Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776. Erzbischoff. Ganz gewiß. Fürst. Nun ich will heut Abend auch recht fröhlich seyn. Vergessen, daß ich Vater; -- Himmel! -- Kurz, ich will fröhlich seyn. O wenn ich mein künftiges Fest wieder unter meinen Kin- dern feyern könnte -- und Caecilia wär Julius Weib! Das Mädchen ist mein Abgott. -- Bru- der, mein bischen Klugheit kostet mir sechs und siebzig Jahr, und wenn Du einen Tag davon nimmst, so nimmst Du mir ein Stück von jener, und bey diesem achtzehnjährigen Mädchen blühen Weisheit und Schönheit an einem Morgen, Ge- wächse verschiedener Himmelsstriche, auf einem Bette, so nahe, daß ihre Farben in einander spie- len. Und die Bescheidenheit -- diese lieblichen Blumen scheuen den Stral der Sonne, und hau- chen im Schatten ihre süßesten Gerüche aus. -- Wie muß einem Jüngling, der sie gesehn hat, der Hofweiber ekeln, bey denen Schminke und Wizeln im schändlichen Bunde stehn. Erzbischoff. Bruder, Du deklamirst. Bist Du Askanius, oder Anchises? Fürst. Wenn nur Julius diese Reize fühlte! -- es ist noch etwas in der Flasche. Laß uns das auf ein Motto trinken, das sich für Greise schickt. -- Auf ein rühmliches Ende. (Sie trinken.) Erzbiſchoff. Ganz gewiß. Fuͤrſt. Nun ich will heut Abend auch recht froͤhlich ſeyn. Vergeſſen, daß ich Vater; — Himmel! — Kurz, ich will froͤhlich ſeyn. O wenn ich mein kuͤnftiges Feſt wieder unter meinen Kin- dern feyern koͤnnte — und Caecilia waͤr Julius Weib! Das Maͤdchen iſt mein Abgott. — Bru- der, mein bischen Klugheit koſtet mir ſechs und ſiebzig Jahr, und wenn Du einen Tag davon nimmſt, ſo nimmſt Du mir ein Stuͤck von jener, und bey dieſem achtzehnjaͤhrigen Maͤdchen bluͤhen Weisheit und Schoͤnheit an einem Morgen, Ge- waͤchſe verſchiedener Himmelsſtriche, auf einem Bette, ſo nahe, daß ihre Farben in einander ſpie- len. Und die Beſcheidenheit — dieſe lieblichen Blumen ſcheuen den Stral der Sonne, und hau- chen im Schatten ihre ſuͤßeſten Geruͤche aus. — Wie muß einem Juͤngling, der ſie geſehn hat, der Hofweiber ekeln, bey denen Schminke und Wizeln im ſchaͤndlichen Bunde ſtehn. Erzbiſchoff. Bruder, Du deklamirſt. Biſt Du Askanius, oder Anchiſes? Fuͤrſt. Wenn nur Julius dieſe Reize fuͤhlte! — es iſt noch etwas in der Flaſche. Laß uns das auf ein Motto trinken, das ſich fuͤr Greiſe ſchickt. — Auf ein ruͤhmliches Ende. (Sie trinken.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0092" n="88"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <sp who="#ERZ"> <speaker>Erzbiſchoff.</speaker> <p>Ganz gewiß.</p> </sp><lb/> <sp who="#CON"> <speaker>Fuͤrſt.</speaker> <p>Nun ich will heut Abend auch recht<lb/> froͤhlich ſeyn. Vergeſſen, daß ich Vater; —<lb/> Himmel! — Kurz, ich will froͤhlich ſeyn. O wenn<lb/> ich mein kuͤnftiges Feſt wieder unter meinen Kin-<lb/> dern feyern koͤnnte — und Caecilia waͤr Julius<lb/> Weib! Das Maͤdchen iſt mein Abgott. — Bru-<lb/> der, mein bischen Klugheit koſtet mir ſechs und<lb/> ſiebzig Jahr, und wenn Du einen Tag davon<lb/> nimmſt, ſo nimmſt Du mir ein Stuͤck von jener,<lb/> und bey dieſem achtzehnjaͤhrigen Maͤdchen bluͤhen<lb/> Weisheit und Schoͤnheit an einem Morgen, Ge-<lb/> waͤchſe verſchiedener Himmelsſtriche, auf einem<lb/> Bette, ſo nahe, daß ihre Farben in einander ſpie-<lb/> len. Und die Beſcheidenheit — dieſe lieblichen<lb/> Blumen ſcheuen den Stral der Sonne, und hau-<lb/> chen im Schatten ihre ſuͤßeſten Geruͤche aus. —<lb/> Wie muß einem Juͤngling, der ſie geſehn hat, der<lb/> Hofweiber ekeln, bey denen Schminke und Wizeln<lb/> im ſchaͤndlichen Bunde ſtehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#ERZ"> <speaker>Erzbiſchoff.</speaker> <p>Bruder, Du deklamirſt. Biſt<lb/> Du Askanius, oder Anchiſes?</p> </sp><lb/> <sp who="#CON"> <speaker>Fuͤrſt.</speaker> <p>Wenn nur Julius dieſe Reize fuͤhlte!<lb/> — es iſt noch etwas in der Flaſche. Laß uns<lb/> das auf ein Motto trinken, das ſich fuͤr Greiſe<lb/> ſchickt. — Auf ein ruͤhmliches Ende. <stage>(Sie<lb/> trinken.)</stage></p> </sp> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [88/0092]
Erzbiſchoff. Ganz gewiß.
Fuͤrſt. Nun ich will heut Abend auch recht
froͤhlich ſeyn. Vergeſſen, daß ich Vater; —
Himmel! — Kurz, ich will froͤhlich ſeyn. O wenn
ich mein kuͤnftiges Feſt wieder unter meinen Kin-
dern feyern koͤnnte — und Caecilia waͤr Julius
Weib! Das Maͤdchen iſt mein Abgott. — Bru-
der, mein bischen Klugheit koſtet mir ſechs und
ſiebzig Jahr, und wenn Du einen Tag davon
nimmſt, ſo nimmſt Du mir ein Stuͤck von jener,
und bey dieſem achtzehnjaͤhrigen Maͤdchen bluͤhen
Weisheit und Schoͤnheit an einem Morgen, Ge-
waͤchſe verſchiedener Himmelsſtriche, auf einem
Bette, ſo nahe, daß ihre Farben in einander ſpie-
len. Und die Beſcheidenheit — dieſe lieblichen
Blumen ſcheuen den Stral der Sonne, und hau-
chen im Schatten ihre ſuͤßeſten Geruͤche aus. —
Wie muß einem Juͤngling, der ſie geſehn hat, der
Hofweiber ekeln, bey denen Schminke und Wizeln
im ſchaͤndlichen Bunde ſtehn.
Erzbiſchoff. Bruder, Du deklamirſt. Biſt
Du Askanius, oder Anchiſes?
Fuͤrſt. Wenn nur Julius dieſe Reize fuͤhlte!
— es iſt noch etwas in der Flaſche. Laß uns
das auf ein Motto trinken, das ſich fuͤr Greiſe
ſchickt. — Auf ein ruͤhmliches Ende. (Sie
trinken.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/92 |
Zitationshilfe: | Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/92>, abgerufen am 06.07.2024. |