Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776. Charlotte. Weis ich, denn, was du ihm schreiben willst. Marie. Daß mein Herz und -- (fängt an zu weinen, und wirft sich in den Lehnstuhl. Char- lotte sieht sie an und lacht.) Charlotte. Na, was soll ich ihm denn schreiben? Marie (schluchzend.) Schreib was du willst. Charlotte (schreibt und liest.) Daß mein Herz nicht so wankelmüthig ist, als Sie es sich vorstellen -- ists so recht? Marie (springt auf, und sieht ihr über die Schul- ter.) Ja, so ists recht, so ists recht. (sie umhalsend.) Mein altes Scharlottel, du Charlotte. Na, so laß sie mich doch ausschreiben. (Marie spatziert ein Paarmal auf und ab, dann springt sie plötzlich zu ihr, reißt ihr das Papier nnter dem Arm weg, und zerreißts in tausend Stücken.) Charlotte (in Wuth.) Na, seht doch -- ist das nicht ein Luder -- eben da ich den besten Gedanken hatte -- aber so eine Canaille ist sie. Marie. Canaille vous meme. Charlotte (droht ihr mit dem Dintenfaß.) Du -- Marie.
Charlotte. Weis ich, denn, was du ihm ſchreiben willſt. Marie. Daß mein Herz und — (faͤngt an zu weinen, und wirft ſich in den Lehnſtuhl. Char- lotte ſieht ſie an und lacht.) Charlotte. Na, was ſoll ich ihm denn ſchreiben? Marie (ſchluchzend.) Schreib was du willſt. Charlotte (ſchreibt und lieſt.) Daß mein Herz nicht ſo wankelmuͤthig iſt, als Sie es ſich vorſtellen — iſts ſo recht? Marie (ſpringt auf, und ſieht ihr uͤber die Schul- ter.) Ja, ſo iſts recht, ſo iſts recht. (ſie umhalſend.) Mein altes Scharlottel, du Charlotte. Na, ſo laß ſie mich doch ausſchreiben. (Marie ſpatziert ein Paarmal auf und ab, dann ſpringt ſie ploͤtzlich zu ihr, reißt ihr das Papier nnter dem Arm weg, und zerreißts in tauſend Stuͤcken.) Charlotte (in Wuth.) Na, ſeht doch — iſt das nicht ein Luder — eben da ich den beſten Gedanken hatte — aber ſo eine Canaille iſt ſie. Marie. Canaille vous même. Charlotte (droht ihr mit dem Dintenfaß.) Du — Marie.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0068" n="64"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charlotte.</speaker> <p>Weis ich, denn, was du<lb/> ihm ſchreiben willſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker>Marie.</speaker> <p>Daß mein Herz und —</p> <stage>(<hi rendition="#fr">faͤngt<lb/> an zu weinen, und wirft ſich in den Lehnſtuhl. Char-<lb/> lotte ſieht ſie an und lacht.</hi>)</stage> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charlotte.</speaker> <p>Na, was ſoll ich ihm denn<lb/> ſchreiben?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker>Marie</speaker> <stage>(<hi rendition="#fr">ſchluchzend.</hi>)</stage> <p>Schreib was du<lb/> willſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charlotte</speaker> <stage>(<hi rendition="#fr">ſchreibt und lieſt.</hi>)</stage> <p>Daß mein<lb/> Herz nicht ſo wankelmuͤthig iſt, als Sie<lb/> es ſich vorſtellen — iſts ſo recht?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker>Marie</speaker> <stage>(<hi rendition="#fr">ſpringt auf, und ſieht ihr uͤber die Schul-<lb/> ter.</hi>)</stage> <p>Ja, ſo iſts recht, ſo iſts recht. <stage>(<hi rendition="#fr">ſie<lb/> umhalſend.</hi>)</stage> Mein altes Scharlottel, du</p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charlotte.</speaker> <p>Na, ſo laß ſie mich doch<lb/> ausſchreiben.</p> <stage>(<hi rendition="#fr">Marie ſpatziert ein Paarmal auf<lb/> und ab, dann ſpringt ſie ploͤtzlich zu ihr, reißt ihr das<lb/> Papier nnter dem Arm weg, und zerreißts in tauſend<lb/> Stuͤcken.</hi>)</stage> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charlotte</speaker> <stage>(<hi rendition="#fr">in Wuth.</hi>)</stage> <p>Na, ſeht doch —<lb/> iſt das nicht ein Luder — eben da ich<lb/> den beſten Gedanken hatte — aber ſo<lb/> eine Canaille iſt ſie.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker>Marie.</speaker> <p> <hi rendition="#aq">Canaille vous même.</hi> </p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker>Charlotte</speaker> <stage>(<hi rendition="#fr">droht ihr mit dem Dintenfaß.</hi>)</stage><lb/> <p>Du —</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Marie.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0068]
Charlotte. Weis ich, denn, was du
ihm ſchreiben willſt.
Marie. Daß mein Herz und — (faͤngt
an zu weinen, und wirft ſich in den Lehnſtuhl. Char-
lotte ſieht ſie an und lacht.)
Charlotte. Na, was ſoll ich ihm denn
ſchreiben?
Marie (ſchluchzend.) Schreib was du
willſt.
Charlotte (ſchreibt und lieſt.) Daß mein
Herz nicht ſo wankelmuͤthig iſt, als Sie
es ſich vorſtellen — iſts ſo recht?
Marie (ſpringt auf, und ſieht ihr uͤber die Schul-
ter.) Ja, ſo iſts recht, ſo iſts recht. (ſie
umhalſend.) Mein altes Scharlottel, du
Charlotte. Na, ſo laß ſie mich doch
ausſchreiben. (Marie ſpatziert ein Paarmal auf
und ab, dann ſpringt ſie ploͤtzlich zu ihr, reißt ihr das
Papier nnter dem Arm weg, und zerreißts in tauſend
Stuͤcken.)
Charlotte (in Wuth.) Na, ſeht doch —
iſt das nicht ein Luder — eben da ich
den beſten Gedanken hatte — aber ſo
eine Canaille iſt ſie.
Marie. Canaille vous même.
Charlotte (droht ihr mit dem Dintenfaß.)
Du —
Marie.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |