Leibniz, Gottfried Wilhelm: Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Pietsch, Paul (Hg.), Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356.sinnreichen Personen, denen es bissher an solcher Kunde gemangelt, 41. Was auch ein wohl ausgearbeitetes Glossarium Etymologicum 42. Es ist handgreifflich und gestanden, dass die Frantzosen, Wel- 43. Ja was noch mehr, so findet es sich, dass die alten Gallier, 44. Und ob zwar die Lateiner das Ubrige von den Griechischen sinnreichen Personen, denen es bissher an solcher Kunde gemangelt, 41. Was auch ein wohl ausgearbeitetes Glossarium Etymologicum 42. Es ist handgreifflich und gestanden, dass die Frantzosen, Wel- 43. Ja was noch mehr, so findet es sich, dass die alten Gallier, 44. Und ob zwar die Lateiner das Ubrige von den Griechischen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#0013" n="339"/> sinnreichen Personen, denen es bissher an solcher Kunde gemangelt,<lb/> offt Gelegenheit zu schönen Gedancken und Erfindungen geben. Denn<lb/> weil wie oberwehnet, die Worte den Sachen antworten, kan es nicht<lb/> fehlen, es muss die Erläuterung ungemeiner Worte auch die Erkäntniss<lb/> unbekandter Sachen mit sich bringen.</p><lb/> <p>41. Was auch ein wohl ausgearbeitetes Glossarium Etymologicum<lb/> oder Sprach-Quell vor schöne Dinge in sich halten würde, wo nicht<lb/> zum menschlichen Gebrauch, doch zur Zierde und Ruhm unserer<lb/> Nation und Erklärung des Alterthums und der Historien, ist nicht zu<lb/> sagen; Wenn nemlich Leute wie Schottel, Prasch oder Morhoff bey<lb/> uns, oder wie Menage bey den Frantzosen, und eben dieser mit dem<lb/> Ferrari bey den Welschen, Spelmann in England, Worm oder Verhel<lb/> bei den Nordländern sich darüber machten.</p> <p>42. Es ist handgreifflich und gestanden, dass die Frantzosen, Wel-<lb/> schen und Spanier (der Engländer, so halb Teutsch, zu geschweigen) sehr<lb/> viel Worte von den Teutschen haben, und also den Ursprung ihrer<lb/> Sprachen guten Theils bey uns suchen müssen. Giebt also die Unter-<lb/> suchung der Teutschen Sprach nicht nur ein Licht vor uns, sondern<lb/> auch vor gantz Europa, welches unserer Sprache zu nicht geringem<lb/> Lob gereichet.</p><lb/> <p>43. Ja was noch mehr, so findet es sich, dass die alten Gallier,<lb/> Celten, und auch Scythen mit den Teutschen eine grosse Gemeinschafft<lb/> gehabt, und weiln Welschland seine ältesten Einwohner nicht zur<lb/> See, sondern zu Lande, nemlich von den Teutschen und Celtischen<lb/> Völckern über die Alpen herbekommen, so folget dass die Lateinische<lb/> Sprache denen uhralten Teutschen ein Grosses schuldig, wie sichs<lb/> auch in der That befindet.</p><lb/> <p>44. Und ob zwar die Lateiner das Ubrige von den Griechischen<lb/> Colonien bekommen haben mögen, so haben doch sehr gelehrte Leute<lb/> auch ausser Teutschland wohl erwogen, dass es vorher mit Griechen-<lb/> land eben wie mit Italien zugangen; mithin die ersten Bewohner<lb/> desselbigen von der Donau und angräntzenden Landen hergekommen,<lb/> mit denen sich hernach Colonien über Meer aus Klein-Asien, ægypten<lb/> und Phönicien vermischet, und weil die Teutschen vor Alters unter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [339/0013]
sinnreichen Personen, denen es bissher an solcher Kunde gemangelt,
offt Gelegenheit zu schönen Gedancken und Erfindungen geben. Denn
weil wie oberwehnet, die Worte den Sachen antworten, kan es nicht
fehlen, es muss die Erläuterung ungemeiner Worte auch die Erkäntniss
unbekandter Sachen mit sich bringen.
41. Was auch ein wohl ausgearbeitetes Glossarium Etymologicum
oder Sprach-Quell vor schöne Dinge in sich halten würde, wo nicht
zum menschlichen Gebrauch, doch zur Zierde und Ruhm unserer
Nation und Erklärung des Alterthums und der Historien, ist nicht zu
sagen; Wenn nemlich Leute wie Schottel, Prasch oder Morhoff bey
uns, oder wie Menage bey den Frantzosen, und eben dieser mit dem
Ferrari bey den Welschen, Spelmann in England, Worm oder Verhel
bei den Nordländern sich darüber machten.
42. Es ist handgreifflich und gestanden, dass die Frantzosen, Wel-
schen und Spanier (der Engländer, so halb Teutsch, zu geschweigen) sehr
viel Worte von den Teutschen haben, und also den Ursprung ihrer
Sprachen guten Theils bey uns suchen müssen. Giebt also die Unter-
suchung der Teutschen Sprach nicht nur ein Licht vor uns, sondern
auch vor gantz Europa, welches unserer Sprache zu nicht geringem
Lob gereichet.
43. Ja was noch mehr, so findet es sich, dass die alten Gallier,
Celten, und auch Scythen mit den Teutschen eine grosse Gemeinschafft
gehabt, und weiln Welschland seine ältesten Einwohner nicht zur
See, sondern zu Lande, nemlich von den Teutschen und Celtischen
Völckern über die Alpen herbekommen, so folget dass die Lateinische
Sprache denen uhralten Teutschen ein Grosses schuldig, wie sichs
auch in der That befindet.
44. Und ob zwar die Lateiner das Ubrige von den Griechischen
Colonien bekommen haben mögen, so haben doch sehr gelehrte Leute
auch ausser Teutschland wohl erwogen, dass es vorher mit Griechen-
land eben wie mit Italien zugangen; mithin die ersten Bewohner
desselbigen von der Donau und angräntzenden Landen hergekommen,
mit denen sich hernach Colonien über Meer aus Klein-Asien, ægypten
und Phönicien vermischet, und weil die Teutschen vor Alters unter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/leibniz_sprache_1717 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/leibniz_sprache_1717/13 |
Zitationshilfe: | Leibniz, Gottfried Wilhelm: Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Pietsch, Paul (Hg.), Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356, hier S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leibniz_sprache_1717/13>, abgerufen am 27.07.2024. |