Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Weiche Provencalenlieder Tönen aus den rauhen Kehlen, Und sie schweben durch die Runde Schwankend, wie verirrte Seelen. Doch den Einen von den Wachen Seine Kameraden schelten, Denn er schweigt bei ihrem Jubel, Hebt auch seinen Becher selten. Klärchens Vetter Heinrich ist es, Den des Mädchens Flehn bewogen, Daß der Krieger auf des Kerkers Prevotalwacht ist gezogen. -- Schweigend blicken nun die Freunde Durch des Kerkers Fenstergitter, Nächtlich kommt heraufgezogen Dort vom Westen ein Gewitter. Und die freien Wetterwolken
Ziehen rasch vorbei und schneiden Finstre, höhnische Gesichter In den Kerker auf die beiden. Weiche Provencalenlieder Toͤnen aus den rauhen Kehlen, Und ſie ſchweben durch die Runde Schwankend, wie verirrte Seelen. Doch den Einen von den Wachen Seine Kameraden ſchelten, Denn er ſchweigt bei ihrem Jubel, Hebt auch ſeinen Becher ſelten. Klaͤrchens Vetter Heinrich iſt es, Den des Maͤdchens Flehn bewogen, Daß der Krieger auf des Kerkers Prevotalwacht iſt gezogen. — Schweigend blicken nun die Freunde Durch des Kerkers Fenſtergitter, Naͤchtlich kommt heraufgezogen Dort vom Weſten ein Gewitter. Und die freien Wetterwolken
Ziehen raſch vorbei und ſchneiden Finſtre, hoͤhniſche Geſichter In den Kerker auf die beiden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0260" n="246"/> <lg n="5"> <l>Weiche Provencalenlieder</l><lb/> <l>Toͤnen aus den rauhen Kehlen,</l><lb/> <l>Und ſie ſchweben durch die Runde</l><lb/> <l>Schwankend, wie verirrte Seelen.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Doch den Einen von den Wachen</l><lb/> <l>Seine Kameraden ſchelten,</l><lb/> <l>Denn er ſchweigt bei ihrem Jubel,</l><lb/> <l>Hebt auch ſeinen Becher ſelten.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Klaͤrchens Vetter Heinrich iſt es,</l><lb/> <l>Den des Maͤdchens Flehn bewogen,</l><lb/> <l>Daß der Krieger auf des Kerkers</l><lb/> <l>Prevotalwacht iſt gezogen. —</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Schweigend blicken nun die Freunde</l><lb/> <l>Durch des Kerkers Fenſtergitter,</l><lb/> <l>Naͤchtlich kommt heraufgezogen</l><lb/> <l>Dort vom Weſten ein Gewitter.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Und die freien Wetterwolken</l><lb/> <l>Ziehen raſch vorbei und ſchneiden</l><lb/> <l>Finſtre, hoͤhniſche Geſichter</l><lb/> <l>In den Kerker auf die beiden.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [246/0260]
Weiche Provencalenlieder
Toͤnen aus den rauhen Kehlen,
Und ſie ſchweben durch die Runde
Schwankend, wie verirrte Seelen.
Doch den Einen von den Wachen
Seine Kameraden ſchelten,
Denn er ſchweigt bei ihrem Jubel,
Hebt auch ſeinen Becher ſelten.
Klaͤrchens Vetter Heinrich iſt es,
Den des Maͤdchens Flehn bewogen,
Daß der Krieger auf des Kerkers
Prevotalwacht iſt gezogen. —
Schweigend blicken nun die Freunde
Durch des Kerkers Fenſtergitter,
Naͤchtlich kommt heraufgezogen
Dort vom Weſten ein Gewitter.
Und die freien Wetterwolken
Ziehen raſch vorbei und ſchneiden
Finſtre, hoͤhniſche Geſichter
In den Kerker auf die beiden.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/260>, abgerufen am 16.02.2025. |