Bestimmung dieser Acte bezog sich darauf, dass ausdrücklich Südaustralien von der Deportation von Sträflingen ausgenommen worden ist. Dieser Umstand hat jedenfalls auf die Entwicklung der Colonie gut eingewirkt und diese vor mancher- lei Schwierigkeiten bewahrt, mit denen ihre älteren Schwestern lange Zeit zu kämpfen hatten.
Um die Acte auch zu verwirklichen und die erforderlichen Mittel aufzu- bringen, bildete man die "Südaustralische Gesellschaft", welche die weitere Aus- führung des Projectes in die Hand nahm. Oberst Light ward 1836 nach Australien abgesendet. Er nahm die erste Landvermessung zur Besiedlung vor und wählte auch den Punkt zur Anlage der ersten Stadt. Seine Wahl fiel auf den St. Vincent- Golf und für die städtische Anlage auf den Platz, wo jetzt Adelaide steht. In den letzten Tagen des Jahres 1836 fand die förmliche Besitzergreifung der neuen Colonie statt, und heute feiert man den betreffenden Tag -- es ist der 28. De- cember -- als den grössten Festtag in ganz Südaustralien.
Da dieses Land nicht durch solche Umstände begünstigt war, wie Victoria, dem die Entdeckung reicher Goldfelder zu einem ganz fabel- haft raschen Aufschwunge verholfen hat, so ging die Entwicklung von Südaustralien einen mehr natürlichen aber viel langsameren Gang. Diese Entwicklung ist auf den Pflug und die Viehzucht gestützt. Wohl gelang es der Umsicht und Thätigkeit seiner von Jahr zu Jahr sich meh- renden Bewohner und der unermüdlichen Ausdauer und dem regen Fleisse derselben, aus den reichen Schätzen des von der Natur gesegneten Landes Vortheil zu ziehen und die Entwicklung des Landes und ins- besondere seiner Hauptstadt in fort und fort aufsteigender Linie zu erhalten. Adelaide kann sich an Grösse und Einwohnerzahl bereits unter die ersten Plätze des australischen Welttheiles stellen.
Die Küstenentwicklung des südlichen Continentes charakterisirt sich dadurch, dass die Südküste, deren beide äussersten Markpunkte fast in derselben Breite liegen, eine tiefe, aber allmälig verlaufende Einbuchtung bildet, deren Scheitelpunkt zugleich ziemlich in der Mitte der ganzen Südküste gelegen ist.
Die östliche Hälfte weist aber eine viel grössere Gliederung auf, als die westliche. Wir finden zuerst Port Phillip, dann die schon vorher erwähnte Encounter-Bay mit der Mündung des Murray, hierauf kommt der Golf von St. Vincent, welchem die Känguruh-Insel vor- liegt, und dann zieht sich der Spencer-Golf fast fjordartig tief in das Land hinein; erst westlich von diesem Golfe wird die Configuration der Küste eine einförmigere. In dem freundlichen Golfe von St. Vincent liegt aber Adelaide, welches seinen Namen von der Gemahlin des zur Zeit der Gründung in England regierenden Königs Wilhelm IV. erhielt. Adelaide selbst liegt nicht unmittelbar an der See, doch ganz in deren Nähe, so dass es sich aller Vortheile einer Seestadt erfreut.
Die australischen Gewässer.
Bestimmung dieser Acte bezog sich darauf, dass ausdrücklich Südaustralien von der Deportation von Sträflingen ausgenommen worden ist. Dieser Umstand hat jedenfalls auf die Entwicklung der Colonie gut eingewirkt und diese vor mancher- lei Schwierigkeiten bewahrt, mit denen ihre älteren Schwestern lange Zeit zu kämpfen hatten.
Um die Acte auch zu verwirklichen und die erforderlichen Mittel aufzu- bringen, bildete man die „Südaustralische Gesellschaft“, welche die weitere Aus- führung des Projectes in die Hand nahm. Oberst Light ward 1836 nach Australien abgesendet. Er nahm die erste Landvermessung zur Besiedlung vor und wählte auch den Punkt zur Anlage der ersten Stadt. Seine Wahl fiel auf den St. Vincent- Golf und für die städtische Anlage auf den Platz, wo jetzt Adelaide steht. In den letzten Tagen des Jahres 1836 fand die förmliche Besitzergreifung der neuen Colonie statt, und heute feiert man den betreffenden Tag — es ist der 28. De- cember — als den grössten Festtag in ganz Südaustralien.
Da dieses Land nicht durch solche Umstände begünstigt war, wie Victoria, dem die Entdeckung reicher Goldfelder zu einem ganz fabel- haft raschen Aufschwunge verholfen hat, so ging die Entwicklung von Südaustralien einen mehr natürlichen aber viel langsameren Gang. Diese Entwicklung ist auf den Pflug und die Viehzucht gestützt. Wohl gelang es der Umsicht und Thätigkeit seiner von Jahr zu Jahr sich meh- renden Bewohner und der unermüdlichen Ausdauer und dem regen Fleisse derselben, aus den reichen Schätzen des von der Natur gesegneten Landes Vortheil zu ziehen und die Entwicklung des Landes und ins- besondere seiner Hauptstadt in fort und fort aufsteigender Linie zu erhalten. Adelaide kann sich an Grösse und Einwohnerzahl bereits unter die ersten Plätze des australischen Welttheiles stellen.
Die Küstenentwicklung des südlichen Continentes charakterisirt sich dadurch, dass die Südküste, deren beide äussersten Markpunkte fast in derselben Breite liegen, eine tiefe, aber allmälig verlaufende Einbuchtung bildet, deren Scheitelpunkt zugleich ziemlich in der Mitte der ganzen Südküste gelegen ist.
Die östliche Hälfte weist aber eine viel grössere Gliederung auf, als die westliche. Wir finden zuerst Port Phillip, dann die schon vorher erwähnte Encounter-Bay mit der Mündung des Murray, hierauf kommt der Golf von St. Vincent, welchem die Känguruh-Insel vor- liegt, und dann zieht sich der Spencer-Golf fast fjordartig tief in das Land hinein; erst westlich von diesem Golfe wird die Configuration der Küste eine einförmigere. In dem freundlichen Golfe von St. Vincent liegt aber Adelaide, welches seinen Namen von der Gemahlin des zur Zeit der Gründung in England regierenden Königs Wilhelm IV. erhielt. Adelaide selbst liegt nicht unmittelbar an der See, doch ganz in deren Nähe, so dass es sich aller Vortheile einer Seestadt erfreut.
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Die australischen Gewässer.
Bestimmung dieser Acte bezog sich darauf, dass ausdrücklich Südaustralien von
der Deportation von Sträflingen ausgenommen worden ist. Dieser Umstand hat
jedenfalls auf die Entwicklung der Colonie gut eingewirkt und diese vor mancher-
lei Schwierigkeiten bewahrt, mit denen ihre älteren Schwestern lange Zeit zu
kämpfen hatten.
Um die Acte auch zu verwirklichen und die erforderlichen Mittel aufzu-
bringen, bildete man die „Südaustralische Gesellschaft“, welche die weitere Aus-
führung des Projectes in die Hand nahm. Oberst Light ward 1836 nach Australien
abgesendet. Er nahm die erste Landvermessung zur Besiedlung vor und wählte
auch den Punkt zur Anlage der ersten Stadt. Seine Wahl fiel auf den St. Vincent-
Golf und für die städtische Anlage auf den Platz, wo jetzt Adelaide steht. In
den letzten Tagen des Jahres 1836 fand die förmliche Besitzergreifung der neuen
Colonie statt, und heute feiert man den betreffenden Tag — es ist der 28. De-
cember — als den grössten Festtag in ganz Südaustralien.
Da dieses Land nicht durch solche Umstände begünstigt war, wie
Victoria, dem die Entdeckung reicher Goldfelder zu einem ganz fabel-
haft raschen Aufschwunge verholfen hat, so ging die Entwicklung von
Südaustralien einen mehr natürlichen aber viel langsameren Gang.
Diese Entwicklung ist auf den Pflug und die Viehzucht gestützt. Wohl
gelang es der Umsicht und Thätigkeit seiner von Jahr zu Jahr sich meh-
renden Bewohner und der unermüdlichen Ausdauer und dem regen Fleisse
derselben, aus den reichen Schätzen des von der Natur gesegneten
Landes Vortheil zu ziehen und die Entwicklung des Landes und ins-
besondere seiner Hauptstadt in fort und fort aufsteigender Linie zu
erhalten. Adelaide kann sich an Grösse und Einwohnerzahl bereits
unter die ersten Plätze des australischen Welttheiles stellen.
Die Küstenentwicklung des südlichen Continentes charakterisirt
sich dadurch, dass die Südküste, deren beide äussersten Markpunkte
fast in derselben Breite liegen, eine tiefe, aber allmälig verlaufende
Einbuchtung bildet, deren Scheitelpunkt zugleich ziemlich in der Mitte
der ganzen Südküste gelegen ist.
Die östliche Hälfte weist aber eine viel grössere Gliederung auf,
als die westliche. Wir finden zuerst Port Phillip, dann die schon
vorher erwähnte Encounter-Bay mit der Mündung des Murray, hierauf
kommt der Golf von St. Vincent, welchem die Känguruh-Insel vor-
liegt, und dann zieht sich der Spencer-Golf fast fjordartig tief in das
Land hinein; erst westlich von diesem Golfe wird die Configuration
der Küste eine einförmigere. In dem freundlichen Golfe von St. Vincent
liegt aber Adelaide, welches seinen Namen von der Gemahlin des zur
Zeit der Gründung in England regierenden Königs Wilhelm IV. erhielt.
Adelaide selbst liegt nicht unmittelbar an der See, doch ganz in
deren Nähe, so dass es sich aller Vortheile einer Seestadt erfreut.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/772>, abgerufen am 22.11.2024.
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