Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite
Brisbane.

Die nördliche Küste des australischen Continentes ist noch am
wenigsten für culturelle Zwecke gewonnen, sie harrt noch auf ihre
Zeit. Allerdings aber ist das ganze Territorium von der britischen Krone
in Besitz genommen und in die einzelnen Colonialgebiete eingereiht.
Es gehört theils zu Westaustralien, theils zu dem sogenannten Nord-
territorium von Südaustralien, theils endlich zu Queensland.

Letztere Colonie umfasst den nordöstlichen Theil des Continentes
und damit zugleich die nördliche Hälfte der Ostküste. Queensland
hat sich ebenso wie die anderen Colonien von Neusüdwales
abgelöst.

Um die Entdeckung und Erforschung eines guten Theiles des heutigen
Küstengebietes von Queensland hat sich namentlich Flinders verdient gemacht.
Derselbe fand auch zuerst die Moreton Bay, in welche der Brisbanefluss mündet,
an dessen Mündung die gleichnamige Stadt, der Hauptort der Colonie Queensland,
angelegt wurde.

Doch erst längere Zeit nach Flinders' Forschungsreisen schritt man
zur Gründung einer Ansiedlung. 1824 fand man sich in Sydney bestimmt,
in der Moreton Bay eine Zweigstation für besonders gefährliche und unverbesser-
liche Deportirte zu errichten. Dies war der Anfang der Colonisirung. Der Um-
stand, dass man dann im Hinterlande wundervolle Weidegründe entdeckte, ver-
anlasste den Zuzug von Squatters aus Neusüdwales. Im Jahre 1842 wurde freier
Zuzug von Einwanderern bedingungslos zugelassen und hörte auch die weitere
Deportation von Sträflingen auf. Hiedurch gestaltete sich die Entwicklung dieser
Colonie ebenso wie anderwärts günstiger. Zugleich machte sich eine lebhafte
Agitation für die Lostrennung von der Stammcolonie geltend, welche Agitation
nach mancherlei Schwankungen endlich 1853 zum Ziele führte. In diesem
Jahre wurde die nunmehr Queensland benannte Colonie, welche bisher den
Moreton Bay District gebildet hatte, förmlich als solche constituirt und Bris-
bane
zu ihrer Capitale erklärt. Letzteres hat seinen Namen von Sir Thomas
Brisbane, welcher zur Zeit der ersten Niederlassung in Moreton Bay Gouverneur
von Neusüdwales gewesen ist. Eine grosse Schwierigkeit für die Colonie ergab
sich in der Frage nach Beschaffung tüchtiger Arbeiter. Die ohnehin nur in ge-
ringer Zahl vorhandenen Ureinwohner zeigten sich wenig leistungsfähig, die Ein-
wanderung von auswärts her lieferte keinen raschen Zuwachs, und die neuen

100*
Brisbane.

Die nördliche Küste des australischen Continentes ist noch am
wenigsten für culturelle Zwecke gewonnen, sie harrt noch auf ihre
Zeit. Allerdings aber ist das ganze Territorium von der britischen Krone
in Besitz genommen und in die einzelnen Colonialgebiete eingereiht.
Es gehört theils zu Westaustralien, theils zu dem sogenannten Nord-
territorium von Südaustralien, theils endlich zu Queensland.

Letztere Colonie umfasst den nordöstlichen Theil des Continentes
und damit zugleich die nördliche Hälfte der Ostküste. Queensland
hat sich ebenso wie die anderen Colonien von Neusüdwales
abgelöst.

Um die Entdeckung und Erforschung eines guten Theiles des heutigen
Küstengebietes von Queensland hat sich namentlich Flinders verdient gemacht.
Derselbe fand auch zuerst die Moreton Bay, in welche der Brisbanefluss mündet,
an dessen Mündung die gleichnamige Stadt, der Hauptort der Colonie Queensland,
angelegt wurde.

Doch erst längere Zeit nach Flinders’ Forschungsreisen schritt man
zur Gründung einer Ansiedlung. 1824 fand man sich in Sydney bestimmt,
in der Moreton Bay eine Zweigstation für besonders gefährliche und unverbesser-
liche Deportirte zu errichten. Dies war der Anfang der Colonisirung. Der Um-
stand, dass man dann im Hinterlande wundervolle Weidegründe entdeckte, ver-
anlasste den Zuzug von Squatters aus Neusüdwales. Im Jahre 1842 wurde freier
Zuzug von Einwanderern bedingungslos zugelassen und hörte auch die weitere
Deportation von Sträflingen auf. Hiedurch gestaltete sich die Entwicklung dieser
Colonie ebenso wie anderwärts günstiger. Zugleich machte sich eine lebhafte
Agitation für die Lostrennung von der Stammcolonie geltend, welche Agitation
nach mancherlei Schwankungen endlich 1853 zum Ziele führte. In diesem
Jahre wurde die nunmehr Queensland benannte Colonie, welche bisher den
Moreton Bay District gebildet hatte, förmlich als solche constituirt und Bris-
bane
zu ihrer Capitale erklärt. Letzteres hat seinen Namen von Sir Thomas
Brisbane, welcher zur Zeit der ersten Niederlassung in Moreton Bay Gouverneur
von Neusüdwales gewesen ist. Eine grosse Schwierigkeit für die Colonie ergab
sich in der Frage nach Beschaffung tüchtiger Arbeiter. Die ohnehin nur in ge-
ringer Zahl vorhandenen Ureinwohner zeigten sich wenig leistungsfähig, die Ein-
wanderung von auswärts her lieferte keinen raschen Zuwachs, und die neuen

100*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0811" n="[795]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Brisbane.</hi> </head><lb/>
          <p>Die nördliche Küste des australischen Continentes ist noch am<lb/>
wenigsten für culturelle Zwecke gewonnen, sie harrt noch auf ihre<lb/>
Zeit. Allerdings aber ist das ganze Territorium von der britischen Krone<lb/>
in Besitz genommen und in die einzelnen Colonialgebiete eingereiht.<lb/>
Es gehört theils zu Westaustralien, theils zu dem sogenannten Nord-<lb/>
territorium von Südaustralien, theils endlich zu <hi rendition="#g">Queensland</hi>.</p><lb/>
          <p>Letztere Colonie umfasst den nordöstlichen Theil des Continentes<lb/>
und damit zugleich die nördliche Hälfte der Ostküste. Queensland<lb/>
hat sich ebenso wie die anderen Colonien von Neusüdwales<lb/>
abgelöst.</p><lb/>
          <p>Um die Entdeckung und Erforschung eines guten Theiles des heutigen<lb/>
Küstengebietes von Queensland hat sich namentlich Flinders verdient gemacht.<lb/>
Derselbe fand auch zuerst die Moreton Bay, in welche der Brisbanefluss mündet,<lb/>
an dessen Mündung die gleichnamige Stadt, der Hauptort der Colonie Queensland,<lb/>
angelegt wurde.</p><lb/>
          <p>Doch erst längere Zeit nach Flinders&#x2019; Forschungsreisen schritt man<lb/>
zur Gründung einer Ansiedlung. 1824 fand man sich in Sydney bestimmt,<lb/>
in der Moreton Bay eine Zweigstation für besonders gefährliche und unverbesser-<lb/>
liche Deportirte zu errichten. Dies war der Anfang der Colonisirung. Der Um-<lb/>
stand, dass man dann im Hinterlande wundervolle Weidegründe entdeckte, ver-<lb/>
anlasste den Zuzug von Squatters aus Neusüdwales. Im Jahre 1842 wurde freier<lb/>
Zuzug von Einwanderern bedingungslos zugelassen und hörte auch die weitere<lb/>
Deportation von Sträflingen auf. Hiedurch gestaltete sich die Entwicklung dieser<lb/>
Colonie ebenso wie anderwärts günstiger. Zugleich machte sich eine lebhafte<lb/>
Agitation für die Lostrennung von der Stammcolonie geltend, welche Agitation<lb/>
nach mancherlei Schwankungen endlich 1853 zum Ziele führte. In diesem<lb/>
Jahre wurde die nunmehr Queensland benannte Colonie, welche bisher den<lb/>
Moreton Bay District gebildet hatte, förmlich als solche constituirt und <hi rendition="#g">Bris-<lb/>
bane</hi> zu ihrer Capitale erklärt. Letzteres hat seinen Namen von Sir Thomas<lb/>
Brisbane, welcher zur Zeit der ersten Niederlassung in Moreton Bay Gouverneur<lb/>
von Neusüdwales gewesen ist. Eine grosse Schwierigkeit für die Colonie ergab<lb/>
sich in der Frage nach Beschaffung tüchtiger Arbeiter. Die ohnehin nur in ge-<lb/>
ringer Zahl vorhandenen Ureinwohner zeigten sich wenig leistungsfähig, die Ein-<lb/>
wanderung von auswärts her lieferte keinen raschen Zuwachs, und die neuen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">100*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[795]/0811] Brisbane. Die nördliche Küste des australischen Continentes ist noch am wenigsten für culturelle Zwecke gewonnen, sie harrt noch auf ihre Zeit. Allerdings aber ist das ganze Territorium von der britischen Krone in Besitz genommen und in die einzelnen Colonialgebiete eingereiht. Es gehört theils zu Westaustralien, theils zu dem sogenannten Nord- territorium von Südaustralien, theils endlich zu Queensland. Letztere Colonie umfasst den nordöstlichen Theil des Continentes und damit zugleich die nördliche Hälfte der Ostküste. Queensland hat sich ebenso wie die anderen Colonien von Neusüdwales abgelöst. Um die Entdeckung und Erforschung eines guten Theiles des heutigen Küstengebietes von Queensland hat sich namentlich Flinders verdient gemacht. Derselbe fand auch zuerst die Moreton Bay, in welche der Brisbanefluss mündet, an dessen Mündung die gleichnamige Stadt, der Hauptort der Colonie Queensland, angelegt wurde. Doch erst längere Zeit nach Flinders’ Forschungsreisen schritt man zur Gründung einer Ansiedlung. 1824 fand man sich in Sydney bestimmt, in der Moreton Bay eine Zweigstation für besonders gefährliche und unverbesser- liche Deportirte zu errichten. Dies war der Anfang der Colonisirung. Der Um- stand, dass man dann im Hinterlande wundervolle Weidegründe entdeckte, ver- anlasste den Zuzug von Squatters aus Neusüdwales. Im Jahre 1842 wurde freier Zuzug von Einwanderern bedingungslos zugelassen und hörte auch die weitere Deportation von Sträflingen auf. Hiedurch gestaltete sich die Entwicklung dieser Colonie ebenso wie anderwärts günstiger. Zugleich machte sich eine lebhafte Agitation für die Lostrennung von der Stammcolonie geltend, welche Agitation nach mancherlei Schwankungen endlich 1853 zum Ziele führte. In diesem Jahre wurde die nunmehr Queensland benannte Colonie, welche bisher den Moreton Bay District gebildet hatte, förmlich als solche constituirt und Bris- bane zu ihrer Capitale erklärt. Letzteres hat seinen Namen von Sir Thomas Brisbane, welcher zur Zeit der ersten Niederlassung in Moreton Bay Gouverneur von Neusüdwales gewesen ist. Eine grosse Schwierigkeit für die Colonie ergab sich in der Frage nach Beschaffung tüchtiger Arbeiter. Die ohnehin nur in ge- ringer Zahl vorhandenen Ureinwohner zeigten sich wenig leistungsfähig, die Ein- wanderung von auswärts her lieferte keinen raschen Zuwachs, und die neuen 100*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/811
Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [795]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/811>, abgerufen am 22.11.2024.