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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] polirt, deren bedieneten sich die Alten an statt des Papiers. Sein Holtz ist weiß, die Blätter nicht gar breit, spitzig und am Rande ausgezackt, sehen dem Pappellaube nicht gar ungleich, sind grün, zart, glatt und von bitterem Geschmack. Die Blüten sind lange Kätzlein, als wie langer Pfeffer, und bestehen aus sehr viel Blättlein, als wie Schupen, die hängen an einem Nerven oder Stiele. Diese Kätzlein lassen keine Früchte hinter sich, sondern dieselben wachsen zwar auch auf eben demselbigen Stamme, iedoch an einem andern Orte, und sind zu Anfang kleine Aehren, mit einem Hauffen Schupen, aus denen mit der Zeit langrunde Früchte werden, von deren ihren Schupen, welche zum öftern wie ein Kleeblatt ausgezacket sind, die Samen bedecket werden, welche iedweder zwey Flügel haben. Dieser Baum wächst im Holtze an rauhen und feuchten Orten: er führet viel Oel und phlegma, nicht gar viel Sal essentiale.

Die Rinde und das Laub trocknen, eröffnen und zertheilen: er läst einen Saft gehen, der eröffnet, wann er getruncken wird.

Die Bircke wird auch Arbor sapientiae, der Baum der Weisheit genennet, dieweil er Ruthen für die Schulen giebet.

Betula kommt vielleicht von dem Britanischen Worte Bedu her, das heist auch soviel als Bouleau, eine Bircke.

Bexugo.

Bexugo del Peru, Clus.

Clematis Peruviana, C.B.

Ist eine Peruanische Wurtzel, deren Clusius in seinen Anmerckungen zum Monardes erwähnet. Sie bestehet aus lauter Rancken, und ist schier durchgehends Fingers dicke, wo sie aber am dünnesten ist, da siehet sie aus als wie die Rancken des Viburni. Sie sind mit einer aschgrauen Schale überzogen, und ihr Geschmack ist etwas schleimicht und anfangs süßlicht, hernach aber wird er scharff, macht einen spucken und brennet im Halse.

Sie wird für ein purgirend Mittel gehalten, wann sie eines Quintleins schwer eingenommen wird. Die Indianer halten sie höher, als die Mechoacanna und Purgirnüsse, wann sie sich purgiren wollen.

Bezoar.

Bezoar: der Bezoar, ist ein Stein, der aus dem Leibe unterschiedener Thiere in Indien genommen wird, und wir bekommen allerhand Arten desselbigen zu sehen: doch will ich hier nur viere beschreiben, welche zu der Artzney gebräuchlich sind.

Der erste Bezoarstein, oder welcher am gebräuchlichsten ist, wird auf lateinisch Lapis Bezoar orientalis, frantzösisch, Bezoar oriental, teutsch, der orientalische Bezoarstein genennet. Er findet sich wie Kugeln von unterschiedener Gestalt und Grösse, dann einige sind so dick wie eine Nuß, andere wie eine Muscate, andere wie [Spaltenumbruch] eine Haselnuß, oder als wie die Erbsen, etliche sind rund, etliche oval, einige platt und bucklicht. Alle sehen aussenher, glatt und gläntzend, sind dichte und linde anzufühlen, grau oder olivenfarbig. Wann man sie zerbricht, so zertheilen sie sich in Schupen oder Schalen, welche nach und nach von den saltzigten Feuchtigkeiten, die in dem Leibe des Thieres versteinert werden, sind angeleget worden, gleichwie in den Steingruben die unterschiedenen Bäncke vom Wasser, das voll Saltz stickt, sich anlegen und gantz steinern werden. Dieser Bezoar wächst an unterschiedenen Orten in dem Leibe einer ostindischen Ziege, welche Capricerva genennet wird, dieweil sie zugleich vom Hirsch und der Ziege etwas hat. Die Einwohner des Landes nenneten dieses Thier vor diesem Bezoar, daher mag auch gar leicht der Name Bezoar entstanden seyn. Dieser Stein beschliesset insgemein inwendig einen kleinen Kern, der ist noch etwas härter als die Blätter.

Es ist ein überaus geschwindes Thier, welches von Klippen zu Klippen pflegt zu springen, und sich gefährlich jagen läst, indem sichs wehret und die Indianer leicht ums Leben bringet, wann sie ihm zu sehr zusetzen. Um den Kopf siehet es als ein Bock, seine Hörner sehen sehr schwartz, und liegen ihm vest auf dem Rücken, der Leib ist mit aschgrauen und röthlichten Haar bedeckt, so jedoch viel kürtzer ist als Ziegenhaar, bey nahe als wie Hirschhaare, der Schwantz ist kurtz und stehet über sich, die Läuffte sind so ziemlich dick, die Füsse gespalten als wie der Ziegen.

Diesen Bezoar soll man wehlen, wann es feine gantze, dichte, glatte und gläntzende Steine sind, von lieblichen Geruch, fast wie Ambergris, die sich auch in Blättlein zertheilen, wann sie zerschlagen werden, und grau oder olivenfarben sehen, die auch das Bleyweis, wann man sie drauf reibt, gelb färben. Die dicksten sind die theuersten und werden von den Liebhabern am höhesten geachtet: zur Artzney aber mögen sie so groß seyn, als sie wollen. Er führet ein wenig flüchtig und schweflicht oder ölicht Saltz.

Er soll das Hertz stärcken, den Schweiß treiben, den bösen Feuchtigkeiten widerstehen, und den Durchlauff stillen. Er wird in der Pest gebrauchet, in Pocken, in der rothen Ruhr, fallenden Sucht, Schwindel, Hertzklopfen, und wider die Würmer. Die dosis ist von vier bis sechzehen Gran, gantz zart zerrieben und in einem dienlichen Wasser oder etwas andern dergleichen genommen.

Der andere Bezoar wird Lapis Bezoar occidentalis, frantzösisch, Bezoar occidental, der occidentalische Bezoarstein genennet. Er ist gemeiniglich von solcher Grösse wie die orientalischen, allein weder so glatt noch so gleissend, die Farbe ist aschgrau oder weißlicht, so lassen sie sich auch in Platten zertheilen, die aber gar viel dicker sind, als an dem orientalischen, und sehen inwendig aus, als ob sie voller Spitzen wären. Dieser Bezoar wird aus Peru zu uns überbracht, und wächset in dem Leibe einer wilden Ziege, ist nicht so theuer und nicht so geacht, als wie der orientalische, iedannoch ist er ziemlich rar und hat nicht schlechte Kräfte. Den soll man erwehlen, der in feinen gantzen Kugeln ist, und schier einen Geruch hat wie der orientalische. Es führet ein wenig flüchtiges, schweflichtes oder ölichtes Saltz.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] polirt, deren bedieneten sich die Alten an statt des Papiers. Sein Holtz ist weiß, die Blätter nicht gar breit, spitzig und am Rande ausgezackt, sehen dem Pappellaube nicht gar ungleich, sind grün, zart, glatt und von bitterem Geschmack. Die Blüten sind lange Kätzlein, als wie langer Pfeffer, und bestehen aus sehr viel Blättlein, als wie Schupen, die hängen an einem Nerven oder Stiele. Diese Kätzlein lassen keine Früchte hinter sich, sondern dieselben wachsen zwar auch auf eben demselbigen Stamme, iedoch an einem andern Orte, und sind zu Anfang kleine Aehren, mit einem Hauffen Schupen, aus denen mit der Zeit langrunde Früchte werden, von deren ihren Schupen, welche zum öftern wie ein Kleeblatt ausgezacket sind, die Samen bedecket werden, welche iedweder zwey Flügel haben. Dieser Baum wächst im Holtze an rauhen und feuchten Orten: er führet viel Oel und phlegma, nicht gar viel Sal essentiale.

Die Rinde und das Laub trocknen, eröffnen und zertheilen: er läst einen Saft gehen, der eröffnet, wann er getruncken wird.

Die Bircke wird auch Arbor sapientiæ, der Baum der Weisheit genennet, dieweil er Ruthen für die Schulen giebet.

Betula kommt vielleicht von dem Britanischen Worte Bedu her, das heist auch soviel als Bouleau, eine Bircke.

Bexugo.

Bexugo del Peru, Clus.

Clematis Peruviana, C.B.

Ist eine Peruanische Wurtzel, deren Clusius in seinen Anmerckungen zum Monardes erwähnet. Sie bestehet aus lauter Rancken, und ist schier durchgehends Fingers dicke, wo sie aber am dünnesten ist, da siehet sie aus als wie die Rancken des Viburni. Sie sind mit einer aschgrauen Schale überzogen, und ihr Geschmack ist etwas schleimicht und anfangs süßlicht, hernach aber wird er scharff, macht einen spucken und brennet im Halse.

Sie wird für ein purgirend Mittel gehalten, wann sie eines Quintleins schwer eingenommen wird. Die Indianer halten sie höher, als die Mechoacanna und Purgirnüsse, wann sie sich purgiren wollen.

Bezoar.

Bezoar: der Bezoar, ist ein Stein, der aus dem Leibe unterschiedener Thiere in Indien genommen wird, und wir bekommen allerhand Arten desselbigen zu sehen: doch will ich hier nur viere beschreiben, welche zu der Artzney gebräuchlich sind.

Der erste Bezoarstein, oder welcher am gebräuchlichsten ist, wird auf lateinisch Lapis Bezoar orientalis, frantzösisch, Bezoar oriental, teutsch, der orientalische Bezoarstein genennet. Er findet sich wie Kugeln von unterschiedener Gestalt und Grösse, dann einige sind so dick wie eine Nuß, andere wie eine Muscate, andere wie [Spaltenumbruch] eine Haselnuß, oder als wie die Erbsen, etliche sind rund, etliche oval, einige platt und bucklicht. Alle sehen aussenher, glatt und gläntzend, sind dichte und linde anzufühlen, grau oder olivenfarbig. Wann man sie zerbricht, so zertheilen sie sich in Schupen oder Schalen, welche nach und nach von den saltzigten Feuchtigkeiten, die in dem Leibe des Thieres versteinert werden, sind angeleget worden, gleichwie in den Steingruben die unterschiedenen Bäncke vom Wasser, das voll Saltz stickt, sich anlegen und gantz steinern werden. Dieser Bezoar wächst an unterschiedenen Orten in dem Leibe einer ostindischen Ziege, welche Capricerva genennet wird, dieweil sie zugleich vom Hirsch und der Ziege etwas hat. Die Einwohner des Landes nenneten dieses Thier vor diesem Bezoar, daher mag auch gar leicht der Name Bezoar entstanden seyn. Dieser Stein beschliesset insgemein inwendig einen kleinen Kern, der ist noch etwas härter als die Blätter.

Es ist ein überaus geschwindes Thier, welches von Klippen zu Klippen pflegt zu springen, und sich gefährlich jagen läst, indem sichs wehret und die Indianer leicht ums Leben bringet, wann sie ihm zu sehr zusetzen. Um den Kopf siehet es als ein Bock, seine Hörner sehen sehr schwartz, und liegen ihm vest auf dem Rücken, der Leib ist mit aschgrauen und röthlichten Haar bedeckt, so jedoch viel kürtzer ist als Ziegenhaar, bey nahe als wie Hirschhaare, der Schwantz ist kurtz und stehet über sich, die Läuffte sind so ziemlich dick, die Füsse gespalten als wie der Ziegen.

Diesen Bezoar soll man wehlen, wann es feine gantze, dichte, glatte und gläntzende Steine sind, von lieblichen Geruch, fast wie Ambergris, die sich auch in Blättlein zertheilen, wann sie zerschlagen werden, und grau oder olivenfarben sehen, die auch das Bleyweis, wann man sie drauf reibt, gelb färben. Die dicksten sind die theuersten und werden von den Liebhabern am höhesten geachtet: zur Artzney aber mögen sie so groß seyn, als sie wollen. Er führet ein wenig flüchtig und schweflicht oder ölicht Saltz.

Er soll das Hertz stärcken, den Schweiß treiben, den bösen Feuchtigkeiten widerstehen, und den Durchlauff stillen. Er wird in der Pest gebrauchet, in Pocken, in der rothen Ruhr, fallenden Sucht, Schwindel, Hertzklopfen, und wider die Würmer. Die dosis ist von vier bis sechzehen Gran, gantz zart zerrieben und in einem dienlichen Wasser oder etwas andern dergleichen genommen.

Der andere Bezoar wird Lapis Bezoar occidentalis, frantzösisch, Bezoar occidental, der occidentalische Bezoarstein genennet. Er ist gemeiniglich von solcher Grösse wie die orientalischen, allein weder so glatt noch so gleissend, die Farbe ist aschgrau oder weißlicht, so lassen sie sich auch in Platten zertheilen, die aber gar viel dicker sind, als an dem orientalischen, und sehen inwendig aus, als ob sie voller Spitzen wären. Dieser Bezoar wird aus Peru zu uns überbracht, und wächset in dem Leibe einer wilden Ziege, ist nicht so theuer und nicht so geacht, als wie der orientalische, iedannoch ist er ziemlich rar und hat nicht schlechte Kräfte. Den soll man erwehlen, der in feinen gantzen Kugeln ist, und schier einen Geruch hat wie der orientalische. Es führet ein wenig flüchtiges, schweflichtes oder ölichtes Saltz.

[Ende Spaltensatz]
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[0102] polirt, deren bedieneten sich die Alten an statt des Papiers. Sein Holtz ist weiß, die Blätter nicht gar breit, spitzig und am Rande ausgezackt, sehen dem Pappellaube nicht gar ungleich, sind grün, zart, glatt und von bitterem Geschmack. Die Blüten sind lange Kätzlein, als wie langer Pfeffer, und bestehen aus sehr viel Blättlein, als wie Schupen, die hängen an einem Nerven oder Stiele. Diese Kätzlein lassen keine Früchte hinter sich, sondern dieselben wachsen zwar auch auf eben demselbigen Stamme, iedoch an einem andern Orte, und sind zu Anfang kleine Aehren, mit einem Hauffen Schupen, aus denen mit der Zeit langrunde Früchte werden, von deren ihren Schupen, welche zum öftern wie ein Kleeblatt ausgezacket sind, die Samen bedecket werden, welche iedweder zwey Flügel haben. Dieser Baum wächst im Holtze an rauhen und feuchten Orten: er führet viel Oel und phlegma, nicht gar viel Sal essentiale. Die Rinde und das Laub trocknen, eröffnen und zertheilen: er läst einen Saft gehen, der eröffnet, wann er getruncken wird. Die Bircke wird auch Arbor sapientiæ, der Baum der Weisheit genennet, dieweil er Ruthen für die Schulen giebet. Betula kommt vielleicht von dem Britanischen Worte Bedu her, das heist auch soviel als Bouleau, eine Bircke. Bexugo. Bexugo del Peru, Clus. Clematis Peruviana, C.B. Ist eine Peruanische Wurtzel, deren Clusius in seinen Anmerckungen zum Monardes erwähnet. Sie bestehet aus lauter Rancken, und ist schier durchgehends Fingers dicke, wo sie aber am dünnesten ist, da siehet sie aus als wie die Rancken des Viburni. Sie sind mit einer aschgrauen Schale überzogen, und ihr Geschmack ist etwas schleimicht und anfangs süßlicht, hernach aber wird er scharff, macht einen spucken und brennet im Halse. Sie wird für ein purgirend Mittel gehalten, wann sie eines Quintleins schwer eingenommen wird. Die Indianer halten sie höher, als die Mechoacanna und Purgirnüsse, wann sie sich purgiren wollen. Bezoar. Bezoar: der Bezoar, ist ein Stein, der aus dem Leibe unterschiedener Thiere in Indien genommen wird, und wir bekommen allerhand Arten desselbigen zu sehen: doch will ich hier nur viere beschreiben, welche zu der Artzney gebräuchlich sind. Der erste Bezoarstein, oder welcher am gebräuchlichsten ist, wird auf lateinisch Lapis Bezoar orientalis, frantzösisch, Bezoar oriental, teutsch, der orientalische Bezoarstein genennet. Er findet sich wie Kugeln von unterschiedener Gestalt und Grösse, dann einige sind so dick wie eine Nuß, andere wie eine Muscate, andere wie eine Haselnuß, oder als wie die Erbsen, etliche sind rund, etliche oval, einige platt und bucklicht. Alle sehen aussenher, glatt und gläntzend, sind dichte und linde anzufühlen, grau oder olivenfarbig. Wann man sie zerbricht, so zertheilen sie sich in Schupen oder Schalen, welche nach und nach von den saltzigten Feuchtigkeiten, die in dem Leibe des Thieres versteinert werden, sind angeleget worden, gleichwie in den Steingruben die unterschiedenen Bäncke vom Wasser, das voll Saltz stickt, sich anlegen und gantz steinern werden. Dieser Bezoar wächst an unterschiedenen Orten in dem Leibe einer ostindischen Ziege, welche Capricerva genennet wird, dieweil sie zugleich vom Hirsch und der Ziege etwas hat. Die Einwohner des Landes nenneten dieses Thier vor diesem Bezoar, daher mag auch gar leicht der Name Bezoar entstanden seyn. Dieser Stein beschliesset insgemein inwendig einen kleinen Kern, der ist noch etwas härter als die Blätter. Es ist ein überaus geschwindes Thier, welches von Klippen zu Klippen pflegt zu springen, und sich gefährlich jagen läst, indem sichs wehret und die Indianer leicht ums Leben bringet, wann sie ihm zu sehr zusetzen. Um den Kopf siehet es als ein Bock, seine Hörner sehen sehr schwartz, und liegen ihm vest auf dem Rücken, der Leib ist mit aschgrauen und röthlichten Haar bedeckt, so jedoch viel kürtzer ist als Ziegenhaar, bey nahe als wie Hirschhaare, der Schwantz ist kurtz und stehet über sich, die Läuffte sind so ziemlich dick, die Füsse gespalten als wie der Ziegen. Diesen Bezoar soll man wehlen, wann es feine gantze, dichte, glatte und gläntzende Steine sind, von lieblichen Geruch, fast wie Ambergris, die sich auch in Blättlein zertheilen, wann sie zerschlagen werden, und grau oder olivenfarben sehen, die auch das Bleyweis, wann man sie drauf reibt, gelb färben. Die dicksten sind die theuersten und werden von den Liebhabern am höhesten geachtet: zur Artzney aber mögen sie so groß seyn, als sie wollen. Er führet ein wenig flüchtig und schweflicht oder ölicht Saltz. Er soll das Hertz stärcken, den Schweiß treiben, den bösen Feuchtigkeiten widerstehen, und den Durchlauff stillen. Er wird in der Pest gebrauchet, in Pocken, in der rothen Ruhr, fallenden Sucht, Schwindel, Hertzklopfen, und wider die Würmer. Die dosis ist von vier bis sechzehen Gran, gantz zart zerrieben und in einem dienlichen Wasser oder etwas andern dergleichen genommen. Der andere Bezoar wird Lapis Bezoar occidentalis, frantzösisch, Bezoar occidental, der occidentalische Bezoarstein genennet. Er ist gemeiniglich von solcher Grösse wie die orientalischen, allein weder so glatt noch so gleissend, die Farbe ist aschgrau oder weißlicht, so lassen sie sich auch in Platten zertheilen, die aber gar viel dicker sind, als an dem orientalischen, und sehen inwendig aus, als ob sie voller Spitzen wären. Dieser Bezoar wird aus Peru zu uns überbracht, und wächset in dem Leibe einer wilden Ziege, ist nicht so theuer und nicht so geacht, als wie der orientalische, iedannoch ist er ziemlich rar und hat nicht schlechte Kräfte. Den soll man erwehlen, der in feinen gantzen Kugeln ist, und schier einen Geruch hat wie der orientalische. Es führet ein wenig flüchtiges, schweflichtes oder ölichtes Saltz.

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/102>, abgerufen am 22.11.2024.