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Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776.

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mit ihr gemault. Das hätt' alles noch
nichts zu sagen gehabt, aber einmal kam
ich hin, es war in den heißesten Hunds-
tagen, und sie hatte eben wegen der Hitze
nur ein dünnes, dünnes Röckgen von
Nesseltuch an, durch das ihre schönen
Beine durchschienen. So oft sie durchs
Zimmer gieng, und das Röckchen ihr so
nachflatterte -- hör, ich hätte die Se-
ligkeit drum geben mögen, die Nacht bey
ihr zu schlafen. Nun stell dir vor, zu
allem Unglück muß den Tag der Graf hin-
kommen, nun kennst du des Mädels Ei-
telkeit. Sie that wie unsinnig mit ihm,
ob nun mich zu schagriniren, oder weil
solche Mädchens gleich nicht wissen, wor-
an sie sind, wenn ein Herr von hohem
Stande sich herabläßt, Jhnen ein freund-
lich Gesicht zu weisen. (Stolzius kommt herein,
trägt vor Desportes auf, und stellt sich todtenbleich
hinter seinen Stuhl.
)
Mir giengs wie dem
überglühenden Eisen, das auf einmal kalt
wie Eis wird. (Desportes schlingt die Suppe be-
gierig in sich
)
Aller Appetit zu ihr vergieng
mir. Von der Zeit an hab' ich ihr nie
wieder


mit ihr gemault. Das haͤtt’ alles noch
nichts zu ſagen gehabt, aber einmal kam
ich hin, es war in den heißeſten Hunds-
tagen, und ſie hatte eben wegen der Hitze
nur ein duͤnnes, duͤnnes Roͤckgen von
Neſſeltuch an, durch das ihre ſchoͤnen
Beine durchſchienen. So oft ſie durchs
Zimmer gieng, und das Roͤckchen ihr ſo
nachflatterte — hoͤr, ich haͤtte die Se-
ligkeit drum geben moͤgen, die Nacht bey
ihr zu ſchlafen. Nun ſtell dir vor, zu
allem Ungluͤck muß den Tag der Graf hin-
kommen, nun kennſt du des Maͤdels Ei-
telkeit. Sie that wie unſinnig mit ihm,
ob nun mich zu ſchagriniren, oder weil
ſolche Maͤdchens gleich nicht wiſſen, wor-
an ſie ſind, wenn ein Herr von hohem
Stande ſich herablaͤßt, Jhnen ein freund-
lich Geſicht zu weiſen. (Stolzius kommt herein,
traͤgt vor Desportes auf, und ſtellt ſich todtenbleich
hinter ſeinen Stuhl.
)
Mir giengs wie dem
uͤbergluͤhenden Eiſen, das auf einmal kalt
wie Eis wird. (Desportes ſchlingt die Suppe be-
gierig in ſich
)
Aller Appetit zu ihr vergieng
mir. Von der Zeit an hab’ ich ihr nie
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[111/0115] mit ihr gemault. Das haͤtt’ alles noch nichts zu ſagen gehabt, aber einmal kam ich hin, es war in den heißeſten Hunds- tagen, und ſie hatte eben wegen der Hitze nur ein duͤnnes, duͤnnes Roͤckgen von Neſſeltuch an, durch das ihre ſchoͤnen Beine durchſchienen. So oft ſie durchs Zimmer gieng, und das Roͤckchen ihr ſo nachflatterte — hoͤr, ich haͤtte die Se- ligkeit drum geben moͤgen, die Nacht bey ihr zu ſchlafen. Nun ſtell dir vor, zu allem Ungluͤck muß den Tag der Graf hin- kommen, nun kennſt du des Maͤdels Ei- telkeit. Sie that wie unſinnig mit ihm, ob nun mich zu ſchagriniren, oder weil ſolche Maͤdchens gleich nicht wiſſen, wor- an ſie ſind, wenn ein Herr von hohem Stande ſich herablaͤßt, Jhnen ein freund- lich Geſicht zu weiſen. (Stolzius kommt herein, traͤgt vor Desportes auf, und ſtellt ſich todtenbleich hinter ſeinen Stuhl.) Mir giengs wie dem uͤbergluͤhenden Eiſen, das auf einmal kalt wie Eis wird. (Desportes ſchlingt die Suppe be- gierig in ſich) Aller Appetit zu ihr vergieng mir. Von der Zeit an hab’ ich ihr nie wieder

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Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Die Soldaten. Leipzig, 1776, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_soldaten_1776/115>, abgerufen am 23.11.2024.