Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
In der Nacht.

Alles schläft, und über's Gefild der Ruhe
Wandelt leisen Schrittes dahin des Lebens
Genius; sanft schimmert vom Weltendom die
Lampe des Mondes.
Sieh! den ernsten Zügen des Gott's entringet
Holdes Lächeln sich, denn er sieht die Lieben
In des Schlafes süßer Umarmung ihrer
Qualen vergessen.
Hüll' in deine Schatten mich tief, geliebte
Linde, daß die kummergebleichte Wange,
Und die bange Thräne sein holdes Lächeln
Nimmer verscheuche!
Ach, schon dreimal sank dir die Blüth', o Linde,
Seit der Stunde, wo das Gespräch der Freunde
Von Unsterblichkeit du behorchtest, und ein
Sanftes Gesäusel
In der Nacht.

Alles ſchlaͤft, und uͤber's Gefild der Ruhe
Wandelt leiſen Schrittes dahin des Lebens
Genius; ſanft ſchimmert vom Weltendom die
Lampe des Mondes.
Sieh! den ernſten Zuͤgen des Gott's entringet
Holdes Laͤcheln ſich, denn er ſieht die Lieben
In des Schlafes ſuͤßer Umarmung ihrer
Qualen vergeſſen.
Huͤll' in deine Schatten mich tief, geliebte
Linde, daß die kummergebleichte Wange,
Und die bange Thraͤne ſein holdes Laͤcheln
Nimmer verſcheuche!
Ach, ſchon dreimal ſank dir die Bluͤth', o Linde,
Seit der Stunde, wo das Geſpraͤch der Freunde
Von Unſterblichkeit du behorchteſt, und ein
Sanftes Geſaͤuſel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0237" n="223"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">In der Nacht</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>lles &#x017F;chla&#x0364;ft, und u&#x0364;ber's Gefild der Ruhe</l><lb/>
              <l>Wandelt lei&#x017F;en Schrittes dahin des Lebens</l><lb/>
              <l>Genius; &#x017F;anft &#x017F;chimmert vom Weltendom die</l><lb/>
              <l>Lampe des Mondes.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Sieh! den ern&#x017F;ten Zu&#x0364;gen des Gott's entringet</l><lb/>
              <l>Holdes La&#x0364;cheln &#x017F;ich, denn er &#x017F;ieht die Lieben</l><lb/>
              <l>In des Schlafes &#x017F;u&#x0364;ßer Umarmung ihrer</l><lb/>
              <l>Qualen verge&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Hu&#x0364;ll' in deine Schatten mich tief, geliebte</l><lb/>
              <l>Linde, daß die kummergebleichte Wange,</l><lb/>
              <l>Und die bange Thra&#x0364;ne &#x017F;ein holdes La&#x0364;cheln</l><lb/>
              <l>Nimmer ver&#x017F;cheuche!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Ach, &#x017F;chon dreimal &#x017F;ank dir die Blu&#x0364;th', o Linde,</l><lb/>
              <l>Seit der Stunde, wo das Ge&#x017F;pra&#x0364;ch der Freunde</l><lb/>
              <l>Von Un&#x017F;terblichkeit du behorchte&#x017F;t, und ein</l><lb/>
              <l>Sanftes Ge&#x017F;a&#x0364;u&#x017F;el</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0237] In der Nacht. Alles ſchlaͤft, und uͤber's Gefild der Ruhe Wandelt leiſen Schrittes dahin des Lebens Genius; ſanft ſchimmert vom Weltendom die Lampe des Mondes. Sieh! den ernſten Zuͤgen des Gott's entringet Holdes Laͤcheln ſich, denn er ſieht die Lieben In des Schlafes ſuͤßer Umarmung ihrer Qualen vergeſſen. Huͤll' in deine Schatten mich tief, geliebte Linde, daß die kummergebleichte Wange, Und die bange Thraͤne ſein holdes Laͤcheln Nimmer verſcheuche! Ach, ſchon dreimal ſank dir die Bluͤth', o Linde, Seit der Stunde, wo das Geſpraͤch der Freunde Von Unſterblichkeit du behorchteſt, und ein Sanftes Geſaͤuſel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/237
Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/237>, abgerufen am 27.11.2024.