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Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

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König. Die Tugend eures Auges brach
meinen Schwur.
Prinzes. Beschimpft die Tugend nicht
so, sie wird nie einen Mann bewegen auch
nur sein Wort zu brechen, geschweig einen
Eid. Bey meiner jungfräulichen Ehre,
die noch so lauter ist als die unbefleckte
Lilie, für eine Welt von Martern würd
ich mich nicht bewegen lassen, in euren
Hof einzukehren, so sehr verabscheue ich,
Ursache eines Eidbruchs zu werden.
König. Jhr lebet hier zu sehr in
Dunkelheit, ungesehn, unbesucht, unge-
feyert, es ist meine Schande.
Prinzes. O nein, mein Herr! ich ver-
sichere euch, wir haben hier mancherley
Zeitkürzungen. Eben hat uns ein ganzer
Zug Russen verlassen.
König. Russen?
Prinzes. Jn der That, rußische Stu-
tzer! sehr prächtig gekleidet.
Ros. Meine Fürstin treibt die Höflich-
keit zu weit, es waren die plumpsten Ge-
schöpfe, die ich auf dem Erdboden gesehen
habe. Hier haben sie eine ganze Stunde
gestanden, und kein einzig gescheidtes Wort
hervorbringen können. Narren möchte ich
sie nicht nennen, denn ich habe unter der
Kappe oft bessere Köpfe gefunden.
Biron.


Koͤnig. Die Tugend eures Auges brach
meinen Schwur.
Prinzeſ. Beſchimpft die Tugend nicht
ſo, ſie wird nie einen Mann bewegen auch
nur ſein Wort zu brechen, geſchweig einen
Eid. Bey meiner jungfraͤulichen Ehre,
die noch ſo lauter iſt als die unbefleckte
Lilie, fuͤr eine Welt von Martern wuͤrd
ich mich nicht bewegen laſſen, in euren
Hof einzukehren, ſo ſehr verabſcheue ich,
Urſache eines Eidbruchs zu werden.
Koͤnig. Jhr lebet hier zu ſehr in
Dunkelheit, ungeſehn, unbeſucht, unge-
feyert, es iſt meine Schande.
Prinzeſ. O nein, mein Herr! ich ver-
ſichere euch, wir haben hier mancherley
Zeitkuͤrzungen. Eben hat uns ein ganzer
Zug Ruſſen verlaſſen.
Koͤnig. Ruſſen?
Prinzeſ. Jn der That, rußiſche Stu-
tzer! ſehr praͤchtig gekleidet.
Roſ. Meine Fuͤrſtin treibt die Hoͤflich-
keit zu weit, es waren die plumpſten Ge-
ſchoͤpfe, die ich auf dem Erdboden geſehen
habe. Hier haben ſie eine ganze Stunde
geſtanden, und kein einzig geſcheidtes Wort
hervorbringen koͤnnen. Narren moͤchte ich
ſie nicht nennen, denn ich habe unter der
Kappe oft beſſere Koͤpfe gefunden.
Biron.
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[140/0146] Koͤnig. Die Tugend eures Auges brach meinen Schwur. Prinzeſ. Beſchimpft die Tugend nicht ſo, ſie wird nie einen Mann bewegen auch nur ſein Wort zu brechen, geſchweig einen Eid. Bey meiner jungfraͤulichen Ehre, die noch ſo lauter iſt als die unbefleckte Lilie, fuͤr eine Welt von Martern wuͤrd ich mich nicht bewegen laſſen, in euren Hof einzukehren, ſo ſehr verabſcheue ich, Urſache eines Eidbruchs zu werden. Koͤnig. Jhr lebet hier zu ſehr in Dunkelheit, ungeſehn, unbeſucht, unge- feyert, es iſt meine Schande. Prinzeſ. O nein, mein Herr! ich ver- ſichere euch, wir haben hier mancherley Zeitkuͤrzungen. Eben hat uns ein ganzer Zug Ruſſen verlaſſen. Koͤnig. Ruſſen? Prinzeſ. Jn der That, rußiſche Stu- tzer! ſehr praͤchtig gekleidet. Roſ. Meine Fuͤrſtin treibt die Hoͤflich- keit zu weit, es waren die plumpſten Ge- ſchoͤpfe, die ich auf dem Erdboden geſehen habe. Hier haben ſie eine ganze Stunde geſtanden, und kein einzig geſcheidtes Wort hervorbringen koͤnnen. Narren moͤchte ich ſie nicht nennen, denn ich habe unter der Kappe oft beſſere Koͤpfe gefunden. Biron.

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Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/146>, abgerufen am 24.11.2024.