Ost und West mit einander in paralleler Richtung laufenden Flinders, Collins, Bourke, Lonsdale und Latrobe Street, durchwegs nach Männern benannt, welche sich in der Geschichte Australiens und seiner Ent- deckungen grossen Ruf erworben haben, ebenso wie die Victoria Street Parade können sich den schönsten Strassen europäischer Gross- städte würdig zur Seite stellen. Die Strassen sind in gutem Stand erhalten, wohl gepflastert und gut, vielfach elektrisch beleuchtet, zeigen auch einen höchst lebhaften Verkehr. Ein wohl verzweigtes Netz von Trambahnen steht zur Verfügung. Daran reihen sich zahlreiche Omnibuslinien und ausserdem gibt es viele Cabs nach Londoner Art.
Die Baulichkeiten von Melbourne machen schon darum einen guten und geradewegs stattlichen Eindruck, weil sie aus vorzüglichem Steinmateriale errichtet sind. Und an schönen Bauten hat gerade diese Stadt durchaus keinen Mangel. Es lohnt sich darum der Mühe, dieselben einer kleinen Musterung zu unterziehen.
Das Government House, Sitz des von der Königin bestellten Gouverneurs der Colonie, liegt auf einer kleinen Anhöhe am linken Ufer des Flusses inmitten eines reizenden Gartens und gewährt einen schönen Blick auf die ganze Stadt und die Bucht vor derselben.
Das Parlamentshaus in Spring Street, welches die Sitzungsräume für die, wie in allen australischen Colonien, bestehenden beiden Re- präsentationskörper: das Legislative Council (Oberhaus) und die Legis- lative Assembly (Unterhaus) in sich schliesst, ist mit vieler Pracht her- gestellt und wurde erst kürzlich zur Vollendung gebracht. Das Gebäude ist vorwiegend in altgriechischem Style gehalten. Besonders erwähnenswerth ist die in diesen Räumen untergebrachte Bibliothek, die nicht weniger als 35.000 Bände aufweist. Wie in allen englischen Städten, daheim sowol als in den Colonien, ragt auch hier das Ge- neral-Postamt (Eisabeth Street) hervor. Es bildet einen eigenen Block, wird von einem hohen Uhrthurm überragt, auf welchem als Zeichen der Ankunft von Postdampfern die einzelnen Linien kennzeichnende Flaggen gehisst werden. Nicht minder überrascht der gewaltige Bau des Stadthauses (Melbourne Town Hall), welches durch einen schönen Porticus geziert ist und gleichfalls einen hohen Thurm besitzt. Das- selbe enthält eine grosse Halle, in welcher ein besonders fein ge- arbeitetes Orgelspiel aufgestellt ist.
Zwischen Lonsdale und Bourke Street befindet sich das Gerichts- gebäude (Law Courts), worin die verschiedenen Gerichtshöfe der Stadt untergebracht sind. Dasselbe bildet ein längliches Viereck, in dessen Mitte die von einem kuppelförmigen Thurme überragte Bibliothek der
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Melbourne.
Ost und West mit einander in paralleler Richtung laufenden Flinders, Collins, Bourke, Lonsdale und Latrobe Street, durchwegs nach Männern benannt, welche sich in der Geschichte Australiens und seiner Ent- deckungen grossen Ruf erworben haben, ebenso wie die Victoria Street Parade können sich den schönsten Strassen europäischer Gross- städte würdig zur Seite stellen. Die Strassen sind in gutem Stand erhalten, wohl gepflastert und gut, vielfach elektrisch beleuchtet, zeigen auch einen höchst lebhaften Verkehr. Ein wohl verzweigtes Netz von Trambahnen steht zur Verfügung. Daran reihen sich zahlreiche Omnibuslinien und ausserdem gibt es viele Cabs nach Londoner Art.
Die Baulichkeiten von Melbourne machen schon darum einen guten und geradewegs stattlichen Eindruck, weil sie aus vorzüglichem Steinmateriale errichtet sind. Und an schönen Bauten hat gerade diese Stadt durchaus keinen Mangel. Es lohnt sich darum der Mühe, dieselben einer kleinen Musterung zu unterziehen.
Das Government House, Sitz des von der Königin bestellten Gouverneurs der Colonie, liegt auf einer kleinen Anhöhe am linken Ufer des Flusses inmitten eines reizenden Gartens und gewährt einen schönen Blick auf die ganze Stadt und die Bucht vor derselben.
Das Parlamentshaus in Spring Street, welches die Sitzungsräume für die, wie in allen australischen Colonien, bestehenden beiden Re- präsentationskörper: das Legislative Council (Oberhaus) und die Legis- lative Assembly (Unterhaus) in sich schliesst, ist mit vieler Pracht her- gestellt und wurde erst kürzlich zur Vollendung gebracht. Das Gebäude ist vorwiegend in altgriechischem Style gehalten. Besonders erwähnenswerth ist die in diesen Räumen untergebrachte Bibliothek, die nicht weniger als 35.000 Bände aufweist. Wie in allen englischen Städten, daheim sowol als in den Colonien, ragt auch hier das Ge- neral-Postamt (Eisabeth Street) hervor. Es bildet einen eigenen Block, wird von einem hohen Uhrthurm überragt, auf welchem als Zeichen der Ankunft von Postdampfern die einzelnen Linien kennzeichnende Flaggen gehisst werden. Nicht minder überrascht der gewaltige Bau des Stadthauses (Melbourne Town Hall), welches durch einen schönen Porticus geziert ist und gleichfalls einen hohen Thurm besitzt. Das- selbe enthält eine grosse Halle, in welcher ein besonders fein ge- arbeitetes Orgelspiel aufgestellt ist.
Zwischen Lonsdale und Bourke Street befindet sich das Gerichts- gebäude (Law Courts), worin die verschiedenen Gerichtshöfe der Stadt untergebracht sind. Dasselbe bildet ein längliches Viereck, in dessen Mitte die von einem kuppelförmigen Thurme überragte Bibliothek der
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Ost und West mit einander in paralleler Richtung laufenden Flinders,
Collins, Bourke, Lonsdale und Latrobe Street, durchwegs nach Männern
benannt, welche sich in der Geschichte Australiens und seiner Ent-
deckungen grossen Ruf erworben haben, ebenso wie die Victoria
Street Parade können sich den schönsten Strassen europäischer Gross-
städte würdig zur Seite stellen. Die Strassen sind in gutem Stand
erhalten, wohl gepflastert und gut, vielfach elektrisch beleuchtet,
zeigen auch einen höchst lebhaften Verkehr. Ein wohl verzweigtes Netz
von Trambahnen steht zur Verfügung. Daran reihen sich zahlreiche
Omnibuslinien und ausserdem gibt es viele Cabs nach Londoner Art.
Die Baulichkeiten von Melbourne machen schon darum einen
guten und geradewegs stattlichen Eindruck, weil sie aus vorzüglichem
Steinmateriale errichtet sind. Und an schönen Bauten hat gerade
diese Stadt durchaus keinen Mangel. Es lohnt sich darum der
Mühe, dieselben einer kleinen Musterung zu unterziehen.
Das Government House, Sitz des von der Königin bestellten
Gouverneurs der Colonie, liegt auf einer kleinen Anhöhe am linken
Ufer des Flusses inmitten eines reizenden Gartens und gewährt einen
schönen Blick auf die ganze Stadt und die Bucht vor derselben.
Das Parlamentshaus in Spring Street, welches die Sitzungsräume
für die, wie in allen australischen Colonien, bestehenden beiden Re-
präsentationskörper: das Legislative Council (Oberhaus) und die Legis-
lative Assembly (Unterhaus) in sich schliesst, ist mit vieler Pracht her-
gestellt und wurde erst kürzlich zur Vollendung gebracht. Das
Gebäude ist vorwiegend in altgriechischem Style gehalten. Besonders
erwähnenswerth ist die in diesen Räumen untergebrachte Bibliothek,
die nicht weniger als 35.000 Bände aufweist. Wie in allen englischen
Städten, daheim sowol als in den Colonien, ragt auch hier das Ge-
neral-Postamt (Eisabeth Street) hervor. Es bildet einen eigenen Block,
wird von einem hohen Uhrthurm überragt, auf welchem als Zeichen
der Ankunft von Postdampfern die einzelnen Linien kennzeichnende
Flaggen gehisst werden. Nicht minder überrascht der gewaltige Bau
des Stadthauses (Melbourne Town Hall), welches durch einen schönen
Porticus geziert ist und gleichfalls einen hohen Thurm besitzt. Das-
selbe enthält eine grosse Halle, in welcher ein besonders fein ge-
arbeitetes Orgelspiel aufgestellt ist.
Zwischen Lonsdale und Bourke Street befindet sich das Gerichts-
gebäude (Law Courts), worin die verschiedenen Gerichtshöfe der Stadt
untergebracht sind. Dasselbe bildet ein längliches Viereck, in dessen
Mitte die von einem kuppelförmigen Thurme überragte Bibliothek der
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/787>, abgerufen am 22.11.2024.
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