Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite


schen Blümlein sowol zu riechen wuste. Die
Stärke der Nachahmung macht es noch nicht
aus, das kann der Hund und der Affe auch,
aber Jungfer! war der Brief an euch gerich-
tet?
Jakobine. Herr, ich glaube, er ist von
einem der fremden Lords.
Nath. (die Aufschrift lesend) Für die
schneeweiße Hand der schönen Rosaline.
Halt! die Unterschrift ist vom Lord Biron.
Das ist einer von den Eidgenossen unsers
guten Herzogs.
Dull. O das ist ein Braten für mich.
Der König hat verbothen an keine Lady zu
sprechen, geschweige zu schreiben, ich bin Sr.
Majestät Constabel, geh Jakobine, komm
zum Könige, gieb ihm den Brief in seine ei-
gene Hände, sag ihm, Dull der Constabel schickt
dich, geh, sag ihm, er ist nicht an dich, Co-
stard hat ihn verwechselt.
Nath. Ja geht nur in der Furcht des
Herrn, Kinder! das ist eine Felonie, geht
nur.
Holof. Weil die Verse doch so schlecht
sind, werther Herr Nathanael, he he he, frey-
lich, freylich. Jch speise heut zu Mittage bey
dem Vater einer meiner Schülerinnen, ich
will nach dem privilegio, das mir mein treuer
Fleiß an diesem subiecto giebt, euch höflichst
dort zu Gaste geladen haben und da wollen
wir
G 4


ſchen Bluͤmlein ſowol zu riechen wuſte. Die
Staͤrke der Nachahmung macht es noch nicht
aus, das kann der Hund und der Affe auch,
aber Jungfer! war der Brief an euch gerich-
tet?
Jakobine. Herr, ich glaube, er iſt von
einem der fremden Lords.
Nath. (die Aufſchrift leſend) Fuͤr die
ſchneeweiße Hand der ſchoͤnen Roſaline.
Halt! die Unterſchrift iſt vom Lord Biron.
Das iſt einer von den Eidgenoſſen unſers
guten Herzogs.
Dull. O das iſt ein Braten fuͤr mich.
Der Koͤnig hat verbothen an keine Lady zu
ſprechen, geſchweige zu ſchreiben, ich bin Sr.
Majeſtaͤt Conſtabel, geh Jakobine, komm
zum Koͤnige, gieb ihm den Brief in ſeine ei-
gene Haͤnde, ſag ihm, Dull der Conſtabel ſchickt
dich, geh, ſag ihm, er iſt nicht an dich, Co-
ſtard hat ihn verwechſelt.
Nath. Ja geht nur in der Furcht des
Herrn, Kinder! das iſt eine Felonie, geht
nur.
Holof. Weil die Verſe doch ſo ſchlecht
ſind, werther Herr Nathanael, he he he, frey-
lich, freylich. Jch ſpeiſe heut zu Mittage bey
dem Vater einer meiner Schuͤlerinnen, ich
will nach dem privilegio, das mir mein treuer
Fleiß an dieſem ſubiecto giebt, euch hoͤflichſt
dort zu Gaſte geladen haben und da wollen
wir
G 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp>
              <p><pb facs="#f0109" n="103"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;chen Blu&#x0364;mlein &#x017F;owol zu riechen wu&#x017F;te. Die<lb/>
Sta&#x0364;rke der Nachahmung macht es noch nicht<lb/>
aus, das kann der Hund und der Affe auch,<lb/>
aber Jungfer! war der Brief an euch gerich-<lb/>
tet?</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Jakobine</hi>.</speaker>
              <p>Herr, ich glaube, er i&#x017F;t von<lb/>
einem der fremden Lords.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Nath</hi>.</speaker>
              <stage>(<hi rendition="#fr">die Auf&#x017F;chrift le&#x017F;end</hi>)</stage>
              <p>Fu&#x0364;r die<lb/>
&#x017F;chneeweiße Hand der &#x017F;cho&#x0364;nen Ro&#x017F;aline.<lb/>
Halt! die Unter&#x017F;chrift i&#x017F;t vom Lord Biron.<lb/>
Das i&#x017F;t einer von den Eidgeno&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;ers<lb/>
guten Herzogs.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Dull</hi>.</speaker>
              <p>O das i&#x017F;t ein Braten fu&#x0364;r mich.<lb/>
Der Ko&#x0364;nig hat verbothen an keine Lady zu<lb/>
&#x017F;prechen, ge&#x017F;chweige zu &#x017F;chreiben, ich bin Sr.<lb/>
Maje&#x017F;ta&#x0364;t Con&#x017F;tabel, geh Jakobine, komm<lb/>
zum Ko&#x0364;nige, gieb ihm den Brief in &#x017F;eine ei-<lb/>
gene Ha&#x0364;nde, &#x017F;ag ihm, Dull der Con&#x017F;tabel &#x017F;chickt<lb/>
dich, geh, &#x017F;ag ihm, er i&#x017F;t nicht an dich, Co-<lb/>
&#x017F;tard hat ihn verwech&#x017F;elt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Nath</hi>.</speaker>
              <p>Ja geht nur in der Furcht des<lb/>
Herrn, Kinder! das i&#x017F;t eine Felonie, geht<lb/>
nur.</p>
            </sp><lb/>
            <sp>
              <speaker><hi rendition="#g">Holof</hi>.</speaker>
              <p>Weil die Ver&#x017F;e doch &#x017F;o &#x017F;chlecht<lb/>
&#x017F;ind, werther Herr Nathanael, he he he, frey-<lb/>
lich, freylich. Jch &#x017F;pei&#x017F;e heut zu Mittage bey<lb/>
dem Vater einer meiner Schu&#x0364;lerinnen, ich<lb/>
will nach dem <hi rendition="#aq">privilegio,</hi> das mir mein treuer<lb/>
Fleiß an die&#x017F;em <hi rendition="#aq">&#x017F;ubiecto</hi> giebt, euch ho&#x0364;flich&#x017F;t<lb/>
dort zu Ga&#x017F;te geladen haben und da wollen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 4</fw><fw place="bottom" type="catch">wir</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0109] ſchen Bluͤmlein ſowol zu riechen wuſte. Die Staͤrke der Nachahmung macht es noch nicht aus, das kann der Hund und der Affe auch, aber Jungfer! war der Brief an euch gerich- tet? Jakobine. Herr, ich glaube, er iſt von einem der fremden Lords. Nath. (die Aufſchrift leſend) Fuͤr die ſchneeweiße Hand der ſchoͤnen Roſaline. Halt! die Unterſchrift iſt vom Lord Biron. Das iſt einer von den Eidgenoſſen unſers guten Herzogs. Dull. O das iſt ein Braten fuͤr mich. Der Koͤnig hat verbothen an keine Lady zu ſprechen, geſchweige zu ſchreiben, ich bin Sr. Majeſtaͤt Conſtabel, geh Jakobine, komm zum Koͤnige, gieb ihm den Brief in ſeine ei- gene Haͤnde, ſag ihm, Dull der Conſtabel ſchickt dich, geh, ſag ihm, er iſt nicht an dich, Co- ſtard hat ihn verwechſelt. Nath. Ja geht nur in der Furcht des Herrn, Kinder! das iſt eine Felonie, geht nur. Holof. Weil die Verſe doch ſo ſchlecht ſind, werther Herr Nathanael, he he he, frey- lich, freylich. Jch ſpeiſe heut zu Mittage bey dem Vater einer meiner Schuͤlerinnen, ich will nach dem privilegio, das mir mein treuer Fleiß an dieſem ſubiecto giebt, euch hoͤflichſt dort zu Gaſte geladen haben und da wollen wir G 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/109
Zitationshilfe: Lenz, Jakob Michael Reinhold: Anmerkungen übers Theater, nebst angehängten übersetzten Stück Shakespears. Leipzig, 1774, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenz_anmerkungen_1774/109>, abgerufen am 24.11.2024.