Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Der feile Dichter. Die Muse muß zur Metze sich erniedern, Der Dichter sendet sie zum Mäcenaten, Und, frechgeschürzt, mit schaugestellten Gliedern, Der Göttlichkeit vergessend, tief entrathen, Umtanzt sie ihn mit schnöden Schmeichelliedern, Liebäugelnd mit den blinkenden Ducaten. Sie muß den Gott in ihm zum Schlaf bethören, Das Thier zur wilden Gluth und Flamm' empören. Der geldgierige Pfaffe. Der Pfaffe weiß mit Dampf, Gesang und Glocken, Mit Mummerei, Geberd' und schlauem Segen Den Pöbel zum Guckkasten hinzulocken, Worin sich Höll' und Himmel bunt bewegen. Derweil, entzückt, der Pöbel, und erschrocken Ans Wunderloch nun thut das Auge legen, Umschleichet ihn der Pfaffe, aus den Taschen Die schweißgetränkten Kreuzer ihm zu haschen. Der feile Dichter. Die Muſe muß zur Metze ſich erniedern‚ Der Dichter ſendet ſie zum Maͤcenaten, Und, frechgeſchuͤrzt, mit ſchaugeſtellten Gliedern, Der Goͤttlichkeit vergeſſend, tief entrathen‚ Umtanzt ſie ihn mit ſchnoͤden Schmeichelliedern, Liebaͤugelnd mit den blinkenden Ducaten. Sie muß den Gott in ihm zum Schlaf bethoͤren, Das Thier zur wilden Gluth und Flamm' empoͤren. Der geldgierige Pfaffe. Der Pfaffe weiß mit Dampf‚ Geſang und Glocken‚ Mit Mummerei, Geberd' und ſchlauem Segen Den Poͤbel zum Guckkaſten hinzulocken, Worin ſich Hoͤll' und Himmel bunt bewegen. Derweil, entzuͤckt, der Poͤbel, und erſchrocken Ans Wunderloch nun thut das Auge legen, Umſchleichet ihn der Pfaffe, aus den Taſchen Die ſchweißgetraͤnkten Kreuzer ihm zu haſchen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0025" n="11"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Der feile Dichter</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <l>Die Muſe muß zur Metze ſich erniedern‚</l><lb/> <l>Der Dichter ſendet ſie zum Maͤcenaten,</l><lb/> <l>Und, frechgeſchuͤrzt, mit ſchaugeſtellten Gliedern,</l><lb/> <l>Der Goͤttlichkeit vergeſſend, tief entrathen‚</l><lb/> <l>Umtanzt ſie ihn mit ſchnoͤden Schmeichelliedern,</l><lb/> <l>Liebaͤugelnd mit den blinkenden Ducaten.</l><lb/> <l>Sie muß den Gott in ihm zum Schlaf bethoͤren,</l><lb/> <l>Das Thier zur wilden Gluth und Flamm' empoͤren.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Der geldgierige Pfaffe</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <l>Der Pfaffe weiß mit Dampf‚ Geſang und Glocken‚</l><lb/> <l>Mit Mummerei, Geberd' und ſchlauem Segen</l><lb/> <l>Den Poͤbel zum Guckkaſten hinzulocken,</l><lb/> <l>Worin ſich Hoͤll' und Himmel bunt bewegen.</l><lb/> <l>Derweil, entzuͤckt, der Poͤbel, und erſchrocken</l><lb/> <l>Ans Wunderloch nun thut das Auge legen,</l><lb/> <l>Umſchleichet ihn der Pfaffe, aus den Taſchen</l><lb/> <l>Die ſchweißgetraͤnkten Kreuzer ihm zu haſchen.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0025]
Der feile Dichter.
Die Muſe muß zur Metze ſich erniedern‚
Der Dichter ſendet ſie zum Maͤcenaten,
Und, frechgeſchuͤrzt, mit ſchaugeſtellten Gliedern,
Der Goͤttlichkeit vergeſſend, tief entrathen‚
Umtanzt ſie ihn mit ſchnoͤden Schmeichelliedern,
Liebaͤugelnd mit den blinkenden Ducaten.
Sie muß den Gott in ihm zum Schlaf bethoͤren,
Das Thier zur wilden Gluth und Flamm' empoͤren.
Der geldgierige Pfaffe.
Der Pfaffe weiß mit Dampf‚ Geſang und Glocken‚
Mit Mummerei, Geberd' und ſchlauem Segen
Den Poͤbel zum Guckkaſten hinzulocken,
Worin ſich Hoͤll' und Himmel bunt bewegen.
Derweil, entzuͤckt, der Poͤbel, und erſchrocken
Ans Wunderloch nun thut das Auge legen,
Umſchleichet ihn der Pfaffe, aus den Taſchen
Die ſchweißgetraͤnkten Kreuzer ihm zu haſchen.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/25>, abgerufen am 16.02.2025. |