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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Capstadt
heit der Umgebung hat die Lösung der Aufgabe durch eine Wasser-
leitung vom Tafelberge freilich erleichtert, aber nichts destoweniger
hat man auch in technischer Beziehung Alles gethan, um den Ein-
wohnern die grosse Wohlthat guten Trink- und reichlichen Nutz-
wassers zu verschaffen.

Das Leben und Treiben in der Stadt macht einen guten Ein-
druck, und wären nicht fremdartige Menschengestalten zu sehen, so
würde man kaum glauben, dass man sich an der Südspitze von
Afrika, fern von Europa befinde. Das berühmte (astronomische und
magnetische) Observatorium befindet sich ausserhalb der Stadt
(33° 56' 3" südl. Breite und 18° 28' 40" östl. Länge v. Gr.). In der Cap-
stadt erscheinen sieben Zeitschriften, darunter eine deutsche. Ausser
zahlreichen Kirchen aller christlichen Confessionen finden wir hier
auch eine Synagoge und eine Moschee.

Die Bevölkerung der Capstadt, welche sich auf etwas über
60.000 Seelen beläuft, besteht aus verschiedenen Elementen. In erster
Linie stehen die Briten, welche auch die wichtigsten Stellen im
öffentlichen, wie im Geschäftsleben innehaben und den Ton angeben.
Dann kommen die Holländer, obwohl sich diese mehr und mehr ins
Innere des Landes zurückgezogen haben, wo sie vorwiegend ihrer
Hauptbeschäftigung, der Landwirthschaft, obliegen. Deutsche sind in
einiger Anzahl vertreten, während sonstige Europäer nur mehr ver-
einzelt vorkommen. Auch Neger sind, zumeist in niederen Bedien-
stungen, dann als Arbeiter, viele aus der Zeit vorhanden, in welcher
die Sclaverei noch zu Recht bestanden hat. Ebenso trifft man auch
häufig Malayen, dagegen erscheinen eigentliche Eingeborne, wie
Kaffern, Buschmänner, Hottentoten nur mehr vereinzelt in der Stadt.
Europäische Kleidung ist ganz allgemein.

Die Stadt besitzt einige, aber durchwegs mehr oder minder ver-
altete Befestigungen, von denen das Castell wenigstens stattlich aus-
sieht, wenn es auch ganz nach längst veralteten Principien angelegt
ist. Heute dient diese ziemlich geräumige Fortification zur theilweisen
Unterbringung der Garnison; dann befinden sich daselbst das Quartier
des Militärcommandanten der Colonie und sonstige militärische Bureaux.
Ueberhaupt ist für die Garnison sehr gut gesorgt.

Auch an öffentlichen Institutionen hat die Capstadt keinen
Mangel, sowohl an solchen für geschäftliche, als auch für humanitäre
Zwecke. Unter ersteren verdienen die bestehenden fünf Banken Be-
achtung, deren wichtigste die Standard Bank of South Africa ist,
welche in einem sehr schönen Palais residirt. Dann kommt die Cape

Capstadt
heit der Umgebung hat die Lösung der Aufgabe durch eine Wasser-
leitung vom Tafelberge freilich erleichtert, aber nichts destoweniger
hat man auch in technischer Beziehung Alles gethan, um den Ein-
wohnern die grosse Wohlthat guten Trink- und reichlichen Nutz-
wassers zu verschaffen.

Das Leben und Treiben in der Stadt macht einen guten Ein-
druck, und wären nicht fremdartige Menschengestalten zu sehen, so
würde man kaum glauben, dass man sich an der Südspitze von
Afrika, fern von Europa befinde. Das berühmte (astronomische und
magnetische) Observatorium befindet sich ausserhalb der Stadt
(33° 56′ 3″ südl. Breite und 18° 28′ 40″ östl. Länge v. Gr.). In der Cap-
stadt erscheinen sieben Zeitschriften, darunter eine deutsche. Ausser
zahlreichen Kirchen aller christlichen Confessionen finden wir hier
auch eine Synagoge und eine Moschee.

Die Bevölkerung der Capstadt, welche sich auf etwas über
60.000 Seelen beläuft, besteht aus verschiedenen Elementen. In erster
Linie stehen die Briten, welche auch die wichtigsten Stellen im
öffentlichen, wie im Geschäftsleben innehaben und den Ton angeben.
Dann kommen die Holländer, obwohl sich diese mehr und mehr ins
Innere des Landes zurückgezogen haben, wo sie vorwiegend ihrer
Hauptbeschäftigung, der Landwirthschaft, obliegen. Deutsche sind in
einiger Anzahl vertreten, während sonstige Europäer nur mehr ver-
einzelt vorkommen. Auch Neger sind, zumeist in niederen Bedien-
stungen, dann als Arbeiter, viele aus der Zeit vorhanden, in welcher
die Sclaverei noch zu Recht bestanden hat. Ebenso trifft man auch
häufig Malayen, dagegen erscheinen eigentliche Eingeborne, wie
Kaffern, Buschmänner, Hottentoten nur mehr vereinzelt in der Stadt.
Europäische Kleidung ist ganz allgemein.

Die Stadt besitzt einige, aber durchwegs mehr oder minder ver-
altete Befestigungen, von denen das Castell wenigstens stattlich aus-
sieht, wenn es auch ganz nach längst veralteten Principien angelegt
ist. Heute dient diese ziemlich geräumige Fortification zur theilweisen
Unterbringung der Garnison; dann befinden sich daselbst das Quartier
des Militärcommandanten der Colonie und sonstige militärische Bureaux.
Ueberhaupt ist für die Garnison sehr gut gesorgt.

Auch an öffentlichen Institutionen hat die Capstadt keinen
Mangel, sowohl an solchen für geschäftliche, als auch für humanitäre
Zwecke. Unter ersteren verdienen die bestehenden fünf Banken Be-
achtung, deren wichtigste die Standard Bank of South Africa ist,
welche in einem sehr schönen Palais residirt. Dann kommt die Cape

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[679/0695] Capstadt heit der Umgebung hat die Lösung der Aufgabe durch eine Wasser- leitung vom Tafelberge freilich erleichtert, aber nichts destoweniger hat man auch in technischer Beziehung Alles gethan, um den Ein- wohnern die grosse Wohlthat guten Trink- und reichlichen Nutz- wassers zu verschaffen. Das Leben und Treiben in der Stadt macht einen guten Ein- druck, und wären nicht fremdartige Menschengestalten zu sehen, so würde man kaum glauben, dass man sich an der Südspitze von Afrika, fern von Europa befinde. Das berühmte (astronomische und magnetische) Observatorium befindet sich ausserhalb der Stadt (33° 56′ 3″ südl. Breite und 18° 28′ 40″ östl. Länge v. Gr.). In der Cap- stadt erscheinen sieben Zeitschriften, darunter eine deutsche. Ausser zahlreichen Kirchen aller christlichen Confessionen finden wir hier auch eine Synagoge und eine Moschee. Die Bevölkerung der Capstadt, welche sich auf etwas über 60.000 Seelen beläuft, besteht aus verschiedenen Elementen. In erster Linie stehen die Briten, welche auch die wichtigsten Stellen im öffentlichen, wie im Geschäftsleben innehaben und den Ton angeben. Dann kommen die Holländer, obwohl sich diese mehr und mehr ins Innere des Landes zurückgezogen haben, wo sie vorwiegend ihrer Hauptbeschäftigung, der Landwirthschaft, obliegen. Deutsche sind in einiger Anzahl vertreten, während sonstige Europäer nur mehr ver- einzelt vorkommen. Auch Neger sind, zumeist in niederen Bedien- stungen, dann als Arbeiter, viele aus der Zeit vorhanden, in welcher die Sclaverei noch zu Recht bestanden hat. Ebenso trifft man auch häufig Malayen, dagegen erscheinen eigentliche Eingeborne, wie Kaffern, Buschmänner, Hottentoten nur mehr vereinzelt in der Stadt. Europäische Kleidung ist ganz allgemein. Die Stadt besitzt einige, aber durchwegs mehr oder minder ver- altete Befestigungen, von denen das Castell wenigstens stattlich aus- sieht, wenn es auch ganz nach längst veralteten Principien angelegt ist. Heute dient diese ziemlich geräumige Fortification zur theilweisen Unterbringung der Garnison; dann befinden sich daselbst das Quartier des Militärcommandanten der Colonie und sonstige militärische Bureaux. Ueberhaupt ist für die Garnison sehr gut gesorgt. Auch an öffentlichen Institutionen hat die Capstadt keinen Mangel, sowohl an solchen für geschäftliche, als auch für humanitäre Zwecke. Unter ersteren verdienen die bestehenden fünf Banken Be- achtung, deren wichtigste die Standard Bank of South Africa ist, welche in einem sehr schönen Palais residirt. Dann kommt die Cape

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/695>, abgerufen am 25.11.2024.