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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Aden.

Eine grosse Wichtigkeit für Aden, einen Ort, der keine natür-
lichen Quellen besitzt, hat die in der Nähe der Stadt befindliche
Cisternenanlage, in welcher man das Regenwasser sammelt. Diese
Anlagen sind zugleich das einzige Object, welches in Aden Interesse
bietet, und der einzige grüne Fleck Erde, allwo man sich etwas er-
holen kann. Die Cisternen sind sehr alt und man kann die Zeit
ihrer Entstehung nicht genau angeben. Sie sind stufenförmig in den
Felsen eingehauen, so dass es im Ganzen fünfzig Reservoirs gibt,
welche gut ausgemauert sind. Ist ein Reservoir voll, so strömt das
überfliessende Wasser in das tiefergelegene. Am Südostende der
Stadt werden diese Reservoirs durch ein grosses Bassin abgeschlossen.
Man veranschlagt den Fassungsraum sämmtlicher Cisternen auf fast
anderthalb Millionen Hektoliter. Bei dem im Ganzen seltenen Regenfalle
sind die Cisternen schwer ganz zu füllen, und darum ist Wasser in
Aden ein gut bezahlter Artikel. Man ist damit sparsam und hilft
vielfach durch Destillation von Meerwasser nach. Uebrigens ist in
neuester Zeit auch eine Wasserleitung angelegt.

In fortificatorischer Beziehung gilt Aden für stark. Die Felsen
bilden den Kern der Anlage, während die Kunst nur zu deren Er-
gänzung mitgeholfen hat. Eine Reihe von Batterien krönt die ein-
zelnen Höhen. Die Garnison selbst aber ist meist in luftigen Ba-
racken untergebracht. Aden untersteht der Präsidentschaft Bombay;
jedoch sind dem in der Stadt residirenden Regierungsvertreter (Re-
sident) ziemlich grosse Befugnisse zugestanden.

Die Einwohnerschaft Adens ist sehr gemischt. Herrschen auch
dort die Engländer, so ist doch deren Anzahl, abgesehen von der
Besatzung, eine geringe. Aber trotz der tropischen Temperatur des
Ortes halten die Engländer auch in Aden an ihren heimischen Ge-
wohnheiten fest. Das Gros der Bevölkerung besteht aus Arabern und
aus Somali-Negern. Die Araber sind die eigentlichen Landinsassen,
ein stattlicher Menschenschlag, der sich hier vorwiegend mit Handel
beschäftigt; hauptsächlich schaffen sie aus den benachbarten Gebieten
Lebensmittel her. Die Somali kommen von der afrikanischen Küste
herüber, haben sich aber in Aden niedergelassen und sind zum Theil
auch in engere Beziehung zu den Einwohnern getreten. Diese Somali
vermitteln wesentlich den Verkehr mit Afrika. Sie handeln haupt-
sächlich mit Vieh, Straussfedern, Elephantenzähnen und Stroharbeiten
der verschiedensten Art. Die Somali haben eine mehr gelbliche Haut-
farbe und werden daher fast mit Unrecht der Negerrasse zugezählt.
Sie tragen ein sehr einfaches Costüm, färben sich aber gerne das

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Aden.

Eine grosse Wichtigkeit für Aden, einen Ort, der keine natür-
lichen Quellen besitzt, hat die in der Nähe der Stadt befindliche
Cisternenanlage, in welcher man das Regenwasser sammelt. Diese
Anlagen sind zugleich das einzige Object, welches in Aden Interesse
bietet, und der einzige grüne Fleck Erde, allwo man sich etwas er-
holen kann. Die Cisternen sind sehr alt und man kann die Zeit
ihrer Entstehung nicht genau angeben. Sie sind stufenförmig in den
Felsen eingehauen, so dass es im Ganzen fünfzig Reservoirs gibt,
welche gut ausgemauert sind. Ist ein Reservoir voll, so strömt das
überfliessende Wasser in das tiefergelegene. Am Südostende der
Stadt werden diese Reservoirs durch ein grosses Bassin abgeschlossen.
Man veranschlagt den Fassungsraum sämmtlicher Cisternen auf fast
anderthalb Millionen Hektoliter. Bei dem im Ganzen seltenen Regenfalle
sind die Cisternen schwer ganz zu füllen, und darum ist Wasser in
Aden ein gut bezahlter Artikel. Man ist damit sparsam und hilft
vielfach durch Destillation von Meerwasser nach. Uebrigens ist in
neuester Zeit auch eine Wasserleitung angelegt.

In fortificatorischer Beziehung gilt Aden für stark. Die Felsen
bilden den Kern der Anlage, während die Kunst nur zu deren Er-
gänzung mitgeholfen hat. Eine Reihe von Batterien krönt die ein-
zelnen Höhen. Die Garnison selbst aber ist meist in luftigen Ba-
racken untergebracht. Aden untersteht der Präsidentschaft Bombay;
jedoch sind dem in der Stadt residirenden Regierungsvertreter (Re-
sident) ziemlich grosse Befugnisse zugestanden.

Die Einwohnerschaft Adens ist sehr gemischt. Herrschen auch
dort die Engländer, so ist doch deren Anzahl, abgesehen von der
Besatzung, eine geringe. Aber trotz der tropischen Temperatur des
Ortes halten die Engländer auch in Aden an ihren heimischen Ge-
wohnheiten fest. Das Gros der Bevölkerung besteht aus Arabern und
aus Somali-Negern. Die Araber sind die eigentlichen Landinsassen,
ein stattlicher Menschenschlag, der sich hier vorwiegend mit Handel
beschäftigt; hauptsächlich schaffen sie aus den benachbarten Gebieten
Lebensmittel her. Die Somali kommen von der afrikanischen Küste
herüber, haben sich aber in Aden niedergelassen und sind zum Theil
auch in engere Beziehung zu den Einwohnern getreten. Diese Somali
vermitteln wesentlich den Verkehr mit Afrika. Sie handeln haupt-
sächlich mit Vieh, Straussfedern, Elephantenzähnen und Stroharbeiten
der verschiedensten Art. Die Somali haben eine mehr gelbliche Haut-
farbe und werden daher fast mit Unrecht der Negerrasse zugezählt.
Sie tragen ein sehr einfaches Costüm, färben sich aber gerne das

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[627/0643] Aden. Eine grosse Wichtigkeit für Aden, einen Ort, der keine natür- lichen Quellen besitzt, hat die in der Nähe der Stadt befindliche Cisternenanlage, in welcher man das Regenwasser sammelt. Diese Anlagen sind zugleich das einzige Object, welches in Aden Interesse bietet, und der einzige grüne Fleck Erde, allwo man sich etwas er- holen kann. Die Cisternen sind sehr alt und man kann die Zeit ihrer Entstehung nicht genau angeben. Sie sind stufenförmig in den Felsen eingehauen, so dass es im Ganzen fünfzig Reservoirs gibt, welche gut ausgemauert sind. Ist ein Reservoir voll, so strömt das überfliessende Wasser in das tiefergelegene. Am Südostende der Stadt werden diese Reservoirs durch ein grosses Bassin abgeschlossen. Man veranschlagt den Fassungsraum sämmtlicher Cisternen auf fast anderthalb Millionen Hektoliter. Bei dem im Ganzen seltenen Regenfalle sind die Cisternen schwer ganz zu füllen, und darum ist Wasser in Aden ein gut bezahlter Artikel. Man ist damit sparsam und hilft vielfach durch Destillation von Meerwasser nach. Uebrigens ist in neuester Zeit auch eine Wasserleitung angelegt. In fortificatorischer Beziehung gilt Aden für stark. Die Felsen bilden den Kern der Anlage, während die Kunst nur zu deren Er- gänzung mitgeholfen hat. Eine Reihe von Batterien krönt die ein- zelnen Höhen. Die Garnison selbst aber ist meist in luftigen Ba- racken untergebracht. Aden untersteht der Präsidentschaft Bombay; jedoch sind dem in der Stadt residirenden Regierungsvertreter (Re- sident) ziemlich grosse Befugnisse zugestanden. Die Einwohnerschaft Adens ist sehr gemischt. Herrschen auch dort die Engländer, so ist doch deren Anzahl, abgesehen von der Besatzung, eine geringe. Aber trotz der tropischen Temperatur des Ortes halten die Engländer auch in Aden an ihren heimischen Ge- wohnheiten fest. Das Gros der Bevölkerung besteht aus Arabern und aus Somali-Negern. Die Araber sind die eigentlichen Landinsassen, ein stattlicher Menschenschlag, der sich hier vorwiegend mit Handel beschäftigt; hauptsächlich schaffen sie aus den benachbarten Gebieten Lebensmittel her. Die Somali kommen von der afrikanischen Küste herüber, haben sich aber in Aden niedergelassen und sind zum Theil auch in engere Beziehung zu den Einwohnern getreten. Diese Somali vermitteln wesentlich den Verkehr mit Afrika. Sie handeln haupt- sächlich mit Vieh, Straussfedern, Elephantenzähnen und Stroharbeiten der verschiedensten Art. Die Somali haben eine mehr gelbliche Haut- farbe und werden daher fast mit Unrecht der Negerrasse zugezählt. Sie tragen ein sehr einfaches Costüm, färben sich aber gerne das 79*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/643>, abgerufen am 22.11.2024.