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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der indische Ocean.
wird, ist der, die ganze Osthälfte des Erdtheiles, von Aegypten bis
zur Capcolonie, in britisches Territorium zu verwandeln. Dieses
Riesenterritorium soll durch eine langsame, aber mit britischer
Zähigkeit durchgeführte Culturarbeit allmälig so weit gehoben werden,
dass es dem heimischen Grosshandel ein dankenswerthes Feld ab-
geben kann. Dass es sich hier nicht um Utopien, sondern um die
nüchternste Realpolitik handelt, beweist der gegenwärtige Stand der
Dinge. Aegypten ist mehr als halb englisch, England besitzt durch
das glückliche Abkommen mit Deutschland die Zugänge zum oberen
Nil, die werthvollsten Theile des Kilimandscharogebietes, den schiff-
baren Tana, das Somaliland und das dichtestbevölkerte Reich von
Centralafrika, Uganda; im Süden hat sich die englische Politik von
Portugal die freie Fahrt auf dem Zambesi und so die Verbindung der
vielen englischen Handelsstationen von den Aequatorialseen über den
Nyassa nach dem Caplande im weitesten Sinne gesichert.

Die festen Stützpunkte für dieses im Aufbauen begriffene Colonial-
reich sind die beiden einzigen guten Häfen an der ganzen Ostküste:
Mombassa und Sansibar. Mombassa ist seit einigen Jahren eng-
lischer Besitz und die arabische Herrschaft von Sansibar steht unter
englischem Protectorate, das heisst vollständig unter englischem
Einflusse.

Wie die Statistik uns in ihrer schonungslosen Weise lehrt,
beherrscht England bereits den ganzen ostafrikanischen Handel in
einer derartig übermässigen Weise, dass daneben die anderen Rivalen,
namentlich Deutschland und Portugal, kaum in Rechnung kommen.
Jeder objectiv Urtheilende wird an dem, was die Briten in Ostafrika
geschaffen haben, die colonisirende Meisterhand bewundern, namentlich
wenn er sich vergegenwärtigt, dass alles dieses doch nur Anfänge,
wenn auch grossartig angelegte Anfänge, für noch grössere Zukunfts-
pläne sind.




Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 68

Der indische Ocean.
wird, ist der, die ganze Osthälfte des Erdtheiles, von Aegypten bis
zur Capcolonie, in britisches Territorium zu verwandeln. Dieses
Riesenterritorium soll durch eine langsame, aber mit britischer
Zähigkeit durchgeführte Culturarbeit allmälig so weit gehoben werden,
dass es dem heimischen Grosshandel ein dankenswerthes Feld ab-
geben kann. Dass es sich hier nicht um Utopien, sondern um die
nüchternste Realpolitik handelt, beweist der gegenwärtige Stand der
Dinge. Aegypten ist mehr als halb englisch, England besitzt durch
das glückliche Abkommen mit Deutschland die Zugänge zum oberen
Nil, die werthvollsten Theile des Kilimandscharogebietes, den schiff-
baren Tana, das Somaliland und das dichtestbevölkerte Reich von
Centralafrika, Uganda; im Süden hat sich die englische Politik von
Portugal die freie Fahrt auf dem Zambesi und so die Verbindung der
vielen englischen Handelsstationen von den Aequatorialseen über den
Nyassa nach dem Caplande im weitesten Sinne gesichert.

Die festen Stützpunkte für dieses im Aufbauen begriffene Colonial-
reich sind die beiden einzigen guten Häfen an der ganzen Ostküste:
Mombassa und Sansibar. Mombassa ist seit einigen Jahren eng-
lischer Besitz und die arabische Herrschaft von Sansibar steht unter
englischem Protectorate, das heisst vollständig unter englischem
Einflusse.

Wie die Statistik uns in ihrer schonungslosen Weise lehrt,
beherrscht England bereits den ganzen ostafrikanischen Handel in
einer derartig übermässigen Weise, dass daneben die anderen Rivalen,
namentlich Deutschland und Portugal, kaum in Rechnung kommen.
Jeder objectiv Urtheilende wird an dem, was die Briten in Ostafrika
geschaffen haben, die colonisirende Meisterhand bewundern, namentlich
wenn er sich vergegenwärtigt, dass alles dieses doch nur Anfänge,
wenn auch grossartig angelegte Anfänge, für noch grössere Zukunfts-
pläne sind.




Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 68
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[537/0553] Der indische Ocean. wird, ist der, die ganze Osthälfte des Erdtheiles, von Aegypten bis zur Capcolonie, in britisches Territorium zu verwandeln. Dieses Riesenterritorium soll durch eine langsame, aber mit britischer Zähigkeit durchgeführte Culturarbeit allmälig so weit gehoben werden, dass es dem heimischen Grosshandel ein dankenswerthes Feld ab- geben kann. Dass es sich hier nicht um Utopien, sondern um die nüchternste Realpolitik handelt, beweist der gegenwärtige Stand der Dinge. Aegypten ist mehr als halb englisch, England besitzt durch das glückliche Abkommen mit Deutschland die Zugänge zum oberen Nil, die werthvollsten Theile des Kilimandscharogebietes, den schiff- baren Tana, das Somaliland und das dichtestbevölkerte Reich von Centralafrika, Uganda; im Süden hat sich die englische Politik von Portugal die freie Fahrt auf dem Zambesi und so die Verbindung der vielen englischen Handelsstationen von den Aequatorialseen über den Nyassa nach dem Caplande im weitesten Sinne gesichert. Die festen Stützpunkte für dieses im Aufbauen begriffene Colonial- reich sind die beiden einzigen guten Häfen an der ganzen Ostküste: Mombassa und Sansibar. Mombassa ist seit einigen Jahren eng- lischer Besitz und die arabische Herrschaft von Sansibar steht unter englischem Protectorate, das heisst vollständig unter englischem Einflusse. Wie die Statistik uns in ihrer schonungslosen Weise lehrt, beherrscht England bereits den ganzen ostafrikanischen Handel in einer derartig übermässigen Weise, dass daneben die anderen Rivalen, namentlich Deutschland und Portugal, kaum in Rechnung kommen. Jeder objectiv Urtheilende wird an dem, was die Briten in Ostafrika geschaffen haben, die colonisirende Meisterhand bewundern, namentlich wenn er sich vergegenwärtigt, dass alles dieses doch nur Anfänge, wenn auch grossartig angelegte Anfänge, für noch grössere Zukunfts- pläne sind. Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 68

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/553>, abgerufen am 22.11.2024.