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Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844.

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die Furcht, es werde das zeither beobachtete
Verfahren sowohl den ferneren Bau der

commerce and navigation gethan. Er erwähnt der gewiß
nicht unbedeutenden Dividende der Liverpool-Manchester Bahn
von 81/2 Procent (später stieg sie auf 10 Procent) und fährt fort:
"Diese Thatsache ist wahrlich nicht besonders geeig-
net, die schwindelnden Berechnungen der jetzt
(und das
war schon 1834!) von allen Seiten auftauchenden Ei-
senbahn-Projekte zu rechtfertigen.
" -- Wir dürfen end-
lich noch eine Behauptung des Herrn Egen nicht unberührt las-
sen. Nachdem er, wie oben gedacht, von den gewonnenen Sum-
men richtig 51/4 Millionen Thaler Preußen zugetheilt, sagt er:
"Da ein großer Theil dieses Gewinnes der Berliner
Börse und ihren Geschäftsfreunden
zugegangen ist, so er-
klärt sich hieraus zur Genüge ihre Vorliebe für Geschäfte in Ei-
senbahn-Aktien, die man mit großem Unrechte mit dem Namen
Börsen-Schwindelei bezeichnet hat." Ach, wo sind doch diese
goldnen Berge der Berliner Börse zu erblicken! Obgleich wir seit
Jahr und Tag den Schauplatz jener "Vorliebe" besucht, sind uns
die gewonnenen Millionen nirgends zu Gesichte gekommen. Wir
müssen glauben, wenn wir die Berliner Kaufherren danach fragen
wollten, von jedem derselben die freilich betrübende Antwort zu
erhalten, er sei (wie der Poet in Schillers "Theilung der Erde")
bei der von Herrn Egen erzählten Goldvertheilung zu spät er-
schienen.
Wohl heißt es zu Zeiten an der Börse, besonders
wenn die Spekulationswuth ihr Spiel treibt, daß viele Tausende
von All' und Jedem gewonnen seien; erkundigt man sich
dann, wer denn die errungenen Summen verloren habe, so
fehlt der genügende Bescheid, man hilft sich mit Ausflüchten;
hier, daß der eine große Gewinn aus anderseitigen einzelnen klei-
neren, dem Betheiligten wenig fühlbaren Verlusten entstanden
sei; dort, daß ein neuer Spekulant selbst bei dem höheren, also
für andre schon gewinnbringenden Kaufpreise noch zu dem be-
treffenden Papiere Vertrauen habe, u. dergl. m. Das Räthsel
aber, daß, wo Großes gewonnen wird, nicht auch Großes verlo-

die Furcht, es werde das zeither beobachtete
Verfahren ſowohl den ferneren Bau der

commerce and navigation gethan. Er erwähnt der gewiß
nicht unbedeutenden Dividende der Liverpool-Mancheſter Bahn
von 8½ Procent (ſpäter ſtieg ſie auf 10 Procent) und fährt fort:
Dieſe Thatſache iſt wahrlich nicht beſonders geeig-
net, die ſchwindelnden Berechnungen der jetzt
(und das
war ſchon 1834!) von allen Seiten auftauchenden Ei-
ſenbahn-Projekte zu rechtfertigen.
‟ — Wir dürfen end-
lich noch eine Behauptung des Herrn Egen nicht unberührt laſ-
ſen. Nachdem er, wie oben gedacht, von den gewonnenen Sum-
men richtig 5¼ Millionen Thaler Preußen zugetheilt, ſagt er:
Da ein großer Theil dieſes Gewinnes der Berliner
Börſe und ihren Geſchäftsfreunden
zugegangen iſt, ſo er-
klärt ſich hieraus zur Genüge ihre Vorliebe für Geſchäfte in Ei-
ſenbahn-Aktien, die man mit großem Unrechte mit dem Namen
Börſen-Schwindelei bezeichnet hat.‟ Ach, wo ſind doch dieſe
goldnen Berge der Berliner Börſe zu erblicken! Obgleich wir ſeit
Jahr und Tag den Schauplatz jener „Vorliebe‟ beſucht, ſind uns
die gewonnenen Millionen nirgends zu Geſichte gekommen. Wir
müſſen glauben, wenn wir die Berliner Kaufherren danach fragen
wollten, von jedem derſelben die freilich betrübende Antwort zu
erhalten, er ſei (wie der Poet in Schillers „Theilung der Erde‟)
bei der von Herrn Egen erzählten Goldvertheilung zu ſpät er-
ſchienen.
Wohl heißt es zu Zeiten an der Börſe, beſonders
wenn die Spekulationswuth ihr Spiel treibt, daß viele Tauſende
von All’ und Jedem gewonnen ſeien; erkundigt man ſich
dann, wer denn die errungenen Summen verloren habe, ſo
fehlt der genügende Beſcheid, man hilft ſich mit Ausflüchten;
hier, daß der eine große Gewinn aus anderſeitigen einzelnen klei-
neren, dem Betheiligten wenig fühlbaren Verluſten entſtanden
ſei; dort, daß ein neuer Spekulant ſelbſt bei dem höheren, alſo
für andre ſchon gewinnbringenden Kaufpreiſe noch zu dem be-
treffenden Papiere Vertrauen habe, u. dergl. m. Das Räthſel
aber, daß, wo Großes gewonnen wird, nicht auch Großes verlo-
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[48/0054] die Furcht, es werde das zeither beobachtete Verfahren ſowohl den ferneren Bau der *) *) commerce and navigation gethan. Er erwähnt der gewiß nicht unbedeutenden Dividende der Liverpool-Mancheſter Bahn von 8½ Procent (ſpäter ſtieg ſie auf 10 Procent) und fährt fort: „Dieſe Thatſache iſt wahrlich nicht beſonders geeig- net, die ſchwindelnden Berechnungen der jetzt (und das war ſchon 1834!) von allen Seiten auftauchenden Ei- ſenbahn-Projekte zu rechtfertigen.‟ — Wir dürfen end- lich noch eine Behauptung des Herrn Egen nicht unberührt laſ- ſen. Nachdem er, wie oben gedacht, von den gewonnenen Sum- men richtig 5¼ Millionen Thaler Preußen zugetheilt, ſagt er: „Da ein großer Theil dieſes Gewinnes der Berliner Börſe und ihren Geſchäftsfreunden zugegangen iſt, ſo er- klärt ſich hieraus zur Genüge ihre Vorliebe für Geſchäfte in Ei- ſenbahn-Aktien, die man mit großem Unrechte mit dem Namen Börſen-Schwindelei bezeichnet hat.‟ Ach, wo ſind doch dieſe goldnen Berge der Berliner Börſe zu erblicken! Obgleich wir ſeit Jahr und Tag den Schauplatz jener „Vorliebe‟ beſucht, ſind uns die gewonnenen Millionen nirgends zu Geſichte gekommen. Wir müſſen glauben, wenn wir die Berliner Kaufherren danach fragen wollten, von jedem derſelben die freilich betrübende Antwort zu erhalten, er ſei (wie der Poet in Schillers „Theilung der Erde‟) bei der von Herrn Egen erzählten Goldvertheilung zu ſpät er- ſchienen. Wohl heißt es zu Zeiten an der Börſe, beſonders wenn die Spekulationswuth ihr Spiel treibt, daß viele Tauſende von All’ und Jedem gewonnen ſeien; erkundigt man ſich dann, wer denn die errungenen Summen verloren habe, ſo fehlt der genügende Beſcheid, man hilft ſich mit Ausflüchten; hier, daß der eine große Gewinn aus anderſeitigen einzelnen klei- neren, dem Betheiligten wenig fühlbaren Verluſten entſtanden ſei; dort, daß ein neuer Spekulant ſelbſt bei dem höheren, alſo für andre ſchon gewinnbringenden Kaufpreiſe noch zu dem be- treffenden Papiere Vertrauen habe, u. dergl. m. Das Räthſel aber, daß, wo Großes gewonnen wird, nicht auch Großes verlo-

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Zitationshilfe: Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lesser_boerse_1844/54>, abgerufen am 24.11.2024.