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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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Limonium majus multis, aliis Behen rubrum, J.B. Raji Hist.

Valerianae rubrae similis, Dod.

Behen rubrum officinarum, Guil.

teutsch, Wiesenkraut, vermeinter rother Behen.

Ist ein Kraut, dessen Blätter aus der Wurtzel hervor spriessen, und wie des Lapathum seine Blätter sehen, ohne, daß sie viel kleiner sind, viel glätter, wie polirt, lind und von einer frisch- und angenehmen grünen Farbe. Zwischen denenselbigen erheben sich die Stengel, eines Fusses hoch, die sind blos und dünne, zertheilen sich in einen Hauffen Zweige. Die Blüten stehen zerstreuet nach der Länge an den Stengeln, und sind mehrentheils unter sich gekehrt. Eine iedwede bestehet aus fünff Blätterlein, wie eine Nelcke, sehen bleichblau oder weißlicht, sitzen auf einem kleinen rothen Kelche, der wie ein Trichterlein formiret ist. Wann dieselbigen verfallen sind, so folgen darauf länglichte Samen, die sehen röthlicht und in etwas blau. Die Wurtzel ist dick und roth, eines anziehenden Geschmacks: sie theilet sich in einen Hauffen Köpfe. Dieses Kraut wächst an feuchten Orten, um die Moräste, in den Wiesen, bey den Brunnenquellen, und um die See: führet viel Oel und Saltz.

Es stopfet den Leib, treibt durch den Urin hinweg, und ist ein gutes Wundkraut.

Limonium kommt von leimon, pratum, Wiese, weil dieses Kraut pflegt in den Wiesen zu wachsen: oder, von der schönen grünen Farbe seiner Blätter, die den grünen Wiesen ähnlich ist.

Linamentum.

Linamentum, frantzösisch, Charpi, teutsch, Carpey, geschabte Fasen, ist altes und verschliessenes Tuch oder Leinwand, welches mit den Fingern zu wolligen Fasen gemacht wird, und linde anzufühlen ist. Das beste Carpey wird von alten, abgenutzten leinenen Tuche, welches fein sauber und weiß ist, gemachet.

Es dienet zu Wieken und Bauschen, welche gebrauchet werden die Wunden offen zu halten und zu reinigen, den Eyter und andere schädliche Feuchtigkeiten bey den Wunden zu absorbiren und auszuwischen. Es giebet seinen Titel einem Pflaster, darunter es gemischet wird: wiewol es gar nichts nicht darinne nützet, indem es alsdann keines wegs die Feuchtigkeiten an sich ziehen mag.

Linamentum kommt von linum, Lein, dieweil das Carpy von leinenem Tuche wird gemacht.

Charpi kommt von carpere, zerzupfen, zerpflucken.

Linaria.

Linaria lutea vulgaris, J.B. Raji Hist.

Linaria vulgaris lutea, flore majore, C.B. Pit. Tournef.

Linaria & Pseudolinum, Brunf. Ger. Dod.

Osyris, Matth. Fuch. Dod.

Linaria vulgaris nostras, Park.

frantzösisch, Linaire.

teutsch, Leinkraut, Flachskraut.

Ist ein Kraut, das sehr viel Stengel treibt, etwan zu anderthalben Schuh hoch, die sind rund und dünn, mit vielen länglichten und schmalen Blätterlein [Spaltenumbruch] besetzet, welche denen an der Linaria oder Esula nicht ungleich sehen, und bitter schmecken. Die Blumen wachsen auf den Spitzen seiner Stengel, sehen gelbe und vorne wie ein Maul mit zweye Backen, die etliche mahl zertheilet sind. Am untern Theile ieder dieser Blumen ist ein Sporen oder Schwantz, einer Münchskappe nicht so gar unähnlich. Wann die Blume vergangen ist, so erscheinet eine Hülse, welche fast gantz rund oder oval, und in zwey Fächlein abgetheilet ist, mit einigen Samen angefüllet; dieselbigen sind schwartz und platt, als wie mit einem gar sehr zarten Flügel eingefasset. Die Wurtzel ist lang, dünn und holtzig, hart und weiß, kriecht in der Erde herum. Dieses Kraut wächst in gebauetem und ungebauetem Lande, um die Hecken: führet viel Oel und Sal essentiale.

Es treibet den Harn, dient zur Wassersucht, zur Gelbsucht und zum Steine, auch zu verhaltenem Urin, wann es abgesotten gebrauchet wird. Es wird äusserlich auf die Blase geleget, und auf die Mastkörner, dererselben Schmertzen zu lindern.

Die Linaria sieht übrigens, und wann sie noch nicht aufgeblühet ist, der kleinen Esula so gleich, daß einer diese beyden Kräuter gar schwerlich von einander unterscheiden wird, ausser, daß die Esula, als eine Gattung des Tithymalus, voll Milch ist, dahigegen die Linaria einen grünen Saft hat: welches gemeiniglich mit dem lateinischen Verse zu verstehen gegeben wird,

Esula lactescit, sine lacte Linaria crescit.

Linaria kommt von Linum, die weil die Blätter dieses Krautes wie die am Lein aussehen.

Linaria avis.

Linaria sive AEgithus, frantzösisch, Linote, teutsch, Hänffling, ist ein kleiner Vogel, so groß als eine Meise, gemeiniglich aschfarbig und in etwas dunckel: das Männlein wird auf frantzösisch Linot genennet. Er nähret sich mit Hanff und Leinsamen, mit Kohl- und Rübsamen, mit Brod und mit Gras. Er singt gar lieblich, und lernt auch pfeiffen: im August mauset er sich. Er ist einer Kranckheit unterworffen, welche die Frantzosen subtile heissen, da sitzt er gantz betrübt und singet nicht; er sitzt gantz dutzig, der Bauch wird ihm hart, die Adern lauffen auf und werden roth, die Brust läufft auf, die Beine schwellen, werden hart und schwierig, und können ihn kaum mehr tragen. Er nistet auf den Bäumen in allen Landen: und lebet bis ins sechste Jahr.

Es giebet auch mehr andere Gattungen Hänfflinge, welche auch durch die Farben von einander unterschieden werden: sie führen alle mit einander viel flüchtig Saltz und Oel.

Sie dienen wider die fallende Seuche, wann sie gegessen, oder als wie eine Brühe zugericht, genossen werden.

[Ende Spaltensatz]
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Limonium majus multis, aliis Behen rubrum, J.B. Raji Hist.

Valerianæ rubræ similis, Dod.

Behen rubrum officinarum, Guil.

teutsch, Wiesenkraut, vermeinter rother Behen.

Ist ein Kraut, dessen Blätter aus der Wurtzel hervor spriessen, und wie des Lapathum seine Blätter sehen, ohne, daß sie viel kleiner sind, viel glätter, wie polirt, lind und von einer frisch- und angenehmen grünen Farbe. Zwischen denenselbigen erheben sich die Stengel, eines Fusses hoch, die sind blos und dünne, zertheilen sich in einen Hauffen Zweige. Die Blüten stehen zerstreuet nach der Länge an den Stengeln, und sind mehrentheils unter sich gekehrt. Eine iedwede bestehet aus fünff Blätterlein, wie eine Nelcke, sehen bleichblau oder weißlicht, sitzen auf einem kleinen rothen Kelche, der wie ein Trichterlein formiret ist. Wann dieselbigen verfallen sind, so folgen darauf länglichte Samen, die sehen röthlicht und in etwas blau. Die Wurtzel ist dick und roth, eines anziehenden Geschmacks: sie theilet sich in einen Hauffen Köpfe. Dieses Kraut wächst an feuchten Orten, um die Moräste, in den Wiesen, bey den Brunnenquellen, und um die See: führet viel Oel und Saltz.

Es stopfet den Leib, treibt durch den Urin hinweg, und ist ein gutes Wundkraut.

Limonium kommt von λειμῶν, pratum, Wiese, weil dieses Kraut pflegt in den Wiesen zu wachsen: oder, von der schönen grünen Farbe seiner Blätter, die den grünen Wiesen ähnlich ist.

Linamentum.

Linamentum, frantzösisch, Charpi, teutsch, Carpey, geschabte Fasen, ist altes und verschliessenes Tuch oder Leinwand, welches mit den Fingern zu wolligen Fasen gemacht wird, und linde anzufühlen ist. Das beste Carpey wird von alten, abgenutzten leinenen Tuche, welches fein sauber und weiß ist, gemachet.

Es dienet zu Wieken und Bauschen, welche gebrauchet werden die Wunden offen zu halten uñ zu reinigen, den Eyter und andere schädliche Feuchtigkeiten bey den Wunden zu absorbiren und auszuwischen. Es giebet seinen Titel einem Pflaster, darunter es gemischet wird: wiewol es gar nichts nicht darinne nützet, indem es alsdann keines wegs die Feuchtigkeiten an sich ziehen mag.

Linamentum kommt von linum, Lein, dieweil das Carpy von leinenem Tuche wird gemacht.

Charpi kommt von carpere, zerzupfen, zerpflucken.

Linaria.

Linaria lutea vulgaris, J.B. Raji Hist.

Linaria vulgaris lutea, flore majore, C.B. Pit. Tournef.

Linaria & Pseudolinum, Brunf. Ger. Dod.

Osyris, Matth. Fuch. Dod.

Linaria vulgaris nostras, Park.

frantzösisch, Linaire.

teutsch, Leinkraut, Flachskraut.

Ist ein Kraut, das sehr viel Stengel treibt, etwan zu anderthalben Schuh hoch, die sind rund und dünn, mit vielen länglichten und schmalen Blätterlein [Spaltenumbruch] besetzet, welche denen an der Linaria oder Esula nicht ungleich sehen, und bitter schmecken. Die Blumen wachsen auf den Spitzen seiner Stengel, sehen gelbe und vorne wie ein Maul mit zweye Backen, die etliche mahl zertheilet sind. Am untern Theile ieder dieser Blumen ist ein Sporen oder Schwantz, einer Münchskappe nicht so gar unähnlich. Wann die Blume vergangen ist, so erscheinet eine Hülse, welche fast gantz rund oder oval, und in zwey Fächlein abgetheilet ist, mit einigen Samen angefüllet; dieselbigen sind schwartz und platt, als wie mit einem gar sehr zarten Flügel eingefasset. Die Wurtzel ist lang, dünn und holtzig, hart und weiß, kriecht in der Erde herum. Dieses Kraut wächst in gebauetem und ungebauetem Lande, um die Hecken: führet viel Oel und Sal essentiale.

Es treibet den Harn, dient zur Wassersucht, zur Gelbsucht und zum Steine, auch zu verhaltenem Urin, wann es abgesotten gebrauchet wird. Es wird äusserlich auf die Blase geleget, und auf die Mastkörner, dererselben Schmertzen zu lindern.

Die Linaria sieht übrigens, und wann sie noch nicht aufgeblühet ist, der kleinen Esula so gleich, daß einer diese beyden Kräuter gar schwerlich von einander unterscheiden wird, ausser, daß die Esula, als eine Gattung des Tithymalus, voll Milch ist, dahigegen die Linaria einen grünen Saft hat: welches gemeiniglich mit dem lateinischen Verse zu verstehen gegeben wird,

Esula lactescit, sine lacte Linaria crescit.

Linaria kommt von Linum, die weil die Blätter dieses Krautes wie die am Lein aussehen.

Linaria avis.

Linaria sive Ægithus, frantzösisch, Linote, teutsch, Hänffling, ist ein kleiner Vogel, so groß als eine Meise, gemeiniglich aschfarbig und in etwas dunckel: das Männlein wird auf frantzösisch Linot genennet. Er nähret sich mit Hanff und Leinsamen, mit Kohl- und Rübsamen, mit Brod und mit Gras. Er singt gar lieblich, und lernt auch pfeiffen: im August mauset er sich. Er ist einer Kranckheit unterworffen, welche die Frantzosen subtile heissen, da sitzt er gantz betrübt und singet nicht; er sitzt gantz dutzig, der Bauch wird ihm hart, die Adern lauffen auf und werden roth, die Brust läufft auf, die Beine schwellen, werden hart und schwierig, und können ihn kaum mehr tragen. Er nistet auf den Bäumen in allen Landen: und lebet bis ins sechste Jahr.

Es giebet auch mehr andere Gattungen Hänfflinge, welche auch durch die Farben von einander unterschieden werden: sie führen alle mit einander viel flüchtig Saltz und Oel.

Sie dienen wider die fallende Seuche, wann sie gegessen, oder als wie eine Brühe zugericht, genossen werden.

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[0346] Limonium majus multis, aliis Behen rubrum, J.B. Raji Hist. Valerianæ rubræ similis, Dod. Behen rubrum officinarum, Guil. teutsch, Wiesenkraut, vermeinter rother Behen. Ist ein Kraut, dessen Blätter aus der Wurtzel hervor spriessen, und wie des Lapathum seine Blätter sehen, ohne, daß sie viel kleiner sind, viel glätter, wie polirt, lind und von einer frisch- und angenehmen grünen Farbe. Zwischen denenselbigen erheben sich die Stengel, eines Fusses hoch, die sind blos und dünne, zertheilen sich in einen Hauffen Zweige. Die Blüten stehen zerstreuet nach der Länge an den Stengeln, und sind mehrentheils unter sich gekehrt. Eine iedwede bestehet aus fünff Blätterlein, wie eine Nelcke, sehen bleichblau oder weißlicht, sitzen auf einem kleinen rothen Kelche, der wie ein Trichterlein formiret ist. Wann dieselbigen verfallen sind, so folgen darauf länglichte Samen, die sehen röthlicht und in etwas blau. Die Wurtzel ist dick und roth, eines anziehenden Geschmacks: sie theilet sich in einen Hauffen Köpfe. Dieses Kraut wächst an feuchten Orten, um die Moräste, in den Wiesen, bey den Brunnenquellen, und um die See: führet viel Oel und Saltz. Es stopfet den Leib, treibt durch den Urin hinweg, und ist ein gutes Wundkraut. Limonium kommt von λειμῶν, pratum, Wiese, weil dieses Kraut pflegt in den Wiesen zu wachsen: oder, von der schönen grünen Farbe seiner Blätter, die den grünen Wiesen ähnlich ist. Linamentum. Linamentum, frantzösisch, Charpi, teutsch, Carpey, geschabte Fasen, ist altes und verschliessenes Tuch oder Leinwand, welches mit den Fingern zu wolligen Fasen gemacht wird, und linde anzufühlen ist. Das beste Carpey wird von alten, abgenutzten leinenen Tuche, welches fein sauber und weiß ist, gemachet. Es dienet zu Wieken und Bauschen, welche gebrauchet werden die Wunden offen zu halten uñ zu reinigen, den Eyter und andere schädliche Feuchtigkeiten bey den Wunden zu absorbiren und auszuwischen. Es giebet seinen Titel einem Pflaster, darunter es gemischet wird: wiewol es gar nichts nicht darinne nützet, indem es alsdann keines wegs die Feuchtigkeiten an sich ziehen mag. Linamentum kommt von linum, Lein, dieweil das Carpy von leinenem Tuche wird gemacht. Charpi kommt von carpere, zerzupfen, zerpflucken. Linaria. Linaria lutea vulgaris, J.B. Raji Hist. Linaria vulgaris lutea, flore majore, C.B. Pit. Tournef. Linaria & Pseudolinum, Brunf. Ger. Dod. Osyris, Matth. Fuch. Dod. Linaria vulgaris nostras, Park. frantzösisch, Linaire. teutsch, Leinkraut, Flachskraut. 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Es treibet den Harn, dient zur Wassersucht, zur Gelbsucht und zum Steine, auch zu verhaltenem Urin, wann es abgesotten gebrauchet wird. Es wird äusserlich auf die Blase geleget, und auf die Mastkörner, dererselben Schmertzen zu lindern. Die Linaria sieht übrigens, und wann sie noch nicht aufgeblühet ist, der kleinen Esula so gleich, daß einer diese beyden Kräuter gar schwerlich von einander unterscheiden wird, ausser, daß die Esula, als eine Gattung des Tithymalus, voll Milch ist, dahigegen die Linaria einen grünen Saft hat: welches gemeiniglich mit dem lateinischen Verse zu verstehen gegeben wird, Esula lactescit, sine lacte Linaria crescit. Linaria kommt von Linum, die weil die Blätter dieses Krautes wie die am Lein aussehen. Linaria avis. Linaria sive Ægithus, frantzösisch, Linote, teutsch, Hänffling, ist ein kleiner Vogel, so groß als eine Meise, gemeiniglich aschfarbig und in etwas dunckel: das Männlein wird auf frantzösisch Linot genennet. Er nähret sich mit Hanff und Leinsamen, mit Kohl- und Rübsamen, mit Brod und mit Gras. Er singt gar lieblich, und lernt auch pfeiffen: im August mauset er sich. Er ist einer Kranckheit unterworffen, welche die Frantzosen subtile heissen, da sitzt er gantz betrübt und singet nicht; er sitzt gantz dutzig, der Bauch wird ihm hart, die Adern lauffen auf und werden roth, die Brust läufft auf, die Beine schwellen, werden hart und schwierig, und können ihn kaum mehr tragen. Er nistet auf den Bäumen in allen Landen: und lebet bis ins sechste Jahr. Es giebet auch mehr andere Gattungen Hänfflinge, welche auch durch die Farben von einander unterschieden werden: sie führen alle mit einander viel flüchtig Saltz und Oel. Sie dienen wider die fallende Seuche, wann sie gegessen, oder als wie eine Brühe zugericht, genossen werden.

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/346>, abgerufen am 22.12.2024.