sammt seiner Familie in Südindien internirt. Die Organisation der britischen Verwaltung hat sich seit der Besitzerklärung (1. Jänner 1886) ziemlich rasch ein- gelebt, doch zeigt sich die Bevölkerung den Engländern noch immer widerspenstig und feindselig.
Rangoon (ehemals Dagon) ist an den letzten Ausläufern des Peguyoma gelegen; drei Flüsse und mehrere kleinere fahrbare Wasser- wege vereinigen sich an dieser Stelle oder in deren nächster Nähe, und verbinden das Delta des Irawadi mit jenem des Sittang. Durch diese günstige Lage und die seit Beginn der englischen Occupation entwickelte fast fieberhafte Thätigkeit ist Rangoon zu dem nach Cal- cutta bedeutendsten Handelshafen des Golfes von Bengalen empor- gestiegen und hat sich gleichzeitig auch zu einer grossen Industriestadt entwickelt. Thatsächlich gibt es keinen Fortschritt der modernen Industrie, der nicht auch schon in Rangoon seine Anwendung oder Verwerthung gefunden hätte. Die wichtigsten Unternehmungen sind die Reisschälmühlen.
Der erste Eindruck, den der Fremde von Rangoon erhält, ver- räth nicht, wie in anderen Seeplätzen, die commercielle Bedeutung des Platzes. Beide Flussufer sind von einer reichen Vegetation bedeckt, zwischen welcher noch vereinzelte alte birmanische Holzhäuser zu sehen sind; doch lassen die vor ihnen liegenden vortrefflichen Lan- dungsplätze mit regem Personen- und Waarenverkehr den Schluss ziehen, dass auch diese Ueberbleibsel aus der Zeit, in der Rangoon nichts als ein gesuchter Wallfahrtsort und dabei noch 1760 ein kleines Dorf war, in Bälde zweckentsprechenderen Bauten Platz machen dürften. Im Hintergrunde erheben sich zahlreiche mächtige Fabriks- schlote, im Centrum der hauptsächlich am nördlichen Flussufer ge- legenen Stadt befinden sich einige grössere Steinbauten, aus deren Mitte die Pyramide des Sandsteinthurmes der englischen Kirche emporragt. Hinter der letzteren steigt das Terrain langsam an, und hier befindet sich inmitten dunkler Laubmassen die riesige Dagon- Pagode mit reich vergoldeter Thurmspitze.
Das Innere Rangoons ist ganz dazu angethan, Zeugniss für das rasche Aufblühen und die rege Handelsthätigkeit dieser Stadt abzulegen und gute Aussichten für deren weiteren Aufschwung hoffen zu lassen. Lange und gerade Strassen von beträchtlicher Breite werden rechtwinklig von engeren Gassen durchschnitten, die nicht mit Namen, sondern mit Nummern bezeichnet sind. Die Häuser, denen man zumeist die rasche Entstehung anmerkt, sind in überwiegender Zahl einstöckig und aus Holz erbaut, dabei mit Ziegeln oder ge-
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Rangoon.
sammt seiner Familie in Südindien internirt. Die Organisation der britischen Verwaltung hat sich seit der Besitzerklärung (1. Jänner 1886) ziemlich rasch ein- gelebt, doch zeigt sich die Bevölkerung den Engländern noch immer widerspenstig und feindselig.
Rangoon (ehemals Dagon) ist an den letzten Ausläufern des Peguyoma gelegen; drei Flüsse und mehrere kleinere fahrbare Wasser- wege vereinigen sich an dieser Stelle oder in deren nächster Nähe, und verbinden das Delta des Irawadi mit jenem des Sittang. Durch diese günstige Lage und die seit Beginn der englischen Occupation entwickelte fast fieberhafte Thätigkeit ist Rangoon zu dem nach Cal- cutta bedeutendsten Handelshafen des Golfes von Bengalen empor- gestiegen und hat sich gleichzeitig auch zu einer grossen Industriestadt entwickelt. Thatsächlich gibt es keinen Fortschritt der modernen Industrie, der nicht auch schon in Rangoon seine Anwendung oder Verwerthung gefunden hätte. Die wichtigsten Unternehmungen sind die Reisschälmühlen.
Der erste Eindruck, den der Fremde von Rangoon erhält, ver- räth nicht, wie in anderen Seeplätzen, die commercielle Bedeutung des Platzes. Beide Flussufer sind von einer reichen Vegetation bedeckt, zwischen welcher noch vereinzelte alte birmanische Holzhäuser zu sehen sind; doch lassen die vor ihnen liegenden vortrefflichen Lan- dungsplätze mit regem Personen- und Waarenverkehr den Schluss ziehen, dass auch diese Ueberbleibsel aus der Zeit, in der Rangoon nichts als ein gesuchter Wallfahrtsort und dabei noch 1760 ein kleines Dorf war, in Bälde zweckentsprechenderen Bauten Platz machen dürften. Im Hintergrunde erheben sich zahlreiche mächtige Fabriks- schlote, im Centrum der hauptsächlich am nördlichen Flussufer ge- legenen Stadt befinden sich einige grössere Steinbauten, aus deren Mitte die Pyramide des Sandsteinthurmes der englischen Kirche emporragt. Hinter der letzteren steigt das Terrain langsam an, und hier befindet sich inmitten dunkler Laubmassen die riesige Dagon- Pagode mit reich vergoldeter Thurmspitze.
Das Innere Rangoons ist ganz dazu angethan, Zeugniss für das rasche Aufblühen und die rege Handelsthätigkeit dieser Stadt abzulegen und gute Aussichten für deren weiteren Aufschwung hoffen zu lassen. Lange und gerade Strassen von beträchtlicher Breite werden rechtwinklig von engeren Gassen durchschnitten, die nicht mit Namen, sondern mit Nummern bezeichnet sind. Die Häuser, denen man zumeist die rasche Entstehung anmerkt, sind in überwiegender Zahl einstöckig und aus Holz erbaut, dabei mit Ziegeln oder ge-
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Rangoon.
sammt seiner Familie in Südindien internirt. Die Organisation der britischen
Verwaltung hat sich seit der Besitzerklärung (1. Jänner 1886) ziemlich rasch ein-
gelebt, doch zeigt sich die Bevölkerung den Engländern noch immer widerspenstig
und feindselig.
Rangoon (ehemals Dagon) ist an den letzten Ausläufern des
Peguyoma gelegen; drei Flüsse und mehrere kleinere fahrbare Wasser-
wege vereinigen sich an dieser Stelle oder in deren nächster Nähe,
und verbinden das Delta des Irawadi mit jenem des Sittang. Durch
diese günstige Lage und die seit Beginn der englischen Occupation
entwickelte fast fieberhafte Thätigkeit ist Rangoon zu dem nach Cal-
cutta bedeutendsten Handelshafen des Golfes von Bengalen empor-
gestiegen und hat sich gleichzeitig auch zu einer grossen Industriestadt
entwickelt. Thatsächlich gibt es keinen Fortschritt der modernen
Industrie, der nicht auch schon in Rangoon seine Anwendung oder
Verwerthung gefunden hätte. Die wichtigsten Unternehmungen sind
die Reisschälmühlen.
Der erste Eindruck, den der Fremde von Rangoon erhält, ver-
räth nicht, wie in anderen Seeplätzen, die commercielle Bedeutung
des Platzes. Beide Flussufer sind von einer reichen Vegetation bedeckt,
zwischen welcher noch vereinzelte alte birmanische Holzhäuser zu
sehen sind; doch lassen die vor ihnen liegenden vortrefflichen Lan-
dungsplätze mit regem Personen- und Waarenverkehr den Schluss
ziehen, dass auch diese Ueberbleibsel aus der Zeit, in der Rangoon
nichts als ein gesuchter Wallfahrtsort und dabei noch 1760 ein kleines
Dorf war, in Bälde zweckentsprechenderen Bauten Platz machen
dürften. Im Hintergrunde erheben sich zahlreiche mächtige Fabriks-
schlote, im Centrum der hauptsächlich am nördlichen Flussufer ge-
legenen Stadt befinden sich einige grössere Steinbauten, aus deren
Mitte die Pyramide des Sandsteinthurmes der englischen Kirche
emporragt. Hinter der letzteren steigt das Terrain langsam an, und
hier befindet sich inmitten dunkler Laubmassen die riesige Dagon-
Pagode mit reich vergoldeter Thurmspitze.
Das Innere Rangoons ist ganz dazu angethan, Zeugniss für
das rasche Aufblühen und die rege Handelsthätigkeit dieser Stadt
abzulegen und gute Aussichten für deren weiteren Aufschwung hoffen
zu lassen. Lange und gerade Strassen von beträchtlicher Breite
werden rechtwinklig von engeren Gassen durchschnitten, die nicht mit
Namen, sondern mit Nummern bezeichnet sind. Die Häuser, denen
man zumeist die rasche Entstehung anmerkt, sind in überwiegender
Zahl einstöckig und aus Holz erbaut, dabei mit Ziegeln oder ge-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/555>, abgerufen am 22.11.2024.
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