bräern hören wir alte Traditionen über die Ophir-Fahrten der Phö- nikier, welches Ophir mit dem Punt der Aegypter wohl identisch gewesen sein dürfte. In Ophir gab es aber auch indische Producte einzutauschen; das arabische Meer war eben der Schauplatz eines seit lange bestehenden Verkehres zwischen Indien und Arabien. Durch arabische Hände gingen indische Producte dann weiter nach Babylon, Syrien, Iranien oder Aegypten.
Mit der Gründung Alexandriens und des Ptolomäerreichs be- ginnt eine neue Epoche für die Beziehungen der Mittelmeerländer zu Indien. Jedoch nicht der Suezcanal des Alterthums -- jener Canal, den Ramses, Necho, Darius begonnen, die Ptolomäer wieder brauch- bar gemacht hatten -- war der wichtigste Träger dieses Ver- kehres, sondern die genaue Kenntniss oder doch sorgsame Berück- sichtigung der meteorologischen Verhältnisse. Gerade aus meteoro- logischen Gründen, der ungünstigen Winde wegen, löschte man die Indienfahrer nicht in Suez, sondern in Berenice, von welchem Hafen Karawanen die Waaren nach Koptos an den Nil brachten. Das Ge- lingen und die Dauer der Fahrten von und nach Indien hingen eben- falls von meteorologischen Vorgängen ab, nämlich von den Monsunen im nördlichen Theile des indischen Oceans. Der Südwest-Monsun während des Sommers der Nordhalbkugel wurde zur Hin-, der Nordost-Monsun zur Rückfahrt benuzt; Südwinde brachten die Schiffe dann noch im Rothen Meere bis Berenice. Auch in der Zeit des Zerfalles der Römerherrschaft dauerte der Verkehr im erythräischen Meere fort, wie die Spuren des Christenthums auf Sokotora, Ceylon und an der Malabarküste (sogenannte Thomas-Christen) beweisen -- Spuren, die sich bis zur Invasion der Portugiesen erhalten haben.
Bis über den Anfang unserer Aera lassen sich auch maritime Beziehungen zwischen Vorder- und Hinterindien, Indien und China nachweisen, wodurch in den bengalischen Busen und in die Strassen der Javasee mannigfaltiges Leben kam.
Spröder noch als die indochinesischen Wechselbeziehungen ver- halten sich die Wanderungen der Malayen gegen jede chronolo- gische Fixirung. Wenn wir uns Peschel und Ratzel hinsichtlich der anthropologischen Einheit der Malayen des nach ihnen benannten Archipels mit den Polynesiern und einem Bruchtheil der Bevölkerung von Madagaskar anschliessen, so dürfen wir auch das Staunen über nautische Leistungen theilen, welche alles übertreffen, was Arier, Semiten und Mongolen vor Columbus und Magelhaens unternommen haben.
Der indische Ocean.
bräern hören wir alte Traditionen über die Ophir-Fahrten der Phö- nikier, welches Ophir mit dem Punt der Aegypter wohl identisch gewesen sein dürfte. In Ophir gab es aber auch indische Producte einzutauschen; das arabische Meer war eben der Schauplatz eines seit lange bestehenden Verkehres zwischen Indien und Arabien. Durch arabische Hände gingen indische Producte dann weiter nach Babylon, Syrien, Iranien oder Aegypten.
Mit der Gründung Alexandriens und des Ptolomäerreichs be- ginnt eine neue Epoche für die Beziehungen der Mittelmeerländer zu Indien. Jedoch nicht der Suezcanal des Alterthums — jener Canal, den Ramses, Necho, Darius begonnen, die Ptolomäer wieder brauch- bar gemacht hatten — war der wichtigste Träger dieses Ver- kehres, sondern die genaue Kenntniss oder doch sorgsame Berück- sichtigung der meteorologischen Verhältnisse. Gerade aus meteoro- logischen Gründen, der ungünstigen Winde wegen, löschte man die Indienfahrer nicht in Suez, sondern in Berenice, von welchem Hafen Karawanen die Waaren nach Koptos an den Nil brachten. Das Ge- lingen und die Dauer der Fahrten von und nach Indien hingen eben- falls von meteorologischen Vorgängen ab, nämlich von den Monsunen im nördlichen Theile des indischen Oceans. Der Südwest-Monsun während des Sommers der Nordhalbkugel wurde zur Hin-, der Nordost-Monsun zur Rückfahrt benuzt; Südwinde brachten die Schiffe dann noch im Rothen Meere bis Berenice. Auch in der Zeit des Zerfalles der Römerherrschaft dauerte der Verkehr im erythräischen Meere fort, wie die Spuren des Christenthums auf Sokotora, Ceylon und an der Malabarküste (sogenannte Thomas-Christen) beweisen — Spuren, die sich bis zur Invasion der Portugiesen erhalten haben.
Bis über den Anfang unserer Aera lassen sich auch maritime Beziehungen zwischen Vorder- und Hinterindien, Indien und China nachweisen, wodurch in den bengalischen Busen und in die Strassen der Javasee mannigfaltiges Leben kam.
Spröder noch als die indochinesischen Wechselbeziehungen ver- halten sich die Wanderungen der Malayen gegen jede chronolo- gische Fixirung. Wenn wir uns Peschel und Ratzel hinsichtlich der anthropologischen Einheit der Malayen des nach ihnen benannten Archipels mit den Polynesiern und einem Bruchtheil der Bevölkerung von Madagaskar anschliessen, so dürfen wir auch das Staunen über nautische Leistungen theilen, welche alles übertreffen, was Arier, Semiten und Mongolen vor Columbus und Magelhaens unternommen haben.
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[533/0549]
Der indische Ocean.
bräern hören wir alte Traditionen über die Ophir-Fahrten der Phö-
nikier, welches Ophir mit dem Punt der Aegypter wohl identisch
gewesen sein dürfte. In Ophir gab es aber auch indische Producte
einzutauschen; das arabische Meer war eben der Schauplatz eines
seit lange bestehenden Verkehres zwischen Indien und Arabien. Durch
arabische Hände gingen indische Producte dann weiter nach Babylon,
Syrien, Iranien oder Aegypten.
Mit der Gründung Alexandriens und des Ptolomäerreichs be-
ginnt eine neue Epoche für die Beziehungen der Mittelmeerländer zu
Indien. Jedoch nicht der Suezcanal des Alterthums — jener Canal,
den Ramses, Necho, Darius begonnen, die Ptolomäer wieder brauch-
bar gemacht hatten — war der wichtigste Träger dieses Ver-
kehres, sondern die genaue Kenntniss oder doch sorgsame Berück-
sichtigung der meteorologischen Verhältnisse. Gerade aus meteoro-
logischen Gründen, der ungünstigen Winde wegen, löschte man die
Indienfahrer nicht in Suez, sondern in Berenice, von welchem Hafen
Karawanen die Waaren nach Koptos an den Nil brachten. Das Ge-
lingen und die Dauer der Fahrten von und nach Indien hingen eben-
falls von meteorologischen Vorgängen ab, nämlich von den Monsunen im
nördlichen Theile des indischen Oceans. Der Südwest-Monsun während
des Sommers der Nordhalbkugel wurde zur Hin-, der Nordost-Monsun
zur Rückfahrt benuzt; Südwinde brachten die Schiffe dann noch im
Rothen Meere bis Berenice. Auch in der Zeit des Zerfalles der
Römerherrschaft dauerte der Verkehr im erythräischen Meere fort,
wie die Spuren des Christenthums auf Sokotora, Ceylon und an der
Malabarküste (sogenannte Thomas-Christen) beweisen — Spuren, die
sich bis zur Invasion der Portugiesen erhalten haben.
Bis über den Anfang unserer Aera lassen sich auch maritime
Beziehungen zwischen Vorder- und Hinterindien, Indien und China
nachweisen, wodurch in den bengalischen Busen und in die Strassen
der Javasee mannigfaltiges Leben kam.
Spröder noch als die indochinesischen Wechselbeziehungen ver-
halten sich die Wanderungen der Malayen gegen jede chronolo-
gische Fixirung. Wenn wir uns Peschel und Ratzel hinsichtlich
der anthropologischen Einheit der Malayen des nach ihnen benannten
Archipels mit den Polynesiern und einem Bruchtheil der Bevölkerung
von Madagaskar anschliessen, so dürfen wir auch das Staunen über
nautische Leistungen theilen, welche alles übertreffen, was Arier,
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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