Lesser, Ludwig: Zur Geschichte der Berliner Börse und des Eisenbahnaktien-Handels. Berlin, 1844.man bei der einstweilen höchstens 10 Procent betra- man bei der einſtweilen höchſtens 10 Procent betra- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0019" n="13"/> man bei der einſtweilen höchſtens 10 Procent betra-<lb/> genden Einzahlung, größerer Geldmittel dazu bedürfe,<lb/> man demnach bei nur geringer Gefahr anſehnliche<lb/> Summen verdienen könne, wenn, was unausbleiblich<lb/> wäre, der Cours jener Quittungsbogen ſtiege. Bald<lb/> ließen ſich überall abſichtlich nur Erzählungen von be-<lb/> deutenden Gewinnen an Aktien hören, bald ging es<lb/> von Mund zu Munde, wie Der und Jener bereits in<lb/> Quittungsbogen gute Geſchäfte gemacht habe; die<lb/> Courſe derſelben ſtiegen plötzlich um 2—5 Procente;<lb/> und nun durchbrach die ſtürmende Fluth des Publi-<lb/> kums den ſchmalen Damm, der ſie noch von dem ver-<lb/> führeriſchen Jrrgarten der Agiotage und des Aktien-<lb/> ſchwindels getrennt hatte. <hi rendition="#g">Jeder</hi> wollte die geprieſenen<lb/> goldnen Aepfel pflücken, <hi rendition="#g">Jeder</hi> Antheil haben an dem<lb/> ſelig berauſchenden — wenn auch giftähnlichen —<lb/> Opiumtrank, der ihm dort von freundlich lockenden<lb/> Händen gereicht wurde. Tauſende widerſtanden nicht<lb/> länger dem Gelüſte, dem dort, wie es ſchien ſogar ge-<lb/> ſetzlich errichteten Glückstempel ihr Opfer darzubringen,<lb/> Anfangs ihr klingendes Geld, ſpäter nur den einfachen<lb/> Federzug ihrer Unterſchriſt, womit Viele ihre <hi rendition="#g">Ehre,</hi><lb/> Viele aber freilich — <hi rendition="#g">nichts</hi> aufs Spiel ſetzten, da<lb/> ſie in jeder Hinſicht nichts zu verlieren hatten. Hier<lb/> zogen Kaufleute einen großen Theil ihrer bis jetzt an-<lb/> deren ſicheren Geſchäften gewidmeten Kapitalien her-<lb/> aus und ſpekulirten damit in Quittungsbogen; dort<lb/> gaben Waarenhändler ihr Geſchäft, das ſie und ihre<lb/> Familien wohl ernährte, gänzlich auf und ſpekulirten<lb/> in Quittungsbogen. Doctoren, Gelehrte, Beamte,<lb/> Gutsbeſitzer, Offiziere, Fabrikanten, Handwerker, Alles<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0019]
man bei der einſtweilen höchſtens 10 Procent betra-
genden Einzahlung, größerer Geldmittel dazu bedürfe,
man demnach bei nur geringer Gefahr anſehnliche
Summen verdienen könne, wenn, was unausbleiblich
wäre, der Cours jener Quittungsbogen ſtiege. Bald
ließen ſich überall abſichtlich nur Erzählungen von be-
deutenden Gewinnen an Aktien hören, bald ging es
von Mund zu Munde, wie Der und Jener bereits in
Quittungsbogen gute Geſchäfte gemacht habe; die
Courſe derſelben ſtiegen plötzlich um 2—5 Procente;
und nun durchbrach die ſtürmende Fluth des Publi-
kums den ſchmalen Damm, der ſie noch von dem ver-
führeriſchen Jrrgarten der Agiotage und des Aktien-
ſchwindels getrennt hatte. Jeder wollte die geprieſenen
goldnen Aepfel pflücken, Jeder Antheil haben an dem
ſelig berauſchenden — wenn auch giftähnlichen —
Opiumtrank, der ihm dort von freundlich lockenden
Händen gereicht wurde. Tauſende widerſtanden nicht
länger dem Gelüſte, dem dort, wie es ſchien ſogar ge-
ſetzlich errichteten Glückstempel ihr Opfer darzubringen,
Anfangs ihr klingendes Geld, ſpäter nur den einfachen
Federzug ihrer Unterſchriſt, womit Viele ihre Ehre,
Viele aber freilich — nichts aufs Spiel ſetzten, da
ſie in jeder Hinſicht nichts zu verlieren hatten. Hier
zogen Kaufleute einen großen Theil ihrer bis jetzt an-
deren ſicheren Geſchäften gewidmeten Kapitalien her-
aus und ſpekulirten damit in Quittungsbogen; dort
gaben Waarenhändler ihr Geſchäft, das ſie und ihre
Familien wohl ernährte, gänzlich auf und ſpekulirten
in Quittungsbogen. Doctoren, Gelehrte, Beamte,
Gutsbeſitzer, Offiziere, Fabrikanten, Handwerker, Alles
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