Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Düval, und denn gefällt mir die Wirth-
schaft mit dem Grafen gar nicht, und daß
die Gräfin sie nun gar ins Haus genom-
men hat, aber alles das -- verschlägt
doch nichts, ich kann mir die Narrheit
nicht aus dem Kopf bringen.
Stolzius. Schreibt denn der Despor-
tes gar nicht mehr?
Mary. Ey freylich schreibt er. Sein
Vater hat ihn neulich wollen zu einer
Heurath zwingen, und ihn vierzehn Tage
bey Wasser und Brod eingesperrt -- --
(sich an den Kopf schlagend) Und wenn ich noch
so denke, wie sie neulich im Mondschein
mit mir spatzieren gieng, und mir ihre
Noth klagte, wie sie manchmal mitten in
der Nacht aufspränge, wenn ihr die
schwermüthigen Gedanken einkämen, und
nach einem Messer suchte.
Stolzius (zittert.)
Mary. Jch fragte, ob sie mich auch
liebte. Sie sagte, sie liebte mich zärtli-
cher, als alle ihre Freunde und Verwand-
ten, und drückte meine Hand gegen ihre
Brust.
Stolzius
F 5


Duͤval, und denn gefaͤllt mir die Wirth-
ſchaft mit dem Grafen gar nicht, und daß
die Graͤfin ſie nun gar ins Haus genom-
men hat, aber alles das — verſchlaͤgt
doch nichts, ich kann mir die Narrheit
nicht aus dem Kopf bringen.
Stolzius. Schreibt denn der Despor-
tes gar nicht mehr?
Mary. Ey freylich ſchreibt er. Sein
Vater hat ihn neulich wollen zu einer
Heurath zwingen, und ihn vierzehn Tage
bey Waſſer und Brod eingeſperrt — —
(ſich an den Kopf ſchlagend) Und wenn ich noch
ſo denke, wie ſie neulich im Mondſchein
mit mir ſpatzieren gieng, und mir ihre
Noth klagte, wie ſie manchmal mitten in
der Nacht aufſpraͤnge, wenn ihr die
ſchwermuͤthigen Gedanken einkaͤmen, und
nach einem Meſſer ſuchte.
Stolzius (zittert.)
Mary. Jch fragte, ob ſie mich auch
liebte. Sie ſagte, ſie liebte mich zaͤrtli-
cher, als alle ihre Freunde und Verwand-
ten, und druͤckte meine Hand gegen ihre
Bruſt.
Stolzius
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MARY">
            <p><pb facs="#f0093" n="89"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Du&#x0364;val, und denn gefa&#x0364;llt mir die Wirth-<lb/>
&#x017F;chaft mit dem Grafen gar nicht, und daß<lb/>
die Gra&#x0364;fin &#x017F;ie nun gar ins Haus genom-<lb/>
men hat, aber alles das &#x2014; ver&#x017F;chla&#x0364;gt<lb/>
doch nichts, ich kann mir die Narrheit<lb/>
nicht aus dem Kopf bringen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STO">
            <speaker>Stolzius.</speaker>
            <p>Schreibt denn der Despor-<lb/>
tes gar nicht mehr?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MARY">
            <speaker>Mary.</speaker>
            <p>Ey freylich &#x017F;chreibt er. Sein<lb/>
Vater hat ihn neulich wollen zu einer<lb/>
Heurath zwingen, und ihn vierzehn Tage<lb/>
bey Wa&#x017F;&#x017F;er und Brod einge&#x017F;perrt &#x2014; &#x2014;<lb/><stage>(<hi rendition="#fr">&#x017F;ich an den Kopf &#x017F;chlagend</hi>)</stage> Und wenn ich noch<lb/>
&#x017F;o denke, wie &#x017F;ie neulich im Mond&#x017F;chein<lb/>
mit mir &#x017F;patzieren gieng, und mir ihre<lb/>
Noth klagte, wie &#x017F;ie manchmal mitten in<lb/>
der Nacht auf&#x017F;pra&#x0364;nge, wenn ihr die<lb/>
&#x017F;chwermu&#x0364;thigen Gedanken einka&#x0364;men, und<lb/>
nach einem Me&#x017F;&#x017F;er &#x017F;uchte.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STO">
            <speaker>Stolzius</speaker>
            <stage>(<hi rendition="#fr">zittert.</hi>)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MARY">
            <speaker>Mary.</speaker>
            <p>Jch fragte, ob &#x017F;ie mich auch<lb/>
liebte. Sie &#x017F;agte, &#x017F;ie liebte mich za&#x0364;rtli-<lb/>
cher, als alle ihre Freunde und Verwand-<lb/>
ten, und dru&#x0364;ckte meine Hand gegen ihre<lb/>
Bru&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">F 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Stolzius</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0093] Duͤval, und denn gefaͤllt mir die Wirth- ſchaft mit dem Grafen gar nicht, und daß die Graͤfin ſie nun gar ins Haus genom- men hat, aber alles das — verſchlaͤgt doch nichts, ich kann mir die Narrheit nicht aus dem Kopf bringen. Stolzius. Schreibt denn der Despor- tes gar nicht mehr? Mary. Ey freylich ſchreibt er. Sein Vater hat ihn neulich wollen zu einer Heurath zwingen, und ihn vierzehn Tage bey Waſſer und Brod eingeſperrt — — (ſich an den Kopf ſchlagend) Und wenn ich noch ſo denke, wie ſie neulich im Mondſchein mit mir ſpatzieren gieng, und mir ihre Noth klagte, wie ſie manchmal mitten in der Nacht aufſpraͤnge, wenn ihr die ſchwermuͤthigen Gedanken einkaͤmen, und nach einem Meſſer ſuchte. Stolzius (zittert.) Mary. Jch fragte, ob ſie mich auch liebte. Sie ſagte, ſie liebte mich zaͤrtli- cher, als alle ihre Freunde und Verwand- ten, und druͤckte meine Hand gegen ihre Bruſt. Stolzius F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_soldaten_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_soldaten_1776/93
Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_soldaten_1776/93>, abgerufen am 22.11.2024.