcheint noch nirgends vollkommen erwogen wor-
den zu ſein.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |