Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.3. Stille wird's im Walde, die lieben, kleinen Sänger prüfen schaukelnd den Ast, der durch die Nacht dem neuen Fluge sie trägt, den neuen Liedern entgegen. Bald versinkt die Sonne; des Waldes Riesen Heben höher sich in die Lüfte, um noch Mit des Abends flüchtigen Rosen sich ihr Haupt zu bekränzen. Schon verstummt die Matte, den satten Rindern Selten nur enthallt das Geglock am Halse, Und es pflückt der wählende Zahn nur läßig Dunklere Gräser. Und dort blickt der schuldlose Hirt der Sonne Sinnend nach, dem Sinnenden jezt entfallen Flöt' und Stab, es falten die Hände sich zum Stillen Gebete. 3. Stille wird's im Walde, die lieben, kleinen Saͤnger pruͤfen ſchaukelnd den Aſt, der durch die Nacht dem neuen Fluge ſie traͤgt, den neuen Liedern entgegen. Bald verſinkt die Sonne; des Waldes Rieſen Heben hoͤher ſich in die Luͤfte, um noch Mit des Abends fluͤchtigen Roſen ſich ihr Haupt zu bekraͤnzen. Schon verſtummt die Matte, den ſatten Rindern Selten nur enthallt das Geglock am Halſe, Und es pfluͤckt der waͤhlende Zahn nur laͤßig Dunklere Graͤſer. Und dort blickt der ſchuldloſe Hirt der Sonne Sinnend nach, dem Sinnenden jezt entfallen Floͤt' und Stab, es falten die Haͤnde ſich zum Stillen Gebete. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0225" n="211"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">3.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>tille wird's im Walde, die lieben, kleinen</l><lb/> <l>Saͤnger pruͤfen ſchaukelnd den Aſt, der durch die</l><lb/> <l>Nacht dem neuen Fluge ſie traͤgt, den neuen</l><lb/> <l>Liedern entgegen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Bald verſinkt die Sonne; des Waldes Rieſen</l><lb/> <l>Heben hoͤher ſich in die Luͤfte, um noch</l><lb/> <l>Mit des Abends fluͤchtigen Roſen ſich ihr</l><lb/> <l>Haupt zu bekraͤnzen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Schon verſtummt die Matte, den ſatten Rindern</l><lb/> <l>Selten nur enthallt das Geglock am Halſe,</l><lb/> <l>Und es pfluͤckt der waͤhlende Zahn nur laͤßig</l><lb/> <l>Dunklere Graͤſer.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Und dort blickt der ſchuldloſe Hirt der Sonne</l><lb/> <l>Sinnend nach, dem Sinnenden jezt entfallen</l><lb/> <l>Floͤt' und Stab, es falten die Haͤnde ſich zum</l><lb/> <l>Stillen Gebete.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0225]
3.
Stille wird's im Walde, die lieben, kleinen
Saͤnger pruͤfen ſchaukelnd den Aſt, der durch die
Nacht dem neuen Fluge ſie traͤgt, den neuen
Liedern entgegen.
Bald verſinkt die Sonne; des Waldes Rieſen
Heben hoͤher ſich in die Luͤfte, um noch
Mit des Abends fluͤchtigen Roſen ſich ihr
Haupt zu bekraͤnzen.
Schon verſtummt die Matte, den ſatten Rindern
Selten nur enthallt das Geglock am Halſe,
Und es pfluͤckt der waͤhlende Zahn nur laͤßig
Dunklere Graͤſer.
Und dort blickt der ſchuldloſe Hirt der Sonne
Sinnend nach, dem Sinnenden jezt entfallen
Floͤt' und Stab, es falten die Haͤnde ſich zum
Stillen Gebete.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/225>, abgerufen am 28.07.2024. |