Durch den Erie-Canal war für den Nordosten der Union die Hauptlinie des Verkehres endgiltig festgestellt, und als man in den Vierzigerjahren in Amerika mit regem Eifer, nicht vorsichtig zögernd wie bei uns in Europa, an den Bau von Eisenbahnen ging, mussten die Unternehmer der so geschaffenen Lage Rechnung tragen. Die Stellung New-Yorks als Handelsplatz wurde durch das neue, sehr leistungsfähige Verkehrsmittel unausgesetzt befestigt. Gleichzeitig sank die Bedeutung des Erie-Canales für den Handel von New-York, aber er ist auch heute noch für die Stadt keine blosse historische Erinnerung; ja seit der grossen Bewegung der "grangers", der weizenbauenden Farmer gegen das Frachtmonopol der Eisenbahnen, ist seine Wich- tigkeit als Regulator der Höhe der Getreidefrachtsätze für die sieben Monate des Jahres, in welchen der Frost seine Benützung nicht hindert, allgemein anerkannt.
Aber nicht nur die billige Fracht sichert den Canalbooten eine bleibende Bedeutung für den Getreidetransport, sondern ebenso sehr der Umstand, dass die 2500 q tragenden Boote Magazine sind, die der Getreidespeculant wochenlang im Hudson liegen lassen und aus welchen er mittelst sogenannter schwimmender Elevatoren direct in die Seedampfer überladen kann.
Im Jahre 1888 kamen in dem "Tide Water", das ist im Hudson, der dem Einflusse von Ebbe und Flut unterworfen ist, vom Erie-Canal 1·5 Millionen metr. Tonnen und vom Champlain-Canal 0·66 Millionen metr. Tonnen Frachten an; sie bestanden überwiegend aus Getreide und Holz. 1·2 Millionen metr. Tonnen wurden vom Gezeitenwasser in diese Canäle gebracht, und die gesammte Handelsbewegung auf den Canälen des Staates New-York erreichte 4·4 Millionen metr. Tonnen im Werth von 107 Millionen Dollars; von der Summe entfielen 84·2 Millionen Dollars auf den Erie-Canal.
Um die Bedeutung des Erie-Canales zu heben, hat die Regierung des Staates New-York seit dem 1. Jänner 1883 alle Schiffahrtsge- bühren aufgehoben. Aber die grossen Trunk-Linien, welche auf ihren Geleisen die Weizenladungen aus dem Westen nach New-York bringen, begegnen dieser Concurrenz durch ausnehmend niedrige Frachtsätze und halten sich bis jetzt für den Ausfall schadlos durch die hohen Tarife, welche der sehr lebhafte Localverkehr entrichten muss. Doch hängt in der Zukunft alles davon ab, ob es der öffentlichen Meinung gelingt, durchzusetzen, dass auf Grund der bestehenden "Interstate Commerce Bill" Güter, welche auf dem Wege ins Ausland den Hafen
New-York.
Durch den Erie-Canal war für den Nordosten der Union die Hauptlinie des Verkehres endgiltig festgestellt, und als man in den Vierzigerjahren in Amerika mit regem Eifer, nicht vorsichtig zögernd wie bei uns in Europa, an den Bau von Eisenbahnen ging, mussten die Unternehmer der so geschaffenen Lage Rechnung tragen. Die Stellung New-Yorks als Handelsplatz wurde durch das neue, sehr leistungsfähige Verkehrsmittel unausgesetzt befestigt. Gleichzeitig sank die Bedeutung des Erie-Canales für den Handel von New-York, aber er ist auch heute noch für die Stadt keine blosse historische Erinnerung; ja seit der grossen Bewegung der „grangers“, der weizenbauenden Farmer gegen das Frachtmonopol der Eisenbahnen, ist seine Wich- tigkeit als Regulator der Höhe der Getreidefrachtsätze für die sieben Monate des Jahres, in welchen der Frost seine Benützung nicht hindert, allgemein anerkannt.
Aber nicht nur die billige Fracht sichert den Canalbooten eine bleibende Bedeutung für den Getreidetransport, sondern ebenso sehr der Umstand, dass die 2500 q tragenden Boote Magazine sind, die der Getreidespeculant wochenlang im Hudson liegen lassen und aus welchen er mittelst sogenannter schwimmender Elevatoren direct in die Seedampfer überladen kann.
Im Jahre 1888 kamen in dem „Tide Water“, das ist im Hudson, der dem Einflusse von Ebbe und Flut unterworfen ist, vom Erie-Canal 1·5 Millionen metr. Tonnen und vom Champlain-Canal 0·66 Millionen metr. Tonnen Frachten an; sie bestanden überwiegend aus Getreide und Holz. 1·2 Millionen metr. Tonnen wurden vom Gezeitenwasser in diese Canäle gebracht, und die gesammte Handelsbewegung auf den Canälen des Staates New-York erreichte 4·4 Millionen metr. Tonnen im Werth von 107 Millionen Dollars; von der Summe entfielen 84·2 Millionen Dollars auf den Erie-Canal.
Um die Bedeutung des Erie-Canales zu heben, hat die Regierung des Staates New-York seit dem 1. Jänner 1883 alle Schiffahrtsge- bühren aufgehoben. Aber die grossen Trunk-Linien, welche auf ihren Geleisen die Weizenladungen aus dem Westen nach New-York bringen, begegnen dieser Concurrenz durch ausnehmend niedrige Frachtsätze und halten sich bis jetzt für den Ausfall schadlos durch die hohen Tarife, welche der sehr lebhafte Localverkehr entrichten muss. Doch hängt in der Zukunft alles davon ab, ob es der öffentlichen Meinung gelingt, durchzusetzen, dass auf Grund der bestehenden „Interstate Commerce Bill“ Güter, welche auf dem Wege ins Ausland den Hafen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0085"n="69"/><fwplace="top"type="header">New-York.</fw><lb/><p>Durch den Erie-Canal war für den Nordosten der Union die<lb/>
Hauptlinie des Verkehres endgiltig festgestellt, und als man in den<lb/>
Vierzigerjahren in Amerika mit regem Eifer, nicht vorsichtig zögernd<lb/>
wie bei uns in Europa, an den Bau von Eisenbahnen ging, mussten<lb/>
die Unternehmer der so geschaffenen Lage Rechnung tragen. Die<lb/>
Stellung New-Yorks als Handelsplatz wurde durch das neue, sehr<lb/>
leistungsfähige Verkehrsmittel unausgesetzt befestigt. Gleichzeitig sank<lb/>
die Bedeutung des Erie-Canales für den Handel von New-York, aber<lb/>
er ist auch heute noch für die Stadt keine blosse historische Erinnerung;<lb/>
ja seit der grossen Bewegung der „grangers“, der weizenbauenden<lb/>
Farmer gegen das Frachtmonopol der Eisenbahnen, ist seine Wich-<lb/>
tigkeit als Regulator der Höhe der Getreidefrachtsätze für die sieben<lb/>
Monate des Jahres, in welchen der Frost seine Benützung nicht<lb/>
hindert, allgemein anerkannt.</p><lb/><p>Aber nicht nur die billige Fracht sichert den Canalbooten eine<lb/>
bleibende Bedeutung für den Getreidetransport, sondern ebenso sehr<lb/>
der Umstand, dass die 2500 <hirendition="#i">q</hi> tragenden Boote Magazine sind, die<lb/>
der Getreidespeculant wochenlang im Hudson liegen lassen und aus<lb/>
welchen er mittelst sogenannter schwimmender Elevatoren direct in die<lb/>
Seedampfer überladen kann.</p><lb/><p>Im Jahre 1888 kamen in dem „Tide Water“, das ist im Hudson,<lb/>
der dem Einflusse von Ebbe und Flut unterworfen ist, vom Erie-Canal<lb/>
1·5 Millionen metr. Tonnen und vom Champlain-Canal 0·66 Millionen<lb/>
metr. Tonnen Frachten an; sie bestanden überwiegend aus Getreide<lb/>
und Holz. 1·2 Millionen metr. Tonnen wurden vom Gezeitenwasser in<lb/>
diese Canäle gebracht, und die gesammte Handelsbewegung auf den<lb/>
Canälen des Staates New-York erreichte 4·4 Millionen metr. Tonnen<lb/>
im Werth von 107 Millionen Dollars; von der Summe entfielen 84·2<lb/>
Millionen Dollars auf den Erie-Canal.</p><lb/><p>Um die Bedeutung des Erie-Canales zu heben, hat die Regierung<lb/>
des Staates New-York seit dem 1. Jänner 1883 alle Schiffahrtsge-<lb/>
bühren aufgehoben. Aber die grossen Trunk-Linien, welche auf ihren<lb/>
Geleisen die Weizenladungen aus dem Westen nach New-York bringen,<lb/>
begegnen dieser Concurrenz durch ausnehmend niedrige Frachtsätze<lb/>
und halten sich bis jetzt für den Ausfall schadlos durch die hohen<lb/>
Tarife, welche der sehr lebhafte Localverkehr entrichten muss. Doch<lb/>
hängt in der Zukunft alles davon ab, ob es der öffentlichen Meinung<lb/>
gelingt, durchzusetzen, dass auf Grund der bestehenden „Interstate<lb/>
Commerce Bill“ Güter, welche auf dem Wege ins Ausland den Hafen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[69/0085]
New-York.
Durch den Erie-Canal war für den Nordosten der Union die
Hauptlinie des Verkehres endgiltig festgestellt, und als man in den
Vierzigerjahren in Amerika mit regem Eifer, nicht vorsichtig zögernd
wie bei uns in Europa, an den Bau von Eisenbahnen ging, mussten
die Unternehmer der so geschaffenen Lage Rechnung tragen. Die
Stellung New-Yorks als Handelsplatz wurde durch das neue, sehr
leistungsfähige Verkehrsmittel unausgesetzt befestigt. Gleichzeitig sank
die Bedeutung des Erie-Canales für den Handel von New-York, aber
er ist auch heute noch für die Stadt keine blosse historische Erinnerung;
ja seit der grossen Bewegung der „grangers“, der weizenbauenden
Farmer gegen das Frachtmonopol der Eisenbahnen, ist seine Wich-
tigkeit als Regulator der Höhe der Getreidefrachtsätze für die sieben
Monate des Jahres, in welchen der Frost seine Benützung nicht
hindert, allgemein anerkannt.
Aber nicht nur die billige Fracht sichert den Canalbooten eine
bleibende Bedeutung für den Getreidetransport, sondern ebenso sehr
der Umstand, dass die 2500 q tragenden Boote Magazine sind, die
der Getreidespeculant wochenlang im Hudson liegen lassen und aus
welchen er mittelst sogenannter schwimmender Elevatoren direct in die
Seedampfer überladen kann.
Im Jahre 1888 kamen in dem „Tide Water“, das ist im Hudson,
der dem Einflusse von Ebbe und Flut unterworfen ist, vom Erie-Canal
1·5 Millionen metr. Tonnen und vom Champlain-Canal 0·66 Millionen
metr. Tonnen Frachten an; sie bestanden überwiegend aus Getreide
und Holz. 1·2 Millionen metr. Tonnen wurden vom Gezeitenwasser in
diese Canäle gebracht, und die gesammte Handelsbewegung auf den
Canälen des Staates New-York erreichte 4·4 Millionen metr. Tonnen
im Werth von 107 Millionen Dollars; von der Summe entfielen 84·2
Millionen Dollars auf den Erie-Canal.
Um die Bedeutung des Erie-Canales zu heben, hat die Regierung
des Staates New-York seit dem 1. Jänner 1883 alle Schiffahrtsge-
bühren aufgehoben. Aber die grossen Trunk-Linien, welche auf ihren
Geleisen die Weizenladungen aus dem Westen nach New-York bringen,
begegnen dieser Concurrenz durch ausnehmend niedrige Frachtsätze
und halten sich bis jetzt für den Ausfall schadlos durch die hohen
Tarife, welche der sehr lebhafte Localverkehr entrichten muss. Doch
hängt in der Zukunft alles davon ab, ob es der öffentlichen Meinung
gelingt, durchzusetzen, dass auf Grund der bestehenden „Interstate
Commerce Bill“ Güter, welche auf dem Wege ins Ausland den Hafen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/85>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.