Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Auch sein Mütterlein, die gute, Wandelt lächelnd auf dem Stein, Die so manches Jahr schon ruhte In dem öden Todtenschrein. Und nun sieht er unter ihnen Klar sein eignes Jugendbild, Mit den frohen Fremdlingsmienen Auf der Erde Schmerzgefild. Und er hört das laute Klopfen In des Jünglings heißer Brust, Sieht vom Aug' ihm niedertropfen Thränen, selig, unbewußt; Möchte mit dem Jüngling greinen, Daß er traut der holden Mähr; Und auch wieder bitter weinen, Daß er nicht der Jüngling mehr. -- Im Gebirge wird es dunkel,
Im Gebirge wird es Nacht, Doch des Steines hell Gefunkel Hat sich heller angefacht. Auch ſein Muͤtterlein, die gute, Wandelt laͤchelnd auf dem Stein, Die ſo manches Jahr ſchon ruhte In dem oͤden Todtenſchrein. Und nun ſieht er unter ihnen Klar ſein eignes Jugendbild, Mit den frohen Fremdlingsmienen Auf der Erde Schmerzgefild. Und er hoͤrt das laute Klopfen In des Juͤnglings heißer Bruſt, Sieht vom Aug' ihm niedertropfen Thraͤnen, ſelig, unbewußt; Moͤchte mit dem Juͤngling greinen, Daß er traut der holden Maͤhr; Und auch wieder bitter weinen, Daß er nicht der Juͤngling mehr. — Im Gebirge wird es dunkel,
Im Gebirge wird es Nacht, Doch des Steines hell Gefunkel Hat ſich heller angefacht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0106" n="92"/> <lg n="5"> <l>Auch ſein Muͤtterlein, die gute,</l><lb/> <l>Wandelt laͤchelnd auf dem Stein,</l><lb/> <l>Die ſo manches Jahr ſchon ruhte</l><lb/> <l>In dem oͤden Todtenſchrein.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Und nun ſieht er unter ihnen</l><lb/> <l>Klar ſein eignes Jugendbild,</l><lb/> <l>Mit den frohen Fremdlingsmienen</l><lb/> <l>Auf der Erde Schmerzgefild.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Und er hoͤrt das laute Klopfen</l><lb/> <l>In des Juͤnglings heißer Bruſt,</l><lb/> <l>Sieht vom Aug' ihm niedertropfen</l><lb/> <l>Thraͤnen, ſelig, unbewußt;</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Moͤchte mit dem Juͤngling greinen,</l><lb/> <l>Daß er traut der holden Maͤhr;</l><lb/> <l>Und auch wieder bitter weinen,</l><lb/> <l>Daß er nicht der Juͤngling mehr. —</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Im Gebirge wird es dunkel,</l><lb/> <l>Im Gebirge wird es Nacht,</l><lb/> <l>Doch des Steines hell Gefunkel</l><lb/> <l>Hat ſich heller angefacht.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0106]
Auch ſein Muͤtterlein, die gute,
Wandelt laͤchelnd auf dem Stein,
Die ſo manches Jahr ſchon ruhte
In dem oͤden Todtenſchrein.
Und nun ſieht er unter ihnen
Klar ſein eignes Jugendbild,
Mit den frohen Fremdlingsmienen
Auf der Erde Schmerzgefild.
Und er hoͤrt das laute Klopfen
In des Juͤnglings heißer Bruſt,
Sieht vom Aug' ihm niedertropfen
Thraͤnen, ſelig, unbewußt;
Moͤchte mit dem Juͤngling greinen,
Daß er traut der holden Maͤhr;
Und auch wieder bitter weinen,
Daß er nicht der Juͤngling mehr. —
Im Gebirge wird es dunkel,
Im Gebirge wird es Nacht,
Doch des Steines hell Gefunkel
Hat ſich heller angefacht.
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Zitationshilfe: | Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/106>, abgerufen am 23.07.2024. |