eigenes Gotteshaus, sie kommen ihrem Cultus theils an den Ufern des Hooghly, theils in Privathäusern nach. Nur die Göttin Kalei, die Schutzpatronin von Calcutta, hat einen kleinen Tempel in Kalighat am Ufer des Nullah.
Die Schulbildung wird von einer grossen Anzahl von Instituten besorgt, als deren hervorragendste zu nennen sind: Hindu College, University Senate House, Hare School, Sanskrit College, Medical College, Free Institution und die berühmte La Martiniere, welche den Namen eines französischen Abenteurers trägt, der als einfacher Soldat nach Indien kam und 1808 mit Hinterlassung eines Vermögens von mehr als fünf Millionen Rupien zu Lucknow starb.
Das indische Museum gehört sowohl seinem Aeusseren nach, als auch durch den Reichthum seiner Sammlungen zu den hervor- ragendsten Sehenswürdigkeiten Calcuttas. Auf Grund eines Parlaments- beschlusses vom Jahre 1866 erbaut, ist dieses relativ junge Institut der ihm vorgezeichneten grossen, ganz Indien umfassenden Aufgabe in geradezu musterhafter Weise nachgekommen. Von besonderem Werthe ist die Fossiliensammlung, höchst interessant die Mineralien- sammlung, in welcher prächtige Edelsteine aus dem Bandalkhand, von Sambhalpur und Südindien ausgestellt sind. Der wenig wider- standsfähige, weiche Grund, auf dem die Stadt erbaut ist, hat aber leider unter der Schwere des massig grossen Museumsgebäudes theil- weise nachgegeben, wodurch die Hauptfront desselben einen starken, von oben bis unten reichenden Riss erhielt, der zwar ausgebessert, aber doch noch wahrnehmbar ist.
Am westlichen Ufer des Hooghly, unterhalb von Howrah, be- findet sich der botanische Garten, der über Anregung des Generals Kyd im Jahre 1786 gegründet worden ist. Dieser Garten wird von breiten Strassen nach allen Richtungen durchkreuzt, und zwei gleich beim Haupteingange gelegene Alleen von Palmyrapalmen und Maha- gonibäumen fesseln den Besucher in hohem Masse. Zu den haupt- sächlichsten Sehenswürdigkeiten des Gartens gehört eine Riesen- banyane (Ficus indica), die mit fast 200 Luftwurzeln ein Areal von 75 m2 einnimmt und deren Stamm 15 m im Umfange misst. Abgesehen von seinem hohen wissenschaftlichen Werthe hat der bo- tanische Garten auch schon vielfach für die Production nutzbringend gewirkt, wie z. B. durch die hier vorgenommenen Acclimatisations- versuche mit Theepflanzen, auf deren Basis die blühende Theecultur des Himalaya und in Assam entwickelt wurde.
Der zoologische Garten ist sowohl an wissenschaftlichem Werthe,
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Calcutta.
eigenes Gotteshaus, sie kommen ihrem Cultus theils an den Ufern des Hooghly, theils in Privathäusern nach. Nur die Göttin Kâlî, die Schutzpatronin von Calcutta, hat einen kleinen Tempel in Kalighat am Ufer des Nullah.
Die Schulbildung wird von einer grossen Anzahl von Instituten besorgt, als deren hervorragendste zu nennen sind: Hindu College, University Senate House, Hare School, Sanskrit College, Medical College, Free Institution und die berühmte La Martinière, welche den Namen eines französischen Abenteurers trägt, der als einfacher Soldat nach Indien kam und 1808 mit Hinterlassung eines Vermögens von mehr als fünf Millionen Rupien zu Lucknow starb.
Das indische Museum gehört sowohl seinem Aeusseren nach, als auch durch den Reichthum seiner Sammlungen zu den hervor- ragendsten Sehenswürdigkeiten Calcuttas. Auf Grund eines Parlaments- beschlusses vom Jahre 1866 erbaut, ist dieses relativ junge Institut der ihm vorgezeichneten grossen, ganz Indien umfassenden Aufgabe in geradezu musterhafter Weise nachgekommen. Von besonderem Werthe ist die Fossiliensammlung, höchst interessant die Mineralien- sammlung, in welcher prächtige Edelsteine aus dem Bandalkhand, von Sambhalpur und Südindien ausgestellt sind. Der wenig wider- standsfähige, weiche Grund, auf dem die Stadt erbaut ist, hat aber leider unter der Schwere des massig grossen Museumsgebäudes theil- weise nachgegeben, wodurch die Hauptfront desselben einen starken, von oben bis unten reichenden Riss erhielt, der zwar ausgebessert, aber doch noch wahrnehmbar ist.
Am westlichen Ufer des Hooghly, unterhalb von Howrah, be- findet sich der botanische Garten, der über Anregung des Generals Kyd im Jahre 1786 gegründet worden ist. Dieser Garten wird von breiten Strassen nach allen Richtungen durchkreuzt, und zwei gleich beim Haupteingange gelegene Alleen von Palmyrapalmen und Maha- gonibäumen fesseln den Besucher in hohem Masse. Zu den haupt- sächlichsten Sehenswürdigkeiten des Gartens gehört eine Riesen- banyane (Ficus indica), die mit fast 200 Luftwurzeln ein Areal von 75 m2 einnimmt und deren Stamm 15 m im Umfange misst. Abgesehen von seinem hohen wissenschaftlichen Werthe hat der bo- tanische Garten auch schon vielfach für die Production nutzbringend gewirkt, wie z. B. durch die hier vorgenommenen Acclimatisations- versuche mit Theepflanzen, auf deren Basis die blühende Theecultur des Himalaya und in Assam entwickelt wurde.
Der zoologische Garten ist sowohl an wissenschaftlichem Werthe,
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Calcutta.
eigenes Gotteshaus, sie kommen ihrem Cultus theils an den Ufern
des Hooghly, theils in Privathäusern nach. Nur die Göttin Kâlî,
die Schutzpatronin von Calcutta, hat einen kleinen Tempel in Kalighat
am Ufer des Nullah.
Die Schulbildung wird von einer grossen Anzahl von Instituten
besorgt, als deren hervorragendste zu nennen sind: Hindu College,
University Senate House, Hare School, Sanskrit College, Medical
College, Free Institution und die berühmte La Martinière, welche den
Namen eines französischen Abenteurers trägt, der als einfacher Soldat
nach Indien kam und 1808 mit Hinterlassung eines Vermögens von
mehr als fünf Millionen Rupien zu Lucknow starb.
Das indische Museum gehört sowohl seinem Aeusseren nach,
als auch durch den Reichthum seiner Sammlungen zu den hervor-
ragendsten Sehenswürdigkeiten Calcuttas. Auf Grund eines Parlaments-
beschlusses vom Jahre 1866 erbaut, ist dieses relativ junge Institut
der ihm vorgezeichneten grossen, ganz Indien umfassenden Aufgabe
in geradezu musterhafter Weise nachgekommen. Von besonderem
Werthe ist die Fossiliensammlung, höchst interessant die Mineralien-
sammlung, in welcher prächtige Edelsteine aus dem Bandalkhand,
von Sambhalpur und Südindien ausgestellt sind. Der wenig wider-
standsfähige, weiche Grund, auf dem die Stadt erbaut ist, hat aber
leider unter der Schwere des massig grossen Museumsgebäudes theil-
weise nachgegeben, wodurch die Hauptfront desselben einen starken,
von oben bis unten reichenden Riss erhielt, der zwar ausgebessert,
aber doch noch wahrnehmbar ist.
Am westlichen Ufer des Hooghly, unterhalb von Howrah, be-
findet sich der botanische Garten, der über Anregung des Generals
Kyd im Jahre 1786 gegründet worden ist. Dieser Garten wird von
breiten Strassen nach allen Richtungen durchkreuzt, und zwei gleich
beim Haupteingange gelegene Alleen von Palmyrapalmen und Maha-
gonibäumen fesseln den Besucher in hohem Masse. Zu den haupt-
sächlichsten Sehenswürdigkeiten des Gartens gehört eine Riesen-
banyane (Ficus indica), die mit fast 200 Luftwurzeln ein Areal
von 75 m2 einnimmt und deren Stamm 15 m im Umfange misst.
Abgesehen von seinem hohen wissenschaftlichen Werthe hat der bo-
tanische Garten auch schon vielfach für die Production nutzbringend
gewirkt, wie z. B. durch die hier vorgenommenen Acclimatisations-
versuche mit Theepflanzen, auf deren Basis die blühende Theecultur
des Himalaya und in Assam entwickelt wurde.
Der zoologische Garten ist sowohl an wissenschaftlichem Werthe,
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/571>, abgerufen am 22.11.2024.
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