Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.nachher immer bereit, jedes im Affekt gesprochene Wort mit Eurem Blute zu versiegeln. Jezt nichts mehr davon, ich will zu einer bequemern Zeit da- von mir Dir reden -- wenn Du mehr dazu auf- geräumt bist, einmal mit Ruhm aus einem Feld- zuge zurückkomst, oder sonst eben eine grosse Hand- lung gethan hast. Guido. Möchten sie bald diese Gelegenheit finden! Fürst. Jch kann sie finden, wenn Du wilst: -- und Du, Julius, kannst mir eine ähnliche geben, Du brüstest Dich mit Deinem Muth, und Du mit Deiner Philosophie. Eure thörichte Liebe zu überwinden, ist eine rühmliche Laufbahn für beyde. Lasst sehn, wer am ersten beym Ziel ist! Und daß euch jezt noch die Eifersucht entzweyt! Sonst glaubt' ich, es sey nichts thörichter, als eure Liebe; aber ich habe mich geirrt, eure jetzige Lei- denschaft ist noch thörichter. Unmöglich kann ei- ner von euch Blankan besizen, sie ist eine Nonne -- für euch todt -- ihr könnt mit eben dem Recht die schöne Helena, oder Cleopatra lieben. Eure Liebe ist also ein Nichts! -- und doch seyd ihr eifersüchtig? -- Eifersüchtig ohne Liebe: -- das heisst keinen Wein trinken, und Thorheiten eines Berauschten begehn. -- Oder glaubt ihr, der Liebe sey nichts unmöglich? -- Versucht es -- nachher immer bereit, jedes im Affekt geſprochene Wort mit Eurem Blute zu verſiegeln. Jezt nichts mehr davon, ich will zu einer bequemern Zeit da- von mir Dir reden — wenn Du mehr dazu auf- geraͤumt biſt, einmal mit Ruhm aus einem Feld- zuge zuruͤckkomſt, oder ſonſt eben eine groſſe Hand- lung gethan haſt. Guido. Moͤchten ſie bald dieſe Gelegenheit finden! Fuͤrſt. Jch kann ſie finden, wenn Du wilſt: — und Du, Julius, kannſt mir eine aͤhnliche geben, Du bruͤſteſt Dich mit Deinem Muth, und Du mit Deiner Philoſophie. Eure thoͤrichte Liebe zu uͤberwinden, iſt eine ruͤhmliche Laufbahn fuͤr beyde. Laſſt ſehn, wer am erſten beym Ziel iſt! Und daß euch jezt noch die Eiferſucht entzweyt! Sonſt glaubt’ ich, es ſey nichts thoͤrichter, als eure Liebe; aber ich habe mich geirrt, eure jetzige Lei- denſchaft iſt noch thoͤrichter. Unmoͤglich kann ei- ner von euch Blankan beſizen, ſie iſt eine Nonne — fuͤr euch todt — ihr koͤnnt mit eben dem Recht die ſchoͤne Helena, oder Cleopatra lieben. Eure Liebe iſt alſo ein Nichts! — und doch ſeyd ihr eiferſuͤchtig? — Eiferſuͤchtig ohne Liebe: — das heiſſt keinen Wein trinken, und Thorheiten eines Berauſchten begehn. — Oder glaubt ihr, der Liebe ſey nichts unmoͤglich? — Verſucht es — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#CON"> <p><pb facs="#f0064" n="60"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> nachher immer bereit, jedes im Affekt geſprochene<lb/> Wort mit Eurem Blute zu verſiegeln. Jezt nichts<lb/> mehr davon, ich will zu einer bequemern Zeit da-<lb/> von mir Dir reden — wenn Du mehr dazu auf-<lb/> geraͤumt biſt, einmal mit Ruhm aus einem Feld-<lb/> zuge zuruͤckkomſt, oder ſonſt eben eine groſſe Hand-<lb/> lung gethan haſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#GUI"> <speaker>Guido.</speaker> <p>Moͤchten ſie bald dieſe Gelegenheit<lb/> finden!</p> </sp><lb/> <sp who="#CON"> <speaker>Fuͤrſt.</speaker> <p>Jch kann ſie finden, wenn Du wilſt:<lb/> — und Du, Julius, kannſt mir eine aͤhnliche<lb/> geben, Du bruͤſteſt Dich mit Deinem Muth, und<lb/> Du mit Deiner Philoſophie. Eure thoͤrichte Liebe<lb/> zu uͤberwinden, iſt eine ruͤhmliche Laufbahn fuͤr<lb/> beyde. Laſſt ſehn, wer am erſten beym Ziel iſt!<lb/> Und daß euch jezt noch die Eiferſucht entzweyt!<lb/> Sonſt glaubt’ ich, es ſey nichts thoͤrichter, als eure<lb/> Liebe; aber ich habe mich geirrt, eure jetzige Lei-<lb/> denſchaft iſt noch thoͤrichter. Unmoͤglich kann ei-<lb/> ner von euch Blankan beſizen, ſie iſt eine Nonne<lb/> — fuͤr euch todt — ihr koͤnnt mit eben dem<lb/> Recht die ſchoͤne Helena, oder Cleopatra lieben.<lb/> Eure Liebe iſt alſo ein Nichts! — und doch ſeyd<lb/> ihr eiferſuͤchtig? — Eiferſuͤchtig ohne Liebe: — das<lb/> heiſſt keinen Wein trinken, und Thorheiten eines<lb/> Berauſchten begehn. — Oder glaubt ihr, der<lb/> Liebe ſey nichts unmoͤglich? — Verſucht es —<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0064]
nachher immer bereit, jedes im Affekt geſprochene
Wort mit Eurem Blute zu verſiegeln. Jezt nichts
mehr davon, ich will zu einer bequemern Zeit da-
von mir Dir reden — wenn Du mehr dazu auf-
geraͤumt biſt, einmal mit Ruhm aus einem Feld-
zuge zuruͤckkomſt, oder ſonſt eben eine groſſe Hand-
lung gethan haſt.
Guido. Moͤchten ſie bald dieſe Gelegenheit
finden!
Fuͤrſt. Jch kann ſie finden, wenn Du wilſt:
— und Du, Julius, kannſt mir eine aͤhnliche
geben, Du bruͤſteſt Dich mit Deinem Muth, und
Du mit Deiner Philoſophie. Eure thoͤrichte Liebe
zu uͤberwinden, iſt eine ruͤhmliche Laufbahn fuͤr
beyde. Laſſt ſehn, wer am erſten beym Ziel iſt!
Und daß euch jezt noch die Eiferſucht entzweyt!
Sonſt glaubt’ ich, es ſey nichts thoͤrichter, als eure
Liebe; aber ich habe mich geirrt, eure jetzige Lei-
denſchaft iſt noch thoͤrichter. Unmoͤglich kann ei-
ner von euch Blankan beſizen, ſie iſt eine Nonne
— fuͤr euch todt — ihr koͤnnt mit eben dem
Recht die ſchoͤne Helena, oder Cleopatra lieben.
Eure Liebe iſt alſo ein Nichts! — und doch ſeyd
ihr eiferſuͤchtig? — Eiferſuͤchtig ohne Liebe: — das
heiſſt keinen Wein trinken, und Thorheiten eines
Berauſchten begehn. — Oder glaubt ihr, der
Liebe ſey nichts unmoͤglich? — Verſucht es —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/64 |
Zitationshilfe: | Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/64>, abgerufen am 16.02.2025. |