Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.nig euer Vater sandte, zu wem er euch schick- te, und was der grosse Zweck eurer Gesand- schaft ist. Jhr, die Bewunderung der ganzen Welt, sollt mit dem einzigen Erben aller männlichen Vorzüge, dem unvergleichlichen Navarra sprechen, und der Handel betrift nichts geringers als Aquitanien, die Mitga- be einer Königin. Seyd nun so verschwen- derisch mit all euren Annehmlichkeiten, als die Natur war, da sie euch schuf, als sie die ganze sichtbare Welt davon zu entblössen schien, um euch auszuschmücken. Prinzeßin. Guter Lord Bojet, so ge- ring meine Schönheit ist, so braucht sie die Schnörkel eures Lobes nicht, Schönheit wird gekauft nach dem Urtheil des Auges, nicht nach dem marktschreyerischen Ausruf der Kaufleute. Jch bin sicher weniger stolz, wenn ihr meine Schönheit erhebt, auf meine Schönheit, als ihr auf den Witz, den ihr bey der Gelegenheit könnt sehen lassen. Zur Sa- che, Bojet, der allverbreitende Ruf trug uns entgegen, Navarra hab ein Gelübd gethan, bevor drey Jahr unter mühsamen Studiren verstrichen, soll kein Weibsbild sich seinem stillen Hofe nähern, also eh wir diese ver- bothenen Thore betreten, sondern wir euch aus, in Rücksicht auf eure vorzügliche Ta- lente, seine Meinung hierüber einzuziehen, und für uns um Audienz anzuhalten. Sagt ihm,
nig euer Vater ſandte, zu wem er euch ſchick- te, und was der groſſe Zweck eurer Geſand- ſchaft iſt. Jhr, die Bewunderung der ganzen Welt, ſollt mit dem einzigen Erben aller maͤnnlichen Vorzuͤge, dem unvergleichlichen Navarra ſprechen, und der Handel betrift nichts geringers als Aquitanien, die Mitga- be einer Koͤnigin. Seyd nun ſo verſchwen- deriſch mit all euren Annehmlichkeiten, als die Natur war, da ſie euch ſchuf, als ſie die ganze ſichtbare Welt davon zu entbloͤſſen ſchien, um euch auszuſchmuͤcken. Prinzeßin. Guter Lord Bojet, ſo ge- ring meine Schoͤnheit iſt, ſo braucht ſie die Schnoͤrkel eures Lobes nicht, Schoͤnheit wird gekauft nach dem Urtheil des Auges, nicht nach dem marktſchreyeriſchen Ausruf der Kaufleute. Jch bin ſicher weniger ſtolz, wenn ihr meine Schoͤnheit erhebt, auf meine Schoͤnheit, als ihr auf den Witz, den ihr bey der Gelegenheit koͤnnt ſehen laſſen. Zur Sa- che, Bojet, der allverbreitende Ruf trug uns entgegen, Navarra hab ein Geluͤbd gethan, bevor drey Jahr unter muͤhſamen Studiren verſtrichen, ſoll kein Weibsbild ſich ſeinem ſtillen Hofe naͤhern, alſo eh wir dieſe ver- bothenen Thore betreten, ſondern wir euch aus, in Ruͤckſicht auf eure vorzuͤgliche Ta- lente, ſeine Meinung hieruͤber einzuziehen, und fuͤr uns um Audienz anzuhalten. Sagt ihm,
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te, und was der groſſe Zweck eurer Geſand-
ſchaft iſt. Jhr, die Bewunderung der ganzen
Welt, ſollt mit dem einzigen Erben aller
maͤnnlichen Vorzuͤge, dem unvergleichlichen
Navarra ſprechen, und der Handel betrift
nichts geringers als Aquitanien, die Mitga-
be einer Koͤnigin. Seyd nun ſo verſchwen-
deriſch mit all euren Annehmlichkeiten, als die
Natur war, da ſie euch ſchuf, als ſie die
ganze ſichtbare Welt davon zu entbloͤſſen ſchien,
um euch auszuſchmuͤcken.
Prinzeßin. Guter Lord Bojet, ſo ge-
ring meine Schoͤnheit iſt, ſo braucht ſie die
Schnoͤrkel eures Lobes nicht, Schoͤnheit
wird gekauft nach dem Urtheil des Auges,
nicht nach dem marktſchreyeriſchen Ausruf
der Kaufleute. Jch bin ſicher weniger ſtolz,
wenn ihr meine Schoͤnheit erhebt, auf meine
Schoͤnheit, als ihr auf den Witz, den ihr bey
der Gelegenheit koͤnnt ſehen laſſen. Zur Sa-
che, Bojet, der allverbreitende Ruf trug uns
entgegen, Navarra hab ein Geluͤbd gethan,
bevor drey Jahr unter muͤhſamen Studiren
verſtrichen, ſoll kein Weibsbild ſich ſeinem
ſtillen Hofe naͤhern, alſo eh wir dieſe ver-
bothenen Thore betreten, ſondern wir euch
aus, in Ruͤckſicht auf eure vorzuͤgliche Ta-
lente, ſeine Meinung hieruͤber einzuziehen,
und fuͤr uns um Audienz anzuhalten. Sagt
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