an der Mündung des ebenfalls schiffbaren und seit 1890 von einem englischen Dampfer regelmässig befahrenen Nebenflusses Karun.
An den zumeist sehr seichten und verschlammten Canälen Basrahs, durch welche Boote nicht gerudert, sondern mit Stangen geschoben werden, liegen niedrige Häuser, die jetzt auch schon aus gebrannten Ziegeln hergestellt werden, der Mehrzahl nach aber aus ungebrannten, an der Sonne getrockneten Lehmziegeln bestehen. In den Backsteinhäusern, die manchmal auch ein Stockwerk besitzen und meist von Europäern bewohnt werden, findet man den Luxus eines Backsteinpflasters, während die übrigen Wohnungen sich auch für diesen Zweck des Universalauskunftsmittels bedienen und den zu Basrah sehr billigen Lehm verwenden, der in einer etwas anderen Form -- als Strassenkoth -- auch das landesübliche Kinderspielzeug ist.
Der Bazar, hier wie in allen orientalischen Städten der Sammel- punkt aller Verkaufsläden und des Handelsverkehres, befindet sich in dem zwei Seemeilen vom Schatt el Arab entfernten und an dem Flüsschen Asshar gelegenen Centrum der Stadt; er besteht aus dem grossen Bazar, Suk-el-Kebir, und dem kleinen Bazar, Suk-el-Zeghir. Zwischen diesen beiden liegt das Serail (Regierungsgebäude), dann ein grosser Platz, der durch die anliegenden vielen Getreideläden zum Getreidemarkt verwandelt wurde, eine niedrige, von einigen Sol- daten bewachte Schilfhütte, welche das Garnisons-Pulvermagazin ist, eine Moschee und das halbzerfallene Telegraphenamt. Im kleinen Bazar werden hauptsächlich Lebensmittel, Tabak, Sandalen und Stroh- matten feilgeboten, während im grossen Bazar Waffenhändler, Schuh- waarenhändler und (1888) ein Schneider ihre Läden offen halten.
Ausserhalb Basrahs dehnt sich die Wüste mit anfangs lehmigem, später steinigem Boden aus.
Daran, dass Basrah nicht annähernd die commercielle Stellung als Seehafen einnimmt, die ihm seiner vorzüglichen geographischen Lage nach zukäme, daran trägt allein die Verkommenheit der orien- talischen Zustände die Schuld. Basrah könnte den Handel von ganz Mesopotamien, Armenien und West-Persien beherrschen. Der Türkei fehlt das Verständniss für solche Aufgaben, sie thut nichts für Hafen- bauten, Wege oder für die Flussschiffahrt. Was für letztere auf den Euphrat und Tigris geschehen ist, machen die Engländer, welche auch von Bagdad aus den mesopotamischen Handel in Händen halten. Ein Wechsel zum Besseren ist nur vom Ausbau der türkischen Eisen- bahnen in Asien, speciell der seit 1839 geplanten Euphratbahn zu erwarten. Ihr Bau bedeutete auch ein neues Morgenroth für Basrah.
Die Häfen des persischen Golfes.
an der Mündung des ebenfalls schiffbaren und seit 1890 von einem englischen Dampfer regelmässig befahrenen Nebenflusses Karun.
An den zumeist sehr seichten und verschlammten Canälen Basrahs, durch welche Boote nicht gerudert, sondern mit Stangen geschoben werden, liegen niedrige Häuser, die jetzt auch schon aus gebrannten Ziegeln hergestellt werden, der Mehrzahl nach aber aus ungebrannten, an der Sonne getrockneten Lehmziegeln bestehen. In den Backsteinhäusern, die manchmal auch ein Stockwerk besitzen und meist von Europäern bewohnt werden, findet man den Luxus eines Backsteinpflasters, während die übrigen Wohnungen sich auch für diesen Zweck des Universalauskunftsmittels bedienen und den zu Basrah sehr billigen Lehm verwenden, der in einer etwas anderen Form — als Strassenkoth — auch das landesübliche Kinderspielzeug ist.
Der Bazar, hier wie in allen orientalischen Städten der Sammel- punkt aller Verkaufsläden und des Handelsverkehres, befindet sich in dem zwei Seemeilen vom Schatt el Arab entfernten und an dem Flüsschen Asshar gelegenen Centrum der Stadt; er besteht aus dem grossen Bazar, Suk-el-Kebir, und dem kleinen Bazar, Suk-el-Zeghir. Zwischen diesen beiden liegt das Serail (Regierungsgebäude), dann ein grosser Platz, der durch die anliegenden vielen Getreideläden zum Getreidemarkt verwandelt wurde, eine niedrige, von einigen Sol- daten bewachte Schilfhütte, welche das Garnisons-Pulvermagazin ist, eine Moschee und das halbzerfallene Telegraphenamt. Im kleinen Bazar werden hauptsächlich Lebensmittel, Tabak, Sandalen und Stroh- matten feilgeboten, während im grossen Bazar Waffenhändler, Schuh- waarenhändler und (1888) ein Schneider ihre Läden offen halten.
Ausserhalb Basrahs dehnt sich die Wüste mit anfangs lehmigem, später steinigem Boden aus.
Daran, dass Basrah nicht annähernd die commercielle Stellung als Seehafen einnimmt, die ihm seiner vorzüglichen geographischen Lage nach zukäme, daran trägt allein die Verkommenheit der orien- talischen Zustände die Schuld. Basrah könnte den Handel von ganz Mesopotamien, Armenien und West-Persien beherrschen. Der Türkei fehlt das Verständniss für solche Aufgaben, sie thut nichts für Hafen- bauten, Wege oder für die Flussschiffahrt. Was für letztere auf den Euphrat und Tigris geschehen ist, machen die Engländer, welche auch von Bagdad aus den mesopotamischen Handel in Händen halten. Ein Wechsel zum Besseren ist nur vom Ausbau der türkischen Eisen- bahnen in Asien, speciell der seit 1839 geplanten Euphratbahn zu erwarten. Ihr Bau bedeutete auch ein neues Morgenroth für Basrah.
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Die Häfen des persischen Golfes.
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An den zumeist sehr seichten und verschlammten Canälen
Basrahs, durch welche Boote nicht gerudert, sondern mit Stangen
geschoben werden, liegen niedrige Häuser, die jetzt auch schon aus
gebrannten Ziegeln hergestellt werden, der Mehrzahl nach aber aus
ungebrannten, an der Sonne getrockneten Lehmziegeln bestehen. In
den Backsteinhäusern, die manchmal auch ein Stockwerk besitzen und
meist von Europäern bewohnt werden, findet man den Luxus eines
Backsteinpflasters, während die übrigen Wohnungen sich auch für diesen
Zweck des Universalauskunftsmittels bedienen und den zu Basrah
sehr billigen Lehm verwenden, der in einer etwas anderen Form
— als Strassenkoth — auch das landesübliche Kinderspielzeug ist.
Der Bazar, hier wie in allen orientalischen Städten der Sammel-
punkt aller Verkaufsläden und des Handelsverkehres, befindet sich in
dem zwei Seemeilen vom Schatt el Arab entfernten und an dem
Flüsschen Asshar gelegenen Centrum der Stadt; er besteht aus dem
grossen Bazar, Suk-el-Kebir, und dem kleinen Bazar, Suk-el-Zeghir.
Zwischen diesen beiden liegt das Serail (Regierungsgebäude), dann
ein grosser Platz, der durch die anliegenden vielen Getreideläden
zum Getreidemarkt verwandelt wurde, eine niedrige, von einigen Sol-
daten bewachte Schilfhütte, welche das Garnisons-Pulvermagazin ist,
eine Moschee und das halbzerfallene Telegraphenamt. Im kleinen Bazar
werden hauptsächlich Lebensmittel, Tabak, Sandalen und Stroh-
matten feilgeboten, während im grossen Bazar Waffenhändler, Schuh-
waarenhändler und (1888) ein Schneider ihre Läden offen halten.
Ausserhalb Basrahs dehnt sich die Wüste mit anfangs lehmigem,
später steinigem Boden aus.
Daran, dass Basrah nicht annähernd die commercielle Stellung
als Seehafen einnimmt, die ihm seiner vorzüglichen geographischen
Lage nach zukäme, daran trägt allein die Verkommenheit der orien-
talischen Zustände die Schuld. Basrah könnte den Handel von ganz
Mesopotamien, Armenien und West-Persien beherrschen. Der Türkei
fehlt das Verständniss für solche Aufgaben, sie thut nichts für Hafen-
bauten, Wege oder für die Flussschiffahrt. Was für letztere auf den
Euphrat und Tigris geschehen ist, machen die Engländer, welche
auch von Bagdad aus den mesopotamischen Handel in Händen halten.
Ein Wechsel zum Besseren ist nur vom Ausbau der türkischen Eisen-
bahnen in Asien, speciell der seit 1839 geplanten Euphratbahn zu
erwarten. Ihr Bau bedeutete auch ein neues Morgenroth für Basrah.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/631>, abgerufen am 25.11.2024.
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